Was ist eigentlich … Hausschnaps?
Irgendwann Anfang der 2000er in einer unserer Lieblingskneipen in Regensburg. Der Euro ist noch so neu, dass er sich wie Spielgeld anfühlt. Wir bestellen: Hausschnaps – nicht als Stamperl, neudeutsch: Shot, sondern gleich die ganze Flasche. 0,5 Liter, irgendwas um die 30 Prozent, 12 Euro. Kleiner Preis bei stabiler Qualität: Der Hausschnaps dort war fruchtig, mit milder Süße, angenehm weich im Abgang. Qualitäten, die erfahrene Genießer auch weit über Regensburg hinaus mit dieser „Spirituosen-Kategorie“ verbinden. Das weiß auch der Platzhirsch „Prinz Hausschnaps“, der den Begriff quasi vereinnahmt hat: bei der wohl größten digitalen Verkaufstelle von Prinz Schnaps in Deutschland spielt der Kult-Obstler eine größere Rolle als das ganze gehypte Wacholder-Gedöns zusammen.
Und warum auch nicht? Hausschnaps ist und war verlässlich. Auch für uns damals in Good ol‘ Rainsborough, wie wir die Oberpfälzer Hauptstadt gerne nennen: Vier bis sechs nette Leute, vier bis sechs volle Gläser, ein perfekter Einstieg in den Abend. Damals dachten wir gar nicht groß drüber nach, was „Hausschnaps“ eigentlich sein soll. Heute sind wir an mehr interessiert als an einer guten Zeit. Und wir wissen: Der Begriff ist mindestens so vielseitig wie die Kneipen, Clubs und Gasthäuser, die ihn ausschenken.
Hausschnaps = der Schnaps des Hauses
Anders als bei klassischen, genormten Spirituosenkategorien gibt es kein festes Rezept, keine klassische Zubereitung, keine weltweit anerkannten Zutaten für einen Hausschnaps. Stattdessen ist das Prinzip so einfach wie charmant: Jeder Wirt, jede Wirtin kann entscheiden, welcher Schnaps als „Hausschnaps“ durchgeht. Oft ist es der Standard, den’s nach dem Essen gibt – mal aufs Haus, mal für kleines Geld, immer aber als freundlicher Abschluss. Daher auch der Name: Haus steht für das Gasthaus, Schnaps für … naja, Schnaps.
Was da konkret in Flasche und Glas landet? Variiert gewaltig. In Österreich und Süddeutschland gibt’s meist milde Obstler – Marille, zu Deutsch: Aprikose, Williamsbirne oder auch mal einen Zirbenschnaps, diesen herrlich waldigen Alpen-Exoten. Weiter nördlich kann es auch Korn oder Kräuterlikör sein. Wichtig ist nur: Der Hausschnaps soll allen schmecken. Nicht zu stark, nicht zu speziell, eher weich, rund, angenehm süffig.
In so manchem Dorf-Wirtshaus wird er fast zum Ritual: Ein ehrliches „Was gibt’s denn heut’ als Hausschnaps?“ gehört da fast schon zum guten Ton. Und je nach Gasthaus, Region oder Jahr kann sich der Hausschnaps auch mal ändern – je nachdem, was grade wegmuss, günstig war oder, bei den besseren Kneipiers, was bei den Gästen aktuell besonders gut ankommt.
Prinz Schnaps – die Hausschnaps-DNA aus Österreich
Der Ursprung des Hausschnapses liegt in der … na, wer errät es? In der Hausbrennerei. Früher war es ganz normal, dass Wirte selbst brannten oder zumindest einen lokalen Brenner beauftragten, einen Schnaps exklusiv fürs eigene Wirtshaus zu destillieren. Ein Aushängeschild, ein Stück Identität. Wer einen guten Hausschnaps hatte, konnte sich damit abheben, Gäste anlocken, Geschichten erzählen. Heute stehen in vielen Gasthäusern überregionale Produkte hinterm Tresen. Muss nichts Schlechtes sein – solange es passt. Und eine Marke kommt da so häufig ins Spiel, dass sie inzwischen auch gefühlt das gesamte Internet beherrscht, wenn man den Begriff googelt: Prinz.
Die Fein-Brennerei Prinz sitzt in Hörbranz, Vorarlberg – genau dort, wo Bodensee und Alpen zusammenkommen, eine Gegend die überregional für ihre Brennkunst bekannt ist. Seit über 130 Jahren brennt man in der Fein-Brennerei Obstbrände und Liköre aus heimischem Obst, kombiniert traditionelle Verfahren mit moderner Vakuum-Destillation. Das Ergebnis: milde, fruchtige Schnäpse, die auch Obstler-Neulingen den Einstieg leicht machen – wie eben ihr berühmter Hausschnaps.
Die österreichische Brennerei hat es geschafft, dieses Wort nahezu komplett zu vereinnahmen. Ihr eigener „Hausschnaps“ ist eine milde Marillenspirituose mit 34 Prozent, bekannt und beliebt vor allem in Après-Ski-Regionen und Gasthäusern, die auf bewährte Crowdpleaser setzen. Wer schon mal mit Skischuhen an der Bar stand, kennt den Schnaps: fruchtig, leicht süß, gefährlich gut trinkbar. Kein Wunder, dass viele mittlerweile denken, „Hausschnaps“ sei ein Markenname.
Warum er das nicht ist: Der Begriff „Hausschnaps“ ist so generisch wie „Hauswein“ oder „Hausmannskost“. Und solche Gattungsbegriffe sind markenrechtlich kaum schützbar – zumindest nicht ohne Zusatz. Das deutsche und europäische Markenrecht untersagt den Schutz von Begriffen, die die Ware selbst beschreiben oder im allgemeinen Sprachgebrauch stehen. Dass die österreichische Kultbrennerei trotz fehlendem Markenschutz so große Erfolge feiert, liegt daran, dass sie mit ihrem Schnaps früh den Nerv getroffen haben: mild, süffig, unkompliziert – genau das, was ein Hausschnaps sein soll. Andere Brennereien ziehen deshalb mit ähnlichen Produkten nach, die muss man aber schon aktiv finden wollen. Prinz Hausschnaps dagegen ist auch diesseits der Alpen breit verfügbar.
Hausschnaps – fast mehr Gefühl als Getränk
Am Ende ist der Hausschnaps ein Stück Wirtshauskultur. Egal ob Marille, Zirbe, Kräuter oder Korn – er steht für Geselligkeit, für den kleinen Schluck zum Abschluss, fürs gemeinsame Anstoßen. Vielleicht auch ein bisschen fürs Vergessen, was genau da eigentlich im Glas war – solange es gut war.
Wenn wir heute mal wieder in der alten Regensburger Kneipe landen, stehen hinter der Theke meist Studierende, die uns noch nie im Leben gesehen haben – und entsprechend fragen: „Was darfs sein?“ statt einfach die Flasche auf die Theke zu stellen. Aber spätestens wenn wir mit cringen Fingerpistolen etwas zu euphorisch „Hausschnaps, bitte!“ bestellen, ist klar: die komischen alten Kerle sind hier immer noch zu Hause.