Last Word - noch Cocktail oder schon Kategorie?

Last Word: Noch Cocktail oder schon Kategorie?

Das letzte Wort ist noch nicht getrunken. Das wird der Schlusssatz dieses Artikels, aber weil wir Angst haben, dass ihr das Ding nicht zu Ende lest, eröffnen wir auch damit. Und irgendwie ist das ganz passend, dieses „hinten anfangen“; denn als Murray Stenson aus dem Zig Zag Café in Seattle Anfang der 2000er den Last Word Cocktail ausgräbt, da ist der wenig mehr als eine Randnotiz in der Cocktail-Geschichte. Anfang der 1910er erfunden, wieder verschwunden, 1951 von Ted Saucier in seinem Buch Bottoms Up! breit veröffentlicht, wieder verschwunden und schlussendlich von Murray mit großem Erfolg in seiner Bar wiederbelebt. Diesmal? Ist der Drink gekommen, um zu bleiben.

Dass sich vor allem Bartenderinnen und Bartender in das Teil verlieben, hat vermutlich mit folgenden Gründen zu tun, zumindest in Teilen:

  • Es ist Chartreuse drin. Bartender lieben das.
  • Es ist Maraschino drin. Lieben Bartender auch, vor ein paar Jahren sogar noch mehr.
  • Es ist Gin drin – Bartender lernten ein paar Jahre später, den zu hassen, weil Gäste anfingen, ihn zu lieben.
  • Er besteht aus gleichen Teilen, genau wie ein Negroni, nur eben mit einer Zutat mehr: 1 Teil Chartreuse Verte, 1 Teil Maraschino, 1 Teil Gin, 1 Teil Limettensaft. Das kann man sich gut merken.

Letzteres klingt banal, hat aber vermutlich schon beim Negroni nicht unbedingt wenig zur Renaissance beigetragen. Was ich nicht nachschlagen muss, kann ich schneller nachmixen. Und genau wie beim italienischen Aperitif-Klassiker regt die simple Formel jeden Barmenschen und dessen Oma zu kreativen Ergüssen an, die auf genau diese Formel aus Spirituose + Likör + Likör + Limette setzen. Mit großem Erfolg: Der olle Simon listet auf seiner Seite über 40 Varianten Last Words auf. So viele haben wir hier nicht – aber dafür die besten 7:

Last Word – Detroit, Zig Zag und die große Wiedergeburt

Die älteste bekannte Spur führt ins Detroit Athletic Club, Anfang der 1910er. Später wird der Last Word in Ted Sauciers Buch „Bottoms Up!“ von 1951 festgehalten – und gerät danach erneut für Jahrzehnte in Vergessenheit. Erst Anfang der 2000er gräbt ihn Murray Stenson im Zig Zag Café in Seattle aus und macht ihn zum gefeierten Liebling unter Barkeepern. Das Erfolgsgeheimnis: die absolut eingängige 1:1:1:1-Formel (Gin, Chartreuse Verte, Maraschino, Limettensaft) liefert trotz ihrer Einfachheit eine irre Komplexität. Die kräutrige Würze des grünen Chartreuse harmoniert mit dem nussig-kirschigen Maraschino, der Gin sorgt für das Rückgrat – und die Limette schwingt mit knackiger Säure den Taktstock. Ein Drink, der einst gleich zwei Mal in der Versenkung verschwand und es sich nun dort bequem macht, wo er hingehört: ganz oben auf (zumindest unserer) Cocktail-Bestenliste.

Final Ward – Das Letzte Wort an der Whiskey-Front

Bartender Phil Ward aus dem New Yorker „Death & Co.“ nahm den Last Word, kippte Gin und Limette vom Tresen und stellte Chartreuse und Maraschino würzigen Rye Whiskey und Zitrone an die Seite. Ergebnis: Ein Drink mit den besten Eigenschaften von Samt und Schleifpapier. Chartreuse und Maraschino harmonieren weiterhin prächtig, aber die Würze des Roggens und die leichte Süße der Zitrone verleihen dem Cocktail einen herbstlich-erdigen Charme. Ein Drink für alle, denen Gin einfach zu brav ist – und die das „letzte Wort“ gern mit einem Schuss Kraft in den Abend rufen.

