Gin sagt man nach, dass ihn jeder herstellen kann. Gut, dass wirklich jeder einen macht, inklusive dem Dackel meiner Oma, befeuert dieses Gerücht ungemein. Der Grund dafür ist einfach: Gin ist Neutralalkohol, in den jemand Gewürze eingelegt hat. Wer eine Flasche Wodka für 6 Euro hat und noch vier Wacholderbeeren aus seinem Gewürzregal kratzen kann, der kann auch Gin fabrizieren. Ersetzt man jetzt Neutralalkohol durch Demerara-Rum und Wacholder und andere Gin-Botanicals durch chinesischen Rauchtee, Kamille und Fenchel, dann wird die Sache deutlich schwieriger – und spannender. Genau das ist der A Smoked Spiced Rum von Sweetdram.
Die Flasche für dieses Tasting wurden uns von Bottle Rocket, dem deutschen Vertrieb von Sweetdram zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Die Story hinter A Smoked Spiced Rum
Hinter dem ungewöhnlichen Spiced Rum stehen die Jungs von Sweetdram, die sich schon den Escubac ausgedacht haben: zwei Briten namens Andrew Macleod Smith und Daniel Fisher, Ingenieure und Brenner, die sich während der Distiller-Ausbildung kennenlernen, sich zunächst beruflich anders orientieren und dann für die Leidenschaft Spirituosen wieder zusammenfinden; und Vangeli Moschopoulus, Designer und Marketingmann. Ihr Ansatz: Zeug brennen, das sonst keiner brennt. Lücken finden. Die meiste Zeit verbringen Sie damit, Einzeldestillate aus jeder Menge Botanicals zu brennen und eine umfangreichen Destillats-Bibliothek anzulegen. Für ihr Flaggschiff Escubac kombinieren Sie etwa Kümmel mit Muskat und Vanille – und brennen das dann zusammen auf einer kleinen, quasi antiken Distille auf dem französischen Land.
Gerade erst sind sie allerdings nach Schottland umgezogen und haben dort ihre eigene Distille gebaut (mit ein Grund, warum laut Aussage von Andrew demnächst ein Scotch-Projekt ansteht). Zu aufwendig sind die Fahrten nach Frankreich, solange die Jungs noch selbst brennen – vor allem, weil sie nicht damit gerechnet haben, dass ihre Produkte so durch die Decke gehen. Außer dem Escubac produzieren sie schließlich alle anderen Spirituosen noch immer in kleiner Auflage. Eine davon ist der A Smoked and Spiced Rum. Rum, mazeriert mit Gewürzen – eigentlich ist das keine Lücke, die irgendwer füllen muss. Denkt man.
Aber da ist zum einen die Basis: Demerara-Rum von den befreundeten East London Liquor Company, gebrannt auf einem Destillierapparat aus Holz – ein für einen Spiced Rum ausnehmend fruchtiges und intensives Destillat. Und da kommen nun Botanicals wie Lapsang Souchong (rauchiger, chinesischer Tee), Limettenblätter, Kamille, Kardamom, Fenchel und Fichtenspitzen hinein. Was für eine abgefahrene Kombi. Aber schmeckt das denn dann auch?
So schmeckt der Spiced Rum von Sweetdram
Bernsteinfarben und mit einer leichten Öligkeit liegt der Smoked Spiced im Glas und zieht nach dem Schwenken schwere, dicke Beine. Die Nase ist ungewöhnlich – für einen Rum an sich und für einen Spiced Rum erst recht. Wir brauchen ein wenig, um uns zurechtzufinden. Kamille ist da, Tannennadeln, Vanille, Limetten und eine Spur Rauch. Ein spannendes Potpourri, das sich da breitmacht – aber eines, das Aufmerksamkeit erfordert, das Aroma ist etwas zurückhaltend. Lässt man den Rum etwas stehen, kommt Karamell hervor, ein wenig Minze und tropische Früchte, allen voran Ananas.
