Metal-Bands, Schauspieler, der Herr Ottke aus der Bielefelder Straße im Nachbardorf: jeder, wirklich jeder macht heutzutage seinen eigenen Gin. Warum also nicht auch Leute, die sich wirklich mit Geschmack auskennen? Für den Mundus 45 holte sich die Klosterbrennerei Wöltingerode deshalb den Berliner Sternekoch Markus Semmler ins Boot, um einen Gin zu erschaffen, bei dem das Wort „Premium“ nicht nur Markengetue ist. Limitiert auf 1.000 Stück, Wacholder als einziges (bekanntes) Botanical und Trester als nicht ganz so geheime Zutat, handsigniert vom Star-Koch – das klingt nach Sammlerstück. Bevor wir dessen Wert aber mindern, indem wir die Flasche hektisch aufreißen, geht es an die Vorstellungsrunde.
Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von der Klosterbrennerei Wöltingerode zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Klosterbrennerei Wöltingerode – Heimat des Mundus 45
Das Klostergut Wöltingerode blickt auf eine sehr lange Geschichte zurück, die im Jahr 1174 mit der Gründung als Benediktinerkloster beginnt. Wie viele Klöster dieser Zeit durchläuft es in seiner nicht ganz tausendjährigen Geschichte einen stetigen Wandel, der für eine Story über Gin aber deutlich zu weit reicht. Für alle Menschen mit gesteigertem Interesse an Kloster-Historie empfehlen wir daher den umfangreichen Wikipedia-Artikel. Wir steigen im Jahr 1682 ein – damals fing das Kloster nach einem schweren Brand an, Korn zu brennen, um Geld für den Wiederaufbau ranzukarren. Damit hat man bis heute nicht aufgehört.
Über 300 Jahre später besteht die Brennerei des Klosterguts noch immer – darüberhinaus besitzt das Haus inzwischen aber auch eine Veranstaltungs-Gastronomie mit Klosterhotel, eine eigene Brauerei, ein Lachs-Infocenter (man engagiert sich in der Fischerei) und ist beliebtes Ausflugsziel in seiner Heimat Niedersachsen. Die Brennerei, genau wie der Rest des Hauses setzt auf einen modernen Marketing-Ansatz, behält aber die Tradition im Auge. Sprich: Man braut hier in der angeschlossenen Altenauer Brauerei ganz klassisch Pils und Bock, unter der Marke Harzcraft aber auch Craftbier, das man etwa im Cognac-Fass reifen lässt. Man brennt hier klassischen Korn, aber eben auch welchen, der im Whisky-Fass reift. Im Shop findet man „altmodischen“ Kräuterlikör neben superfoodigem Gojibeeren-Likör. Und seit Kurzem findet man hier eben auch den Mundus 45.
Entwickelt mit dem Sternekoch Markus Semmler, mit einem Etikett-Design des Gastro-Kritikers Thomas Platt und dem Trester des Weingartens Cleebronn-Güglingen (macht Wein, den man kennt, wenn man Weine kennt) als Spezial-Zutat setzt man hier anders als sonst auf Luxus statt auf preisliche Bescheidenheit, hält aber weiterhin den handwerklichen Anspruch hoch. Sofern die Webseite des Klosterguts nichts weglässt, besteht der Mundus aus Trester, Wacholder und dem Feinbrand der Klosterbrennerei – ein sehr minimalistisches Produkt also, für das Semmler aber sehr lange zwischen Wacholder-Mengen und verschiedenen Trestern hin- und herprobiert hat. Aber schmeckt man das auch?
So schmeckt Mundus 45
Nahezu ölig fällt er ins Glas, zieht nach dem Schwenken dicke, schwerfällige Schlieren. Er ist klar und rein. Der Geruch: speziell, aber schön. Klarer, aber nicht überbordender Wacholder, die Trauben des Tresters, dazu ein Hauch von Flieder. Die fruchtig-floralen Noten sind etwas schwer zu trennen, liegen irgendwo zwischen Himbeeren und Kirschblüten. Ein Hauch Grapefruit schwingt mit. Trotz der Früchte riecht er zunächst sehr trocken.
Nase: Wacholder, Trauben, Flieder, Himbeeren, Kirschblüten, Grapefruit
Mund: Wacholder, Grapefruit, Holz, Trauben, Zitronenzesten, Pfirsichblüten
Im Mund kommt er mit etwas mehr Süße an als erwartet, entfaltet aber zunächst vor allem den Wacholder, der von einer ausgeprägten Grapefruit begleitet wird. Im Abgang und Nachgeschmack dominiert dagegen der Trester mit erdigen, sanft holzigen Noten und herb-säuerlichen Trauben. Der zweite Schluck dagegen kommt floraler und frischer daher, mit Aromen von Zitronenzesten und Pfirsichblüten. Störende Alkohonoten hat er nicht, allerdings im Abgang eine merkliche aber vernachlässigbare Schärfe, außerdem lässt er Zunge und Lippen mit einem leichten Prickeln zurück.
Mundus 45 pur und in Cocktails
Der Trester-Einschlag ist spannend, der Grundtenor – und wir meinen das jetzt so – maskulin-floral. Trocken und erdig, aber mit Blumen. Ein schöner Gin, einer den man wiedererkennt und der pur durchaus funktioniert. Auf Eis kommen vor allem die floralen Noten und die Grapefruit stärker heraus, alles andere tritt in den Hintergrund – er scheint förmlich flacher zu werden. In Cocktails aber sieht die Sache ganz anders aus.
Im Gin Tonic empfehlen wir ihn mit einem milden oder zitronenlastigen Tonic Water, mit Fever Tree Mediterranean spülen wir vor allem die Trauben-Anklänge und den Wacholder nach oben – er schmeckt wie ein klassischer G&T mit einem Schuss Trester. Schönes Ding, dass nach einigen Garnish-Tests vor allem von einer Orangenzeste geschmacklich profitiert. Die gibt dem ganzen eine gewisse herbstliche Wärme, die sich wunderbar macht in diesem Drink.
Im Martini macht der Mundus eine gute Figur ohne groß aufzufallen, im Gin Basil Smash ist er gewöhnungsbedürftig aber irre spannend. Die mediterranen Noten des Basilikums und der Trauben-Einschlag verändern den Drink komplett, machen ihn deutlich fruchtiger als man’s gewohnt ist. Wird nicht vielen gefallen, aber einigen wahrscheinlich ziemlich gut. Unser Highlight aber ist der Mundus-Aviation. Mit Maraschino und Veilchen-Likör bekommt der Mundus 45 einen derart massiven Auftrieb, dass der Drink im Mund ein kleines bisschen explodiert, ohne seinen klassischen Anstrich zu verlieren.
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Fazit: Wir wissen nicht ob die First Edition des Mundus 45 (auf 1.000 Stück limitiert, handsigniert von Sternekoch Markus Semmler und Brennmeister Achim Dege) irgendwann mal ein teures Sammlerstück wird. Was wir wissen: Die Klosterbrennerei sollte eine zweite, dritte, vierte Auflage hinterherlegen. Denn zum In-den-Barschrank-stellen ist der Mundus zu schade.
Daten: 45 Prozent, Deutschland, 0,7 Liter, 49 Euro
Die Klosterbrennerei hat uns eine Flasche des Mundus 45 für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.
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