Industry Sour – Fernet, Kräuter & ein ganzer Batzen Charakter

Als ein echter Insider-Drink wurde der Industry Sour ursprünglich für Bartender nach Feierabend gemixt – mit einem ordentlichen Schuss Fernet Branca, der dem Drink eine kräftig-bittere Würze verpasst. Die Basis bleibt trotzdem der Last Word, also Chartreuse Verte, Maraschino und Limettensaft, nur dass Gin nun den Barhocker räumt. Diese Kombination aus Kräutrigkeit, Bitterkeit und von Bartendern und Bartenderinnen gefeierter Fernet-Power sorgt für einen Drink, den man am ehesten als „eigenwillig, aber auf die gute Art“ beschreiben kann. Wer das leicht exzentrische Zusammenspiel mag, erlebt hier den Last Word auf die vielleicht spannendste, auf jeden Fall aber wildeste Weise.

Last of the Oaxacans – ¡Ay caramba! Wenn der Last Word Feuer fängt

Wer den Last Word rauchig mag, wirft Gin kurzerhand aus dem Drink und ersetzt ihn durch Mezcal – und plötzlich ist der Cocktail-Stil aus Detroit ein cooles Stück Mexiko. Die unverwechselbare Rauch-Note verbindet sich mit Chartreuse und Maraschino zu einem geschmacklichen Neuland, in dem Limette als knackige Gegenspielerin für Balance sorgt. Besonders spannend: Der Drink muss gar nicht super-kräftig ausfallen. Schon ein dezenter Mezcal reicht, um dem Klassiker einen wilden Twist und eine ganz eigene, würzig-rauchige Persönlichkeit zu verpassen. Will man die Rauch-Ladung hochfahren, nimmt man einfach einen Mezcal mit mehr Wumms – fertig ist der richtige Last Word für harte Revolverhelden und- heldinnen (und alle, die gerne so tun als ob).

Paper Plane – Mit 1:1:1:1 auf Überholspur zum Neo-Klassiker

Der 2008 von Sam Ross in New York erschaffene Paper Plane setzt auf eine ähnliche Bauweise wie der Last Word, tauscht aber Chartreuse und Maraschino gegen Amaro und Aperol. Dank Bourbon und Zitrone entsteht ein cooler Spagat zwischen süß, bitter und sauer, der den Cocktail in Windeseile zum modernen Klassiker gemacht hat. Wer sich nicht zwischen leichtem Sommerdrink und tiefgründigem Schluck entscheiden kann, steigt in diesen Flieger ein – und weiß bei der Landung: So schmeckt die Zukunft der 1:1:1:1-Rezepte.

Naked & Famous – Frech, rauchig und ziemlich angezogen von Aperol & Chartreuse

Ersonnen von Joaquín Simó im New Yorker „Death & Co“ ist der Naked & Famous so etwas wie das wilde Liebeskind aus Paper Plane und Mezcal Last Word. Dieses 1:1:1:1-Rezept setzt ganz auf die Kombi aus rauchigem Mezcal, bitter-fruchtigem Aperol, samtigem Chartreuse und frischer Limette – und liefert einen zugleich leichten wie außergewöhnlich aromatischen Drink. Wer sich nicht zwischen rauchig, kräutrig und sommerlich-bitter entscheiden kann, sollte sich hier unbedingt nackig machen. Zumindest im übertragenen Sinne.

Ultima Ord – Das letzte Wort in eigener Sache

Bei diesem Cocktailbart-Eigengewächs verbinden wir die DNA des Last Word – Gleichteile-Formel und maximaler Aromenspaß – mit einer Extraportion Genie (also Einbildung) aus unserer hauseigenen Versuchsküche. „Ultima Ord“ bedeutet so viel wie „Das letzte Wort“, nur eben auf Skandi-Chic oder jedenfalls irgendwie nordisch angehaucht. Statt Standard-Gin und Maraschino stehen hier kümmeliger Aquavit und der Bergamotte-.Likör Italicus auf der Tagesordnung, der die Zitrusnoten nochmal um eine andere Dimension ergänzt. Das Resultat: ein köstlicher Hybrid aus nordischer Kühle und alter Schulen und.

Wenn’s um spannende „Haste-noch-nicht-getrunken“-Erlebnisse in einfach zu merkenden Formeln geht, werdet ihr hier sicher fündig – wobei wir uns sicher sind: Das letzte Wort ist noch nicht getrunken!

Aufmacherbild mit Hilfe von KI erstellt.


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