Homebar-Einkaufsführer Rum

Welchen Rum braucht man in der Hausbar, um solche Drinks zu mixen?
Welchen Rum braucht man in der Hausbar, um solche Drinks zu mixen?

Welchen Rum braucht man eigentlich, um sich selbst zu Hause Cocktails zu mixen? Die Frage ist vergleichsweise simpel, die Antwort aber ziemlich komplex. Vor allem, weil sie direkt mit der Gegenfrage “Welchen Cocktail denn?” anfängt. Aber selbst, wenn man das weiß, gibt es noch Dutzende Variablen. Anders als es uns diverse Billig-Cocktailbücher des sterbenden letzten Jahrtausends glauben machen wollten, unterteilt sich die Rum-Welt nämlich nicht nur nach “Braun” und “Weiß” – beide als Terminus eh nur bedingt zu gebrauchen. Eigentlich müsste es heißen “gereifter Rum” und “ungereifter Rum”. Der eine eher kräftig, frisch, fruchtig – und transparent, der andere etwas milder, holziger mit mehr Vanille und Karamell.

Zumindest im Schnitt – denn die Unterschiede zwischen den einzelnen Produkten sind heftig. Wir zeigen euch an dieser Stelle daher vor allem die Rums, mit denen ihr guten Gewissens in das Abenteuer Homebar starten könnt – und zwar in der Reihenfolge ihrer Bedeutung für die Cocktail-Welt an sich. Das muss aber nicht heißen, dass ihr ohne Ungereiften Rum nicht in das loslegen könnt, wenn ihr eh nur die Drinks mixen wollt, für die man gereiften Rum braucht. Als Entscheidungshilfe haben wir euch daher bei jeder Rum-Kategorie auch die wichtigsten Cocktails genannt, die ihr damit mixen könnt. Fragt man echte Rum-Experten und Bartender, die sich voll und ganz der Tiki-Philosophie verschrien haben, sind die Unterschiede übrigens noch einmal deutlich tiefgreifender – aber auch viel zu nuanciert, als dass ihr euch am Anfang eurer Hausbar-Karriere damit auseinandersetzen müsstet. Für alle Rum-Nerds to be gibt’s aber ganz unten noch ein paar Hinweise zum Thema.

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Ungereifter Rum / Weißer Rum

Weißer Rum ist das, was jeder von euch vermutlich schon in Form einer Flasche durchsichtigen Bacardis oder Havana Club 3 zu Hause hat. Zugegeben, gerade letzterer ist ein Spezialfall, weil er erst gereift und dann entfärbt wurde – das zeigt dafür aber auch ganz eindrücklich, warum die Übergänge zwischen den Kategorien fließend sind. Ihn braucht ihr für diverse große Klassiker wie Cuba Libre, Mojito oder den Daiquiri, inklusive der dazugehörigen Varianten wie dem Hemingway Daiquiri. Auch die meisten cremigen Drinks wie Piña Coladas oder Swimming Pools werden mit ungereiftem Rum gemixt, obwohl ihr hier nach eigenem Gusto auch gereifte Varianten nutzen könnt.

Ein Mojito aus weißem Rum, Zuckersirup. Minze und Soda.
Ohne weißen Rum kein Mojito.

Wer möchte, kann in dieser Kategorie guten Gewissens mit dem bereits erwähnten Havana Club 3 starten – Preis-Leistung passt hier hervorragend und er ist beileibe kein schlechter Rum. Einen Ticken aufregender, kräftiger, aromatischer werden eure Mojitos aber mit diesen weißen Rums:

  • Compagnie des Indes Tricorne* (Blended Rum aus Rhum Agricole, Melasse-Rum und Batavia Arrack; kräftig, frisch)
  • Veritas Rum* (Blended Rum aus Jamaica und Barbados Rum berühmter Destillerien; teilweise gereift; ausbalanciert, kräftig)
  • Plantation 3 Stars* (Blended Rum aus Trinidad, Jamaica, Barbados; ausbalanciert, komplex aber zurückhaltend) <- Preis-Leistungs-Sieger

