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Caorunn Gin und der Actual Apple Martini

Der Caorunn Gin in einem Gin Basil Smash.
Der Caorunn Gin in einem Gin Basil Smash.

Obwohl man Gin traditionell eher den Briten zurechnet, ist „Schottischer Gin“ in vielen Fällen die spannendere Nummer: Hendrick’s, Botanist, Isle of Harris, Tanqueray – alle aus Schottland. Das geht soweit, dass einige „Scottish Gin“ sogar als eigene Wacholder-Kategorie sehen – was man angesichts von Botanicals aus der ganzen Welt allerdings getrost mit einer erhobenen Augenbraue kommentieren darf (genauso übriges wie Hamburg, Munich, Stuttgart und Buxtehude Dry Gin, so gut sie auch sind). Aber so mancher Schotte legt dann eben durchaus viel Wert auf seine keltischen Wurzeln – wie der Caorunn Gin.

Die Flasche für dieses Tasting wurden uns für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.

„Ka-Run“ wird er ausgeprochen und nach den ganzen New Western Dry Gins, die wir in den letzten Tagen verkostet haben, ist der Caorunn dann endlich mal wieder ein klassischer London Dry britischer Schule mit vordergründiger Wacholdernote. Und als solcher steht er für knochentrockene Gin Tonics und knackige Martinis – zumindest für uns. Aber wir fangen schon wieder hinten an.

Die Story hinter Caorunn Gin

Caorunn stammt aus der Balmenach Distillery, die 1824 gegründet wurde – ein Traditionshaus also, das über 150 lang Scotch Whisky brennt. Eines allerdings, dass wie viele andere Brennereien mehrere Besitzerwechsel durchmachte und 1993 eigentlich geschlossen wurde. Eigentlich. Die Geschichte des modernen Balmenach beginnt 1997, als die Inver House Distillers den Laden übernehmen und 1998 den Betrieb wieder aufnehmen.

Der Caorunn Gin in einem Gin Tonic, garniert mit Apfelschnitzen.
Der Caorunn Gin in einem Gin Tonic, garniert mit Apfelschnitzen.

Doof nur: In den 20 Jahren seit der Wiedereröffnung veröffentlichte die Brennerei noch keinen neuen Single Malt unter eigener Flagge, stattdessen spielt man großteilig den Zulieferbetrieb. Findet man eine „richtige“ Balmenach-Abfüllung stammt sie von unabhängigen Abfüllern. Seit 2008 produziert die Destillerie neben Scotch aber auch den Caorunn Gin. Nicht ungewöhnlich, schließlich stammen auch andere schottische Wacholderdestillate aus den Händen erfahrener Whisky-Experten.

Schon eher ungewöhnlich: Die insgesamt 11 Botanicals werden nicht klassisch mazeriert, sondern in einer Pot Still aus dem Jahr 1920 Dampf-infundiert. Sprich: Der Alkohol dampft durch die Botanicals hindurch und nimmt dabei ihre Aromen auf. Die klassischen Gin-Aromen von Wacholder, Kassia-Rinde, Angelika, Koriander sowie Zitronen- und Orangenzesten, sowie die etwas ausgefalleneren fünf „keltischen“ von den Botanicals Vogelbeere, Löwenzahn, Heidekraut, Gagelstrauch und Coul Blush Äpfel. Die „Fünf“ spielt bei Caorunn aber auch eine optische Rolle

Die heilige Fünffaltigkeit

Zum zehnjährigen Jubiläum ändert Caorunn sein Flaschendesign, wird schlanker. Die wichtigsten Eckpunkte des Designs behält man dabei aber buchstäblich bei: So bildet auch in dieser neuen Version der Flaschenboden ein Fünfeck, das Logo der Marke bleibt ein roter Asterisk und auch die Zahl der fünf Spezial-Botanicals, die allesamt aus der schottischen Speyside stammen, bleibt natürlich gleich – das Rezept wurde beim Redesign nicht angerührt.

Die alte (rechts) und neue Flasche Caorunn Gin im Vergleich.
Die alte (rechts) und neue Flasche Caorunn Gin im Vergleich.

