Was ist neu bei Cocktailbart?
Ein, in zumindest einigen Dingen sehr weiser, aber auf jeden Fall inzwischen sehr alter Mann, von dem ich sehr viel gelernt habe und der mir für einen Einstiegssatz mit 272 Zeichen und vier Nebensätzen für zwei Wochen die Kommanutzungsprivilegien entzogen hätte, sagte mal: „Niemand gewinnt neue Leser mit einem Relaunch. Jeder Relaunch kostet dich Menschen“. Seit er das gesagt hat sind 15 Jahre vergangen und die Welt hat sich zwischenzeitlich vehement geweigert, mir das Gegenteil zu beweisen. Warum auch? Ein Relaunch, eine Wiedereinführung ist purer Eskapismus, blankes „Kann bitte alles nochmal genau so geil neu schmecken wie früher?“. Tja. Sorry. Nö.
Warum wir Cocktailbart trotzdem relaunchen
Sinnvolle, organische Evolution ist jedem kalten, unnatürlichen „Relaunch“ vorzuziehen, immer. Natürlich kann alles jederzeit besser – genau deshalb sollte man alles immer sanft erneuern. Texte, Bilder, Kategorien, Artikelideen, das scheiß Logo. Jeden Tag ein Stück weit besser, immer am Puls der fucking Zeit. Doof nur, dass da keiner Bock drauf hat. Sanfte Erneuerung verlangt Hirnschmalz, Sensibilität und Entscheidungsfreude. Eine Kombo, deren Tragweite und Komplexität jeder Mensch einzuschätzen vermag, der schon mal nach einer gloriosen Hausparty um halb 5 Uhr morgens vor den 217 Flaschen seiner Hausbar stand und überlegen musste, was er oder sie sich jetzt als Letztes mixt, bevor sie oder er ins Koma fällt.
Die Folge dieses mutlosen Erneuerungsunwillens? Stagnation, technologische Überalterung und letzten Endes vor allem überbordende Bocklosigkeit: aus spannendem Hobby wird Alltagstrott. Zur Wahl standen also folgende Optionen:
- Die Webseite für einen brauchbaren Betrag (der aber in keiner Relation zu Arbeitsaufwand und Herzblut steht) verkaufen
- Das Ding einfach mitschleppen, bis nix mehr geht
- Das Herzensprojekt Cocktailbart auch wieder wie eins behandeln und ein bisschen was riskieren
Variante 1 haben wir echt lange durchgegrübelt und ganz ehrlich: wenn wir da so rausgekommen wären, dass wir nie wieder hätten arbeiten müssen, hätten wir’s gemacht. Aber die wenigen Angebote, die wir im Lauf der letzten acht Jahre bekommen haben, reichten eher für ein solides Camping-Wochenende als zur Absicherung des Lebensabends. Variante 2 haben wir jetzt ziemlich lange geübt. Hat uns auf Dauer unglücklich gemacht. Variante 3? Macht uns auch jetzt noch Angst. Denn falls die Nummer schief geht und der eingangs erwähnte weise alte Typ Recht behält, schicken wir cocktailbart.de damit in die digitale Bedeutungslosigkeit.
Aber, aber: ABER! Erstens glauben wir, dass das neue Cocktailbart-Fahrgestell technisch und strukturell so super ist, dass unsere bald sehr krasse Reichweite uns den Feier-Schampus in Bächen in die Gläser spült und zweitens, viel wichtiger: Wenn nicht, schade. Aber okay, wegen uns. Denn – und sorry, wenn euch die neue Webseite wirklich nicht gefällt – für uns, für mich fühlt sich das hier seit Jahren wieder richtig an. Nach Spaß, nach Lebensfreude, nach flüssigem Heavy Metal. Wir saugen wieder leidenschaftlich am Busen der Kreativität statt hungrig an der Zitze der Verwaltung zu nuckeln.
Ja, aber was ist jetzt eigentlich neu bei Cocktailbart?