Gereifter Rum

Wann immer ein Rezept nach “Braunem Rum” verlangt oder nach “Gold Rum” seid ihr auf der Suche nach einem gereiften Rum, nach etwas, das durch Fasslagerung Farbe bekommen hat. Die muss übrigens nicht zwangsläufig echt sein, die meisten gängigen Marken helfen hier mit Zuckercouleur nach, wenn ein Tröpfchen nach Jahren im Fass etwas zu blass gerät für den Massenmarkt. Klingt nach Betrug, ist aber fast immer legal – nur bestimmte Länder wie Jamaica oder Barbados untersagen diese Färbung, können das allerdings auch nur kontrollieren, wenn die Rums im Herkunftsland abgefüllt werden.

Weil gerade diese Nationen auch berühmt sind für ihre jeweiligen Rum-Stile verlangen manche Rezepte explizit Rum aus diesen Ländern – vor allem bei Rum aus Jamaica, Cuba oder Guyana (hier nennt sich das dann Demerara Rum) ist das der Fall. Ob ihr da authentisch bleiben wollt, ist eure Entscheidung – aber vor allem wenn nach Jamaica gefragt wird, braucht ihr durchaus einen kräftigen Rum mit vielen Fruchtnoten, damit ihr das Rezept so hinbekommt, wie’s vom Erfinder mal gedacht war. Beispiele für solche Spezialwünsche in punkto Rum sind etwa der Mai Tai (Jamaica) der Cuba Libre (merkt ihr selber, nä?), der Corn ‘n’ Oil (Barbados Rum) oder der Planter’s Punch (wieder Jamaica). Wir fahren am besten mit diesen Varianten:

Overproof Rum

Overproof Rum, also hochprozentiger Rum, kommt immer dann zum Einsatz, wenn ein Drink besonders viel Power haben soll. Denn bei hochwertigen Produkten bedeutet “mehr Alkohol” normalerweise nicht einfach “knallt besser” sondern ein deutliches mehr an Aroma – Alkohol ist Geschmacksträger. In einigen, wenigen Fällen ist der Overproof Rum irre hoch dosiert, dann habt ihr’s mit Rum-Monstern wie einem Zombie oder einem Hurricane zu tun, mit denen ihr es besser langsam angehen lasst.

Wir sind meist zu faul, den Mixer anzuschmeißen - Cocktailbart-Zoimbies sind deshalb oft etwas geschichteter als das Original.
Ohne Overproof Rum kein Zombie Cocktail.

Zuweilen lest ihr auch den Ausdruck “Navy Strength” – dabei handelt es sich um die magische Grenze von 57%, die musste Rum auf den Schiffen der britischen Marine haben, damit das Schwarzpulver selbst dann noch brannte, wenn einer ein Fass drauf ausgekippt hat. Diese Rums sind freilich auch sehr kräftig, “echter” Overproof Rum hat aber teils bis zu 69% Volumenalkohol. Gerade bei Rezepten, die bis zu 6 cl Overproof Rum verlangen, fahrt ihr aber mit Navy Strength gesundheitlich, vor allem aber aromatisch oft besser.

Oh und ach: Wenn “Overproof Rum” im Rezept steht, ist damit fast immer gereifter Rum gemeint, weißer Overproof Rum wird deutlich seltener benötigt. Allerdings hat gerade der jede Menge Power und es macht viel Freude, damit zu experimentieren.

Rhum Agricole

Rhum ist die französische Schreibweise für Rum und Rhum Agricole der Fachausdruck für Rum von den französischen Übersee-Departements, allen voran Martinique, der aus frischem Zuckerrohrsaft gebrannt wird. Diese Rums sind sehr fruchtig, frisch, mit vielen Ecken und Kanten und erinnern oft an die ebenfalls kräftigen Jamaica Rums. Rhum Agricole “braucht” man nur für sehr wenig Cocktails wie den Ti Punch, es lohnt sich aber oft, einfach mal einen guten Agricole anzuschaffen und ihn in klassischen Melasse-Rum-Cocktails zu verwenden.

