Ölmalerei eines Negronicocktails, erschaffen 2025 von Kunibert Ingrimm.

„Bitte ein Negroni, aber ohne Negroni.“

Der Autor dieses Artikels brauchte sehr, sehr, sehr lange, um sich mit Negronis anzufreunden – lag weniger am Cocktail an sich, als vielmehr an seiner wohl wichtigsten Zutat: dem Campari. Auch wenn es heute eine Vielzahl an Negronis und Negroni-Variationen gibt, die ohne den knallroten Likör auskommen: nicht ohne Grund sind die beiden so untrennbar miteinander verbunden und nicht ohne Grund gilt der Negroni als bekanntester Signature Drink der Welt.

Inzwischen bin ich durchaus Fan, was vor allem daran liegt, dass ich irgendwann verstanden habe, dass man sich gar nicht sklavisch an die 3:3:3-Formel halten muss. Man kann da ungeniert mehr Gin und Wermut reinschütten und die Campari-Polizei bekommt es gar nicht mit. Sapperlot. Trotzdem ist es genau diese Formel, die für viele Bartenderinnen und Bartender das Kernelement des Cocktails zu sein scheint. In den letzten Jahren nannte sich deshalb plötzlich alles, was in diesem Verhältnis ineinandergerührt wurde, Negroni – und nicht immer bedeutete das dann auch eine Kombination aus Likörwein, harter Spirituose und Bitterlikör, was ja sogar noch Sinn ergeben würde.

Aber wir möchten gar nicht meckern, sondern uns lieber die Highlight-Drinks anschauen, die aus diesem Wahnwitz hervorgegangen sind – oder zumindest die Drinks, die wir dafür halten und mit denen wir uns beschäftigt haben. Denn auch, wenn wir uns sicher sind, dass da noch viel Quatsch nachkommt, sind wir uns genauso sicher, dass da noch viele wunderbare Negroni-Twists auf uns warten.

Das Original

Der echte, absolut erste, originale Negroni. Wenn ich mich recht erinnere, nannte in Joerg Meyer auf seiner Karte mal eine Negroni Week lang den „Benchmark Negroni“, um die Leute dazu anzuregen, erst den zu trinken und dann die neuesten Variationen im Menü. Können wir als To Do für nächsten Samstag unter Zuhilfenahme dieser Seite übrigens empfehlen.

Boulevardier – der mit Bourbon

Womit auch eigentlich alles gesagt wäre. Außer man ist Cocktail-historisch interessiert – dann kann ein Abstecher zu den Jungs von Bar-Vademecum nicht schaden. Aromatisch ist der Boulevardier durchaus spannend, verliert für uns dank der Fass-Aromen des Whiskeys aber ein bisschen diese Aperitivo-Frische im Vergleich zur Gin-Version.

Old Pal – der mit Rye Whiskey

Man kann vortrefflich darüber diskutieren, ob das Ding einen anderen Namen braucht, nur weil ein anderer American Whiskey drin ist. Zumindest, wenn man keine Ahnung von American Whiskey hat. Die Würze des Rye Whiskeys macht den Old Pal zumindest für mich persönlich zum besseren Boulevardier.

Kingston Negroni – der mit Jamaica Rum

2009 entwickelt von Bartender Joaquín Simó, nachdem der an einem Smith & Cross Jamaica Rum genippt hatte. Er tauscht schlicht den Gin durch Jamaica Rum aus und erzielt damit einen ähnlichen Effekt wie beim Boulevardier – nur, dass durch den Rum-Funk ein absolut eigenständiger Drink herauskommt, der durchaus Aperitif-Charakter hat.

East India Negroni – der komplexere mit Rum

Jim Meehans Variante eines Rum Negroni setzt auf vielviel Rum und nur wenig Campari und East India Solera Sherry statt süßem Wermut. Der Fokus auf den harten Spirit und der vielschichtige, süße Sherry machen den Drink deutlich komplexer und spannender als den Kingston Negroni. Dafür verlangt der East India Negroni aber etwas mehr Feingefühl bei der Rum-Auswahl und bleibt eher was zum Denken statt zum Genießen.

Negroni Bianco – der Weiße

Bianco oder Blanche Negronis gibt es viele und zugegeben auch sehr viele gute. Wichtig ist, dass ein guter, weißer Bitterlikör, ein guter, weißer Likörwein und eine gute, harte Spirituose im Glas landen, dann passt meist auch das Ergebnis. Unser Favorit setzt auf Suze, Quinquina und Gin.

Trident – der mit Aquavit

Das kleine Aquavit-Wunder von Robert Hess ist einer der komplexesten Negroni-Twists auf dieser Seite, einer der besonders viele Dinge anders macht als das Original. So wird er in der Coupette ohne Eis serviert und tauscht nicht nur den Gin gegen Aquavit, sondern auch gleich noch den Wermut gegen Sherry und den Campari gegen Cynar. Das Ergebnis ist eine aromatische Wucht, die man nicht mögen, aber probiert haben muss.

Negroni Sbagliato – der mit Schaumwein

Der Legende nach krallte sich Bartender Mirko Stocchetto in den 70ern versehentlich die Prosecco-Buddel statt der Gin-Flasche und erschuf so den Negroni Sbagliato – den „falschen“ Negroni. Wie man Gin und Schaumwein verwechseln kann, ist uns zwar ein Rätsel, aber wen interessiert’s angesichts dieses fantastischen Ergebnisses?

Enzoni – der Negronitwist, der keiner ist

Ein toller Aperitif auf Basis von Gin und Campari, der aromatisch durchaus Negroni-Anleihen hat, aber eigentlich eher ein Sour oder sogar Punch ist. Wir packen ihn nur hierhin, damit später keiner von euch meckert.

Five Point Palm Exploding Heart Technique – der