So schmeckt Caorunn Gin

Der glasklare Gin schwenkt sich leichtfüßig, zieht aber beachtliche Beinchen am Glasrand. Der Duft ist klassisch, wie man ihn von London Dry erwartet: Wacholder und Zitrus sind vordergründig, dahinter kommen die kräutrigeren Noten, die etwas an Nadelhölzer und ein wenig an Kümmel erinnern. Lässt man ihm etwas Zeit, kommt noch etwas Zimt und etwas weißfleischiges Obst dazu, das sehr sicher vom Apfel stammt, den wir aber in der Nase noch nicht klar herausschnüffeln können.

Nase: Wacholder, Zitronen, Nadelhölzer, Kümmel, Zimt, weißfleischige Früchte

Mund: Wacholder, Orange, Kardamom, Weißer Pfeffer, Angelika, Äpfel

Auch im Mund ist sofort klar, dass wir es hier mit einem Gin zu tun haben: Wacholder und Orange umspielen die Zunge, dazu kommt kräftiger Kardamom und weißer Pfeffer. Das Mundgefühl ist – anders als nach dem Schwenken erwartet – erstaunlich voluminös und fast schon cremig. Im Abgang dominieren sehr eindeutig die Kräuter, die Angelika schimmert durch – dafür ist der Nachklang angenehm und leicht fruchtig, hier erkennen wir dann auch die Äpfel.

Caorunn Gin pur und in Cocktails

Der Caorunn Gin ist knackig, wacholdrig und kräftig, dabei aber rund und ohne merkliche Schärfe. Ein toller Gin, der höchstens ein wenig darunter leidet, dass ihm in einer Blindverkostung etwas der Wiedererkennungswert fehlen dürfte. Dafür macht er aber hervorragend Gin-Cocktails – darunter natürlich auch Gin Tonics. Die mixen wir uns bevorzugt mit leicht süßlichen Tonics, wie dem Standard-Thomas Henry oder dem Fever Tree Indian. Auch sehr trockene Varianten wie das Schweppes Dry geben einen guten Drink. Als Deko funktionieren Apfelscheiben top, allerdings würden wir insgesamt wohl eher auf die Zitronenzeste setzen.

Daneben ist der Caorunn aber auch ein wahnsinnig guter Wegbegleiter für diverse andere Gin-Drinks – er macht ordentliche Aviations und Last Words, aber auch einen hervorragenden Gin Basil Smash. Er hat ein bisschen was von Geheimwaffen-Gin, dieser Caorunn. Vor allem merken wir das in Sachen Martinis: Trockene Martinis, Wet Martinis, Dirty Martinis mit Olivenlake, ein Gibson mit Silberzwiebel; bringt alles hervorragende Ergebnisse und Drinks, die laut „Mehr!“ schreien. Das gilt sowohl für die Kombi mit trockenen Wermut-Sorten, als auch mit eher süßlichen weißen – unter anderem mixen wir etwa einen Dirty Martini mit Belsazar White.

Weil uns im Zuge der ganzen Martinis der gute, alte Apple Martini wieder einfällt, der dank der Serie Scrubs im letzten Jahrzehnt ein kleines Hoch feierte, kommen wir ins Grübeln. Die Plörre sieht mit der grünen Farbe nämlich meistens spannend aus, schmeckt aber fast immer so, als würde man sich puren Berentzen Apfel ins Gesicht stellen. Also arbeiten wir mit anderen Apfel-Varianten und kommen zu einem Hybriden aus Gibson und Apple Martini für Erwachsene:

Actual Apple Martini

  • 6 cl Caorunn Gin
  • 1 cl Trockener Wermut
  • 0,5 cl hochwertiger Apfelessig
  • 2 Barlöffel Silberzwiebel-Lake

Alles zusammen auf Eis rühren und in ein vorgekühltes Martiniglas abseihen. Trinken.

Der Caorunn Gin in einem Actual Apple Martini mit Apfelessig.
Der Caorunn Gin in einem Actual Apple Martini mit Apfelessig.

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Fazit: Klassischer London Dry Gin mit sehr sanften, fruchtigen Einschlägen, der hammermäßige Martinis in allen Varianten macht.

Daten: 41,8 Prozent, um 30 Euro für 0,7 Liter, Schottland

Die Flasche Caorunn Gin, die hier zum Einsatz kam, wurde uns für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, dabei wurde aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die ausnehmend freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit. 

 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

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  • In Schottland kennen gelernt und sofort als einen der Lieblings Gins kategorisiert. Ich trinke ihn auch gerne pur.
    O.Oswald