Was ist mit Spiced Rum?

Spiced Rum ist eine Rum-Sorte die aromatisiert wurde, mal mit natürlichen Gewürzen wie Vanille oder Zimt, mal mit teils billigsten Aromastoffen. Wir möchten an der Stelle aber ausdrücklich nicht die ganze Kategorie verdammen, es gibt hier einige sehr spannende Produkte, etwa den weihnachtlichen Ableforth’s Spiced Rum. Auch aromatisierte Rums wie der irre leckere Razel’s Peanut Butter Rum oder der Cinecane Popcorn Rum fallen in diese Kategorie und sind jederzeit eine Anschaffung wert. Allerdings sind sie auch dermaßen speziell, dass man sie zum Start einer Homebar nicht wirklich “braucht” im Sinne von “haben müssen”. Wer die Basics schon hat, bringt mit diesen Produkten aber auf jeden Fall Leben in die Bude.

Aromatisierte Rums machen Spaß - sind aber keinesfalls notwendig zum Homebar-Start.
Aromatisierte Rums können Spaß machen – sind aber keinesfalls notwendig zum Homebar-Start.

Rum-Kategorien für Fortgeschrittene

Das eingangs bereits erwähnte Problem: Die vergleichsweise banalen Kategorien wie Reifegrad oder Herkunftsland decken nicht bis ins Detail ab, was wir da für einen Rum vor uns haben, sie können die Spirituosen-Kategorie nur grob sortieren. Für Fans von High-End-Rums, die ihren Zuckerrohrbrand gerne pur genießen und eingefleischte Tiki-Nerds muss eine Rum-Bar einen Schritt weiter gehen als es die allermeisten Homebars überhaupt können.

Rum-Legende Luca Gargano, bekannt dafür diverse hervorragende Rum-Qualitäten in dieser Form überhaupt erst nach Europa gebracht zu haben, propagiert deswegen zum Beispiel eine Einteilung danach, ob ein Rum aus Melasse oder Zuckerrohrsaft hergestellt wurde, ob er aus der Column Stil (Säulendestillation) oder der Pot Still (Brennblase) stammt und ob er vollständig in nur einer Destillerie hergestellt wurde. Ein Schema, das vergleichsweise simpel daherkommt und etwa an schottischen Malt Whisky erinnert.

Wer wissen möchte, wie weit so mancher Tiki-Fan bei der Einteilung von Rum geht, braucht das Cocktail-Buch Smuggler’s Cove, das oberflächlich ähnlich strukturiert, aber zusätzlich die Reifegrade unterteilt und eine Reihe von Sub-Kategorien nennt, die teils nur für einzelne Produkte gelten. Kompliziert.

Aufmacherbild von Jia Jia Shum on Unsplash.

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

2 Kommentare

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Ich stimme zu.

  • Ein guter Einsteiger-Artikel.

    Auch ein guter Hinweis auf das Buch Smugglers Cove. Als ich das Buch gekauft habe wusst ich gar nicht auf welch dünnem Terrain ich mich mit meiner Homebar befand. Unfassbar spannendes, aber auch komplexes Buch.
    Das zerlegt Rum nochmal komplett in seine Kategorien. Da muss man schon wirklich viel Platz haben und ein Rum- und Tikiliebhaber sein.

    • Jup, Smuggler’s Cove ist dann nochmal auf einem ganzen anderen Level und ein großartiges Buch. Wer seine Rum-Bar aber nach der sehr komplexen Philosophie (und der gewaltigen Bandbreite) aus dem Buch aufbauen will, muss sich erstmal ein gutes Stück reintrinken und braucht dann freilich etwas mehr Input.

      Falls nicht eh schon bekannt, kann ich auf dem Niveau den Kollegen von Barrel Aged Thoughts empfehlen -. seine Rum-Tastings unter https://barrel-aged-thoughts.blogspot.com/p/ubersicht-rum-pur.html sind genauso wie seine generellen Artikel irre fundiert und ziemlich tiefgreifend.