Auch, wenn es Tequila außerhalb der Spirituosen-Nerd-Community in Deutschland noch nicht zu einem derart gewaltigen Hype gebracht hat wie in den USA: man merkt langsam, dass der Markt Bock hat. Bock auf Qualitätsprodukte zum bezahlbaren Preis, aber auch Bock auf abgefahrene High-End-Tropfen fernab von der üblichen Premium-Weichspülerei. Dass ist unter anderem kleinen Importeuren wie fifteenlions zu verdanken, die sich eifrig bemühen, die Agaven-Regale der Nation mit spannenden Sachen zu bestücken – und im Zuge dessen natürlich auch bei Webseiten wie uns oder diversen Kollegen anklingeln, ob wir nicht mal was probieren wollen. In diesem Fall: Terralta Tequila.
Die Flasche für dieses Tasting wurden uns von der fifteenlions GmbH & Co. KG, dem deutschen Vertrieb von Terralta, zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Wer in englischsprachigen Tequila-Social-Media-Gruppen oder -Foren unterwegs ist, der hat diesen Namen wahrscheinlich schon mal gehört, im Normalfall im Zusammenhang mit “G4”, dem wir uns an anderer Stelle widmen. fifteenlions hat uns die komplette Range zum Probieren vorbeigeschickt – und anders als ihr’s vielleicht von uns gewohnt seid, verkosten wir die heute in einem Artikel straight durch und geben anschließend nur eher knappe Cocktail-Tipps. Die meisten von euch, die später mit diesen – Achtung: Spoiler – Ausnahmetequilas in Berührung kommen, werden sie ohnehin eher pur genießen als sie zu vermixen. Und das ist auch komplett in Ordnung – ihr solltet aber vielleicht wissen, dass wir im Zuge dieses Artikels die vielleicht beste Buttermilch Margarita aller Zeiten getrunken haben.
Die Story hinter Terralta Tequila
Hinter Terralta steht ein Mann namens Felipe Camanera, der bereits in dritter Generation Tequila brennt und der sich vor allem durch seinen Fokus auf Reinheit, handwerkliche Herstellung und seine Experimentierfreude auszeichnet. Deswegen füllt er für seine Terralta-Tequilas etwa zwei Varianten mit 55 Volumenprozent Alkohol ab – das Maximum, was beim Tequila erlaubt ist und ein Wert, den nur ganz wenige Agavenbrände bisher überhaupt ankratzen. Obendrein experimentiert er innerhalb seiner Marken – auch Pasote und G4 entspringen seinem Geist und seinen Händen – auch gerne mal mit dem Wasser, aus dem er die Destillate brennt. Terralta etwa wird mit 100 Prozent Tiefenquellwasser hergestellt, beim G4 ist die Hälfte Regenwasser.
Über alle seine Marken gleich: der totale Verzicht auf Färbung mit Zuckercouleur oder den Einsatz irgendwelcher, wie auch immer gearteter Zusatzstoffe – weshalb alle gereiften Varianten durchaus recht hell sind. Was Fans von Tequilas mit “GOLD”-Label eventuell doof finden könnten, ist bei den Freunden authentischer, fassgereifter Spirituosen durchaus kein Beinbruch, solange das Produkt auch wirklich die erforderliche Zeit im Fass verbracht hat. Aber genug der Theorie. Jetzt wird probiert!
So schmeckt Terralta Tequila Blanco (ungereift)
Kristallklare Farbe, öliger Schwenk und ein unaufdringlicher, fast schon floraler Duft. Agaven- Zitrus-, aber auch sanfte Lavendelnoten schieben sich in unsere Nasen, dazu kommt Birne und ein Hauch von Holunder. Mit etwas Luft kommen noch Aprikosen in den Aromenmix.
Nase: Agaven, Zitrus, Lavendel, Birne, Holunder, Aprikose
Mund: Agaven, Vanille, Aprikose, Holunder, Blaubeeren, Blauschimmelkäse
Auf der Zunge kommt der Blanco deutlich trockener an als man denken sollte. Eindringliche, sehr würzige Agaven-Aromen treffen auf einen Hauch Vanille, Aprikose und spätestens am Gaumen kommen dann auch wieder sehr sanfte Holundertöne dazu, zusammen mit etwas, das an Blaubeeren erinnert und .. kein Unfug jetzt: etwas Blauschimmelkäse.
