Ja, wir waren auch skeptisch. Ein Gin in einer Alienkopf-Flasche, verpackt in einer Geschenkbox, die aussieht als gehöre sie eigentlich zu einem Weltraumstrategiespiel der späten 90er-Jahre, auf der Seite aufgedruckt eine abgefahrene Story über ein Alienmädchen, das im alten Ägypten den Gin erfunden hat. Das passt so gar nicht zu den Apotherflaschen und den Craft-Geschichten in unserem Spirituosen-Regal. Es passt zu abgefahrenen Tequilas oder Hollywood-Wodka. Kann da noch guter Gin drin sein, wenn das Ding so ein Marketing-Gewese braucht?
Kurz gesagt: Wer den Allie Gin nur nach seiner Verpackung beurteilt, verpasst was. Einen sehr klassischen Gin auf halbem Weg zum Old Tom, mit einem zurückhaltenden aber reichen Geschmack, der in einer ziemlich großen Bandbreite an Drinks ziemlich viel Spaß macht. Das Problem ist nur: Wenn man Erfolg haben will, reicht das bei all den Gins da draußen auf dem Markt einfach nicht mehr. Ein guter Spirit braucht eine gute Story – von Freundschaft, Tradition, Abenteuern. Oder halt von Außerirdischen.
Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Allie Spirits zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Die Story hinter Allie Gin
Der Macher hinter Allie ist Andreas Vetter, seines Zeichens Einkäufer für Wein und Spirituosen. Jemand also, der Ahnung hat von Gin. Vier Jahre lang tüftelt er zusammen mit einer ungenannten Brennerei an seinem Gin, am Ende kommen 24 Botanicals in die Flasche. Wohl weil er weiß, das „Ich kenne mich aus und wollte auch mal.“ nicht die Hammer-Produkt-Story ist, entwickelt er die Geschichte von Allie der Außerirdischen, schreibt einen kleinen Fortsetzungsroman über ihr Leben im alten Ägypten und der Jetzt-Zeit und lässt sich für seine Spirituosen eine eigene Flasche in Alienkopf-Form anfertigen. Übrigens auch für einen Allie-Wodka, der damit wohl dem Crystal Skull von Dan Akroyd Konkurrenz macht.
Man muss die Story an sich, inklusive der Flasche und der Optik nicht geil finden – tun wir auch nicht, ehrlich gesagt. Im Laden wären wir dran vorbeigegangen. Aber der grundsätzliche Ansatz dahinter, die Idee, die finden wir so ganz persönlich Hammer: Wenn du dir schon eine Story zu einem Produkt ausdenken musst, weil einfach nur Qualität und Leidenschaft nicht mehr ausreichen, dann raste halt einfach mal komplett aus! Sei kreativ, flippe aus! Aber was ordentliches in die Flasche bringen musst du am Ende natürlich trotzdem.
Beim Allie Gin sind das 24 Botanicals wie Wacholder (klar), Enzian, Fenchel, Ingwer, Nelken, Rosmarin, Angelika, Sternanis, Thymian, diverse Wurzeln und Pomeranzeschale. Die komplette Liste gibt’s zum Beispiel beim Kollegen von gintlemen.com. All das wird zweifach destilliert, anschließend noch kurz im Fass gereift. Die Fassreifung sieht man dem Gin im Glas wohlgemerkt nicht an, sie dient nur dazu, den Geschmack abzurunden. Aber war das erfolgreich?
So schmeckt Allie Gin
Im Glas liegt der Allie sehr klar, die Beinchen nach dem Schwenken sind sehr flott unterwegs. In der Nase wirkt er sehr mild und, wie angekündigt, sehr klassisch: Wacholder- und Zitrusaromen sind vordergründig, danach wirkt der Duft zunächst schlicht „kräutrig“. Mit ein wenig Zeit lässt sich die Angelika herausfiltern, dazu Rosmarin und Thymian, auch ein Hauch von Minze. All das verbindet sich zu einem sehr frischen Nadelwald-Aroma.
Nase: Wacholder, Zitrusschalen, Angelikawurzel, Rosmarin, Thymian, Minze
Mund: Wacholder, Zitrone, Pfeffer, Enzian, Angelika, Rosmarin
Im Mund bringt der Gin zunächst dasselbe klassische Aroma mit, das er auch in der Nase transportiert: Wacholder und jetzt etwas klarer Zitrone, dazu eine milde Süße und einen merklichen Pfeffer-Touch. Auf der Zunge ist er zunächst ein wenig floral, mit Noten von Enzian und Angelika, dazu gesellen sich im Abgang wieder die bekannten Kräuter, vor allem Rosmarin und noch einmal sehr ausgeprägt der Wacholder.
Allie Gin in Cocktails und Gin Tonic
Auch wenn er geschmacklich sehr schön ist, für einen Sipping Gin fehlt ein wenig das geschmackliche Alleinstellungsmerkmal – außerdem ist das leichte Brennen auch nach dem zweiten und dritten Schluck noch zu spüren. Im Gin Tonic dagegen geht Allie auf, vor allem trockene Tonics stehen ihm gut zu Gesicht, das Aqua Monaco Extra Dry zum Beispiel. Testsieger ist allerdings wohlgemerkt das Dr. Polidoris Cucumber Tonic: Allie Gin und Gurke, das passt wie Mulder zu Scully.
Entsprechend gilt auch bei allen anderen G&Ts: Gurke als Garnitur ist die Wucht. In Cocktails funktioniert Allie Gin immer dann am besten, wenn er sich mit Kräutern vergnügen darf: Ein Gin Gin Mule mit frischer Minze macht ebenso viel Freude wie ein Gin Basil Smash mit frischem Basilikum. Aber auch in einem Gin Fizz kann er sich behaupten – Allie Gin ist ein Allrounder. Weil er so gut zu Gurken passt, experimentieren wir auch mit Gurken-Eiswürfeln und einer Martini Fizz-Variante – die allerdings noch nicht ganz rund ist. Deshalb reichen wir das Rezept nach einigen weiteren Testrunden nach. Den Allie Gin wollten wir euch so lange aber nicht vorenthalten.
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Fazit: Auch, wenn einem das Design des Allie Gin nicht gefällt, muss man die Mühe anerkennen, die hier im Storytelling steckt. Und selbst, wenn sie das nicht täte: der Gin selbst ist ein toller Allrounder, der vor allem als Gin Tonic punktet. Und die leere Flasche gibt später einen tollen Kopfhörer-Ständer.
Daten: 46 Prozent, Deutschland, 0,7 Liter, um 39 Euro
Allie Spirits hat uns eine Flasche des Allie Gin für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.
Zuletzt überarbeitet am
Lt. gintlemen.com ist das ein Produkt von Felix Rauter in Essen! Dann ist es natürlich ein sehr teurer Glaskopf 🙂