Oh, ja stimmt. Das eigentliche Thema. Ehrlich gesagt: wenig. Den Löwen-Anteil der Cocktail-Rezepte haben wir mit rübergeholt, auf ihnen liegt noch stärker als bisher das Haupt-Augenmerk von cocktailbart.de. Sie sind im Wesentlichen aufgebaut wie davor – nur die Suchstruktur über die Kategorisierung nach Geschmack, Cocktail-Kategorie und Hauptzutat hat sich geändert, genau wie die Cocktail-Übersichtsseite. Dadurch sollte es bedeutend einfacher werden, nach Lust und Laune durch den Rezept-Katalog zu stöbern. Oh und ach: ihr könnt jetzt Zutaten und Arbeitsschritte nach getaner Arbeit abhaken. Hat keiner drauf gewartet, fühlt sich trotzdem gut an.
Der neue technische Hintergrund macht es auch etwas ansehnlicher, wenn wir mal Rezepte mit kürzeren oder manchmal sogar gar keinen Texten veröffentlichen. Nicht jeder Drink braucht einen kompletten Absatz feingeschliffener Einleitung, geschweige denn eine Abhandlung über seine Geschichte. Viele Cocktails, die wir aus älteren Artikeln gerettet haben oder die es davor nur auf Instagram gab, findet ihr aktuell noch komplett nackt, sprich als reines Rezept ganz ohne Text; hier legen wir in den nächsten Wochen teilweise noch ein paar erklärende Worte und Einkaufstipps nach. Dass wir nicht überall Romane schreiben wollen, heißt ja nicht, dass wir euch informationsbefreit im Regen stehen lassen wollen. Trotzdem können wir im neuen Format deutlich schneller kleine Highlights auf die Seite bringen. Wie diesen streitbaren kleinen „Muntermacher“:
Prairie Oyster | „Kater-Kur“ für die Mutigen
Der Prairie Oyster ist ein alkoholfreier Cocktail aus Eigelb und allem, was das Gewürzregal hergibt. Ob er, wie seit über Hundert Jahren behauptet wird, wirklich gegen Kater hilft? Fraglich. Neben…
Jetzt mixenEinige der Inhalte, die über die Jahre einfach keine Leser gefunden haben, haben wir schweren Herzens zurückgelassen, um die Seite zu entschlacken. Bedingt dadurch sind nun auch die Strukturen etwas anders, aus ehemaligen Tasting-Kategorie-Inhalten, etwa zu Portwein, Sherry oder Rum wurden Blogbeiträge. Warum? Nun, die Tastings wurden leider nie groß von der Leserschaft angenommen – weit über 90% des Traffics kommt aus den Cocktail-Rezepten und anderen Artikeln. Entsprechend haben wir in den letzten Jahren auch nur noch selten Tasting-Artikel veröffentlicht. Ein paar Highlights haben es aber auch aus diesem Bereich mit auf die neue Webseite geschafft und sicher wird man trotzdem in Zukunft gelegentlich das eine oder andere Verkostungs-Artikelchen sehen, wenn uns was richtig, richtig gut gefällt. Was es an neuen Artikeln gibt? Vor allem solche, die ein bisschen Licht ins Rezept-Wirrwarr bringen und die Fülle an Rezepten einordnen, sortieren, kuratieren – wie diesen hier:
Und natürlich war’s auch langsam mal fällig die bestehenden Artikelreihen zu Bartools oder Einkaufsführern zu erweitern. Jetzt, wo wir uns nicht mehr um einen großangelegten Relaunch, einen technischen Unterbau, den Import von fast 450 Rezepten und knapp 100 Artikeln oder ein neues Design kümmern müssen … ach ja, das Design. Wir haben ein neues Logo und jetzt auch tatsächlich mal sowas wie ein dazu passendes CI, eine Corporate Identity. Verrückt, oder? Damit’s nicht zu viel Umstellung auf einmal wird, bleibt immerhin mein Autorenfoto auf absehbare Zeit dasselbe. Aber wer weiß …