So schmeckt Terralta Tequila Blanco 55% (ungereift)
Vergleichsweise ähnlich zum “normalen” Blanco schwenkt sich der 55-prozentige, allerdings gefühlt fast etwas weniger ölig. Der Duft: Milder, aber auch ein wenig abgefahrener. Weniger Agave, mehr Zitrus, mit Zitronen, Limetten, aber auch Orangen, die wir einzeln ausmachen können. Dazu ein Anklang von Champagner und dann doch: gekochter Agave.
Nase: Zitrone, Limette, Orange, Champagner, Agave
Mund: Zitronen, Limetten, Pfeffer, Weihnachtsgewürze, Piment, Kümmel, Agave
Auch auf der Zunge sind die Zitrustöne vorherrschend: Zitronen, Limetten, aber auch Pfeffer und ein dazu passendes, leichtes Brennen sind da. Wohlgemerkt: nur auf der Zunge und im Mundraum. Der Abgang: irre weich. Und geschmacklich etwas verwirrend. Weihnachtliche Gewürze tun sich da auf, etwas Piment und ein Hauch von … Kümmel? Im Nachgeschmack dann pure Agave.
So schmeckt Terralta Tequila Reposado (3 Monate gereift)
In einem sehr hellen, fast unscheinbaren Strohgelb erscheint dieser Reposado und verströmt dabei einen wohlig-warmen Duft von Agave, Vanille, Gewürzen. Honig lässt sich ausmachen, genau wie etwas sanftfruchtiges Richtung Orange. Nicht besonders breit, dafür sehr angenehm.
Nase: Agave, Vanille, Gewürze, Honig, Orange
Mund: Honig, Agave, Schwarzer Pfeffer, Karamell, Eichenholz, Kräuter
Auf der Zunge landet er mit einer unerwarteten Honig-Süße, die aber auf dem Weg Richtung Rachen deutlich trockener zu werden scheint. Unterwegs machen sich Agave, schwarzer Pfeffer, etwas Karamell und Eichenholz breit. Der Nachklang erscheint ausnehmend kräutrig.
So schmeckt Terralta Tequila Anejo (1 Jahr gereift)
Nur marginal dunkler als der Reposado aber olfaktorisch durchaus eine ganz eigene Welt: Fruchtig, fast meint man Ester-Noten zu erschnuppern, die eher an einen milden Rhum Agricole denken lassen. Dazu Agave, Pfeffer, frische Paprika und etwas Zitrone. Mit etwas Zeit und Luft gesellt sich außerdem Eiche dazu.
Nase: Ester, Agave, Pfeffer, Paprika, Zitrone, Eiche
Mund: Himbeeren, Stroh, Agave, Honig, Kräuter, Paprika, Rauch
Der Geschmack dagegen zeigt eher Noten von Himbeeren, Stroh, natürlich auch hier Agave, aber dann direkt auch Honig und Kräuter. Die Paprika zeigt sich im Nachgeschmack, zusammen mit einer bis dahin vollkommen neuen, sanften Rauchnote.
So schmeckt Terralta Tequila Extra Anejo (4 Jahre gereift)
Auch der Extra Anejo ist nur etwas dunkler als die vorhergehende Altersstufe, schwenkt sich aber dickflüssiger. Die Nase öffnet noch einmal ganz andere Sphären. Neben der gekochten Agave sind es zunächst erstaunlicherweise Marshmallows und Sahne, die wir sanft erschnuppern, dazu kommen Bitterorangen, Kräuter, etwas Vegetales in Richtung gebrannter Lauch und Sellerie. Abgefahren.
Nase: Gekochte Agave, Marshmallows, Sahne, Bitterorangen, Kräuter, gebrannter Lauch, Sellerie
Mund: Agave, Karamell, Champagner, Sellerie, Fruchtbonbon, Trauben, Aprikosen, Kirsche
Am Gaumen brennt das Ding dann ein kleines, sehr ähnliches Feuerwerk ab: Agave trifft auf Karamell trifft auf Champagner-Noten trifft auf Sellerie trifft auf Fruchtbonbon. Der Nachklang wird beherrscht von fruchtigen Noten von Trauben und Aprikosen, dazu ein leichter Anklang von Kirsche.
So schmeckt Terralta Tequila Extra Anejo 55%
Farbe und Viskosität gleichen der 40-prozentigen Variante, aber der Duft: derbe Ester-Noten, vergorenes Obst, gekochte Agave, leichte Klebstoff-Anklänge, dazu Heu und Stroh. Lässt man ihm ein wenig Zeit, kommen Birnen, frische Gräser, etwas Banane dazu und gegen Ende etwas Teer. Wir hätten in der Blindverkostung vermutlich auf einen Clairin getippt, aber recht sicher nicht auf Tequila.
Nase: Ester, vergorenes Obst, gekochte Agave, Klebstoff, Heu, Stroh, Birnen, frische Gräser, Banane, Teer
Mund: Teer, Rauch, Feuerstein, Agaven, Pfeffer, Honig, Rotwein, Milch, Kirschen.
Der Geschmack driftet dann in eine deutlich erdigere Richtung ab: Mineralisch-rauchig, mit Anklängen von Teer, Rauch, Feuerstein – dazu Agaven und frischgemahlener schwarzer Pfeffer. Honig und Noten von Rotwein zeigen sich im zweiten Schluck, zusammen mit etwas fast milchigem, der Nachklang bringt dann neben viel Agaven plötzlich Noten von Kirschen.
Terralta Tequila pur und in Cocktails
Beim Gedanken daran, dass Menschen einen dieser Tequilas mit Zitrone und Salz runterspülen könnten, verzieht es uns ebenso wie Kollege Christian das Gesicht. Die sind alle sechs dermaßen spannend, dass das sogar wir als Sünde sehen würden, die wir sonst laut propagieren: Lasst die Leute ihren Schnaps halt genau so trinken, wie sie ihn mögen. Und weil wir so denken, konnten wir uns natürlich auch nicht zurückhalten, selber den Rührlöffel zu schwingen – obwohl wir jeden der Terraltas jederzeit und überall pur genießen würden, ohne das uns was fehlt. Was sie in unseren Augen aber auch zur perfekten Cocktail-Zutat macht. Allein: auf eigene Experimente haben wir dieses Mal verzichtet und uns stattdessen lieber auf große Klassiker verlassen.
Wir starten mit der sicheren Bank und mixen uns eine Buttermilch Margarita mit dem Extra Anejo. Eigentlich auch eine kleine Sünde, weil dessen filigrane Nuancen gegen die Buttermilch, das Quittengelee und was noch alles nicht ankommen werden. Oder? Wohl. Das Ding bringt seine gemüsigen und spritzigen Anklänge komplett mit in den Drink, macht diese Margarita-Spielart zu etwas tiefgründig-schönem. Mit dem Extra Anejo 55% verfahren wir vorsichtshalber trotzdem etwas ehrfurchtsvoller und verbraten ihn in einem Oaxaca Old Fashioned mit 3 Teilen Tequila, 1 Teil Mezcal. Der Mezcal fügt leichte Rauch-Nuancen hinzu, ansonsten explodiert die vielseitige Obstigkeit dieses Extra Anejo hier in einer extrem vielseitig-würzigen Agavenwolke.
Und natürlich haben wir uns auch der Kombi angenommen, die am wahrscheinlichsten irgendjemand hier nachmixen wird und haben den Terralta Tequila Blanco in eine Margarita verwandelt. Jap: es war ein Traum von einem Cocktail.
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Fazit: Wow – wahnsinnig spannende Gesamtrange, die dank einer irren Breite und durchweg hoher Qualität wirklich begeistert. Unsere Highlights? Die 55-Prozent-Varianten sollte man probiert haben, vor allem der Extra Anejo zeigt eindrucksvoll, was Tequila alles sein kann. Persönliches Highlight des Autors aber: der Anejo. Nicht ganz so überbordend komplex wie andere Tequilas der Reihe, aber der Aromen-Mix trifft bei mir einen Nerv.
Daten: 40 bis 55 Prozent, Mexico, 0,7 Liter, ca 45 bis 110 Euro
Der Deutsche Vertrieb von Terralta, die fifteenlions GmbH & Co. KG, hat uns die Flaschen für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.
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