Nase: Kamille, Tannennadeln, Vanille, Limetten, Rauch, Karamell, Minze, Ananas
Mund: Piment, Zimt, Muskatnuss, Minze, Kamille, Vanille, Schokolade
Im Mund wirkt er deutlich mehr wie ein klassischer Spiced Rum: Piment, Zimt und Muskatnuss treffen auf ein ganz sanftes Pfeffer-Brennen. Süße darf man nicht erwarten – zwar ist er für einen Rum nicht übermäßig trocken, für einen Spiced Rum aber schon. Auf dem Weg zum Gaumen zeigen sich Minze und Kamille, der Abgang bleibt geprägt von diesen frischen, floralen Noten. Der Nachklang bringt dann ein wenig Vanille und einen Hauch Schokolade dazu. Er bleibt lange auf der Zunge, ist dabei aber nie überbordend wuchtig.
A Smoked Spiced Rum in Cocktails
Der Smoked Spiced ist pur ein spannendes Erlebnis, aber nichts, was man sich jetzt zur Entspannung eingießen würde. In Cocktails dagegen ist er die spannende Geheimzutat, bei der jeder fragen wird: „Was ist denn da alles drin?“ Sein irres Aromen-Gewirr wird je nach Begleitung anders betont, mal wirkt er weihnachtlich, mal wie eine Kamillentee mit Ananas. Aber wir lernen schnell: es braucht nicht viel, um seine spannendsten Seiten herauszukitzeln – und er lässt sich vergleichsweise leicht überfrachten.
Wir probieren ihn zunächst in einem Cable Car – im Prinzip ein Sidecar mit Rum und Zimthaube – und sind begeistert von der irren Breite, die Zitrone und Triple Sec aus dem pur eher gemütlichen Rum herauszaubern. Im Dark and Stormy dagegen geht irgendwas gründlich schief – in Kombi mit dem Ginger Beer wirkt der Rum flach und schal. Auch ein Mehr an Limette ändert daran nichts. Mit unserem ersten eigenen Experiment, dem Crustaquiri, fallen wir direkt danach ein wenig auf die Schnauze: Creme de Cacao trifft auf Chocolate Bitters, Triple Sec, Limette und natürlich Smoked Spiced Rum – ein interessanter Drink. In allen Ausprägungen, die dieses kleine Adjektiv zu bieten hat.
Das ist der Moment, in dem wir begreifen: Wenn wir diesen Rum unter Sperenzchen begraben, werden wir nicht glücklich. Im Gespräch empfiehlt uns Andrew von Sweetdram, einen Old Fashioned damit zu mixen. Zurecht – schicker Drink, der die Aromen des A Smoked Spiced Rums schön auffächert. Aber wir gehen einen kleinen Schritt weiter und mixen uns einen Rum Sazerac: Glas mit Absinth benetzen, Peychaud’s Bitters, Rum und Zucker auf Eis rühren und mit Zitrone garnieren. Ein abgefahrener Drink, der ohne Eis serviert wird und je wärmer er wird, umso mehr an Aroma und Kraft gewinnt. Schon das ist richtig geiles Zeug.
Der Grund aber, warum wir euch hier keinen selbsterdachten Drink präsentieren ist der Daiquiri. Ein ganz stinknormaler Daiquiri. Rum, Limette, Zucker. So weich, rund, vielseitig, floral, fruchtig, sauer, süß. So bekannt und doch so neu. Und wenn wir wieder eine Flasche Smoked Spiced in die Finger kriegen, dann mixen wir uns damit exakt fünf Daiquiris und einen Sazerac und sonst nix. Manchmal ist der alte Scheiß halt einfach auch der geile Scheiß.
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Fazit: Irre spannender und einzigartiger Spiced Rum, floraler und deutlich trockener als man es gewohnt ist, allerdings eher elegant im Geschmack – nix für Tikis. Aber er macht Daiquiris und Rum Sazeracs vom anderen Stern.
Daten: 45 Prozent, Großbritannien/Guyana , 0,35 Liter, um 25 Euro
Der Deutsche Vertrieb von A Smoked Spiced Rum, die Bottle Rocket GmbH, hat uns eine Flasche für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.
Zuletzt überarbeitet am
Das klingt mal wieder zu gut, um sich nicht mal ein Fläschchen davon zuzulegen 😉