Der Le Père Bis ist nicht nur ein herausragend guter Hot Drink, sondern ein kleines Stück flüssiger Zeitgeschichte. Okay, klingt jetzt sehr hochtrabend. Sagen wir: Barkultur-Zeitgeschichte. Wieso? Aus einer ganzen Reihe von Gründen: Er stammt aus dem Jahr 2006, also aus den Anfangszeiten, ja sogar Vorläufern des Bar- und Cocktail-Hypes der 2010er-Jahre. Er wurde entwickelt von Jim Meehan, einem der bekanntesten Apostel ebenjenes Bar-Hypes, der uns zum Beispiel auch den Mezcal Mule brachte. Und die Zutaten- und Aromenkombination des Le Père Bis ist ein ziemlich klares Kind ihrer Zeit.

Islay Whiskey – den trinken 2006 vor allem die Nerds, die sich zu Nerd für Gin sind, trifft hier auf Holunderblütenlikör, den man damals fast ausschließlich in Form von St. Germain bekommt, zumindest in brauchbarer Qualität. Glaubt man den Geschichten, galt das Zeug damals sogar als „Bartender’s Ketchup“, weil es einfach in jede neue Kreation mit hineinkam. Und den Honigsirup hat Meehans Kollege Sam Ross just ein Jahr zuvor im Penicillin-Cocktail mit Whisky kombiniert und dabei eine wohlig-warme Aromensymphonie für die Ewigkeit geschaffen. Das jetzt noch mit Kamillentee zu kombinieren ist ein nichts anderes als ein kleiner Geniestreich.

Warum dieses Rezept und kein anderes?

Weil Jim Meehan sich da was ganz feines ausgedacht hat, an dem es für uns nichts zu kritteln gibt. Was wir jedoch zugeben müssen: in der Praxis zelebrieren wir den Drink nur seltenst. Statt des Honigsirup geben wir einfach einen Löffel Honig ins Glas und rühren sehr gut um, der heiße Kamillentee bekommt den schon aufgelöst. Und auch die Zitronenscheibe mit den drei Nelken ist uns ein wenig zu viel Bastelarbeit, wenn wir eigentlich nur mit Buch, Fernbedienung oder Playstation Controller unter unserer Decke verschwinden und uns etwas Leckeres, heißes reingönnen möchten. Aber, aber: Aber! Wer den Le Père Bis für Gäste mixt, etwa bei einem gemütlich Outdoor-Get-together im Winter und alles in Ruhe vorbereiten kann, sollte sich die Mühe machen – allein schon für die ganzen Ahs und Ohs.

Die richtigen Zutaten für den Le Père Bis

Beim Kamillentee sind wir jetzt keine großen Koryphäen, aber im Prinzip tut es da jeder nicht-aromatisierte Beuteltee vom Discounter. Achtet darauf, dass keine künstlichen Aromen verbaut sind, dass sorgt schnell mal für ganz schlimme Fehltöne im Drink. Faustregel: Wenn einfach nur „Kamille“ draufsteht, wird’s schon passen, wenn die Packung in bunten Buchstaben „Frühlingsgefühle“ ankündigt, Finger weg. Honigsirup mixt ihr ganz einfach selbst, indem ihr zwei Teile Honig mit einem Teil Wasser vorsichtig erhitzt, in ein sauberes, heiß ausgespültes Fläschchen abfüllt und abkühlen lasst.

Kommen wir zum Schnaps. Beim Holunderblütenlikör ist auch fast 20 Jahre nach der Entstehung des Le Père Bis St. Germain die Flasche der Wahl – auch wenn der in der heutigen Bar- und Cocktaillandschaft nicht mehr ganz so vielseitig eingesetzt wird wie Mitte der 2000er. Aber hey, er macht tolle Hugos. Vielleicht kommen die ja bald wieder. Beim Whiskey raten wir zu etwas mildrauchigem wie einem Bowmore 12 oder einem Talisker 10 – auch wenn letzterer kein echter „Islay Whiskey“ ist, weil er eben von der Isle of Skye kommt. Ist eurem Kamillentee aber wumpe.

Einkaufsliste für den Le Père Bis

• Talisker 10 Whiskey*
• St. Germain Likör*
• Schicke Hot Drink-Tassen*
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