Spricht man von Wermut, denken die meisten an genau zwei Länder: Italien und Frankreich. Zurecht: Hier haben trockene und süße Wermut-Spirituosen ihren Ursprung, hier werden sie auch heute noch (und wieder verstärkt) gelebt und gefeiert. Doch seit diesem Jahrzehnt ziehen diverse andere Länder nach, Deutschland zum Beispiel, das inzwischen eine ganz ansehnliche Menge bekannter Wermut-Marken beherbergt. Aber schon lange, bevor wir hier auch nur über aufgespritete Weine nachdachten, gehörte er in Spanien schon zur großen Trinkkultur.
Die Flasche für dieses Tasting wurden uns von Haromex, dem deutschen Vertrieb von Mascaró zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Nun gut, auch auf der iberischen Halbinsel war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht gerade Halligallidrecksauparty angesagt, was die bittere Wein-Spirituose angeht. Trotzdem hielten sich diverse Hersteller hier über die Jahrzehnte mit anderen Spirituosen oder den hauseigenen Weinen über Wasser – und produzierten so ganz nebenbei auch ihren Wermut. Einer davon: Mascaró, der seit 1946 Wein, Brandy und eben auch Wermut produziert. Und auch, wenn sich der Mascaró Premium den klassischen roten, süßen Wermuts zuweisen lässt – ein wenig anders ist er dann doch.
Die Story hinter Mascaró Wermut
1946, sprich kurz nach Kriegsende, übernahm Narcisco Mascaró das Weingut Mas Miquel – früher bauten dort Zisterzienser-Mönche ihren Wein an. Hier produziert die Familie diverse Leckereien auf Weinbasis, darunter eben auch einen eigenen, roten Wermut. Dessen Basis bilden neben Wein die Holandas – Weindestillate aus der Brandy-Herstellung, hergestellt aus Ugni Blanc-Reben. Diese Destillate werden in Fässern gelagert, die Firmengründer Narcisco damals noch selbst gekauft hat. Mascaró legt laut eigener Aussage Wert darauf, seine Produkte über den kompletten Produktionszyklus bis hin zur Abfüllung zu begleiten, das gilt auch für die Brandys und Cavas (spanische Schaumweine) des Familienbetriebs.
Bis vor einiger Zeit wurde der Mascaró Wermut sogar noch mit anderem Label und unter dem Beinamen „Siset“ vertrieben, dem Spitznamen von Firmengründer Narcisco. Offensichtlich entschied man sich dann allerdings für ein eher klassisches Design ohne erklärungsbedürftigen Namenszusatz. Das alte Wermut-Rezept blieb dabei unseres Wissens unverändert – und sorgt für folgende geschmackliche Ausprägungen:
So schmeckt Mascaró Wermut Premium
Im Glas zeigt der Mascaró ein angenehmes rostbraun, schwenkt sich gemächlich mit wenigen, aber schweren Beinen an der Glaswand. Die Nase ist vergleichsweise zurückhaltend, aber aufallend rund. Warme Noten von Glühwein, Orangen, Nelken und Kirschen machen sich breit. Mineralische Noten rücken nach, ein bisschen feuchte Erde und ein Hauch Heu lassen sich erschnüffeln, zusammen mit Pink Grapefruit. Der Duft ist recht breit, bleibt aber wenig intensiv.
Nase: Glühwein, Orangen, Nelken, Kirschen, Feuchte Erde, Heu, Pink Grapefruit
Mund: Anis, Wemut, Akazienhonig, Pinien, Orangen
Auf der Zunge dann erscheint er eindringlicher als gedacht: Klare Orange, leichte Grapefruit, etwas Zitrone und auf dem Weg zum Gaumen dann Piment und wieder Nelken. Im Nachhall, der angenehm lange bestehen bleibt, kommen die Kirschen zurück und generell eher rote Früchte, untermauert von weiteren Zitrusfrüchten. Die Süße hält sich angenehm zurück, die Bitterkeit ist eher wenig ausgeprägt. Ein Wermut für alle, die nicht das Extreme suchen, sondern Balance brauchen.
Der Wermut in Cocktails
Roter Wermut und die Cocktails, die man daraus mixt, sind keine Sache für Jedermann: Bitterer Geschmack, komplexe Aromen, oft in Kombination mit Bitter-Spirituosen – das kann gerade für Einsteiger heftig werden. Genau für die ist der Mascaró aber eine großartige Alternative zu brachialeren Produkten. Die fein austarierten, eher fruchtigen Aromen sorgen für Manhattans und Martinezes, die selbst Menschen begeistern, die sonst eher wenig von Shortdrinks halten. Gerade in Kombination mit Rye Whiskey kamen die klaren Orangen-Aromen noch besser heraus. Fans kantiger Manhattan-Variationen ist das dann allerdings ein bisschen zu zahm.
Seine Eleganz lässt anderen Spirituosen dafür genug Platz zum atmen, sodass man ihn auch mit eher filigranen Spirituosen mixen kann – im Martinican mit Smoked and Spiced Rum von Sweetdram und Italicus zum Beispiel überzeugt er uns massiv. Ein toller, ausdrucksstarker, besonderer Drink. Und einer, nachdem wir uns trauen, einmal komplett zu eskalieren. In einem Experiment, das erstaunlicherweise hervorragend funktioniert:
Das Rezept für den Bronx, Upside Down
- 5 cl Mascaró
- 2 cl Orange Bitters
- 2 cl Zuckersirup
- 2,5 cl frischer Orangensaft
- 2,5 cl Gin
Alle Zutaten auf Eis shaken und in ein Old Fashioned-Glas mit frischem Eis abseihen. Trinken.
Dieser Twist auf den klassischen Bronx-Cocktail (Gin, roter + weißer Wemut, Orangensaft) wirkt erstmal verstörend, bringt aber viel Freude. Die absurde Menge an Bitters mag übertrieben wirken, funktioniert aber hervorragend. Beim Gin greifen wir zu einem kräftigen London Dry Gin wie Juniper Jack, Cotswolds oder Granit und würzen damit unseren Wermut-lastigen Cocktail. Ein heftiges Erlebnis, das den eigentlich so zurückhaltenden Mascaró großartig betont. Finden zumindest wir – ein Drink für Jedermann ist das allerdings nicht.
Mascaró Wermut online bestellen!
Fazit: Sehr fein austarierter spanischer Wermut, der mit seiner ausgeprägten Orangen-Note aus dem normalen Schema für rote Wermuts ausbricht, aber in Geschmack und Aroma eher zurückhaltend bleibt.
Daten: 15 Prozent, Spanien, 0,7 Liter, um 15 Euro
Der Deutsche Vertrieb von Mascaró Wermut Premium, die Haromex Development GmbH, hat uns eine Flasche für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.
Zuletzt überarbeitet am
Kommentar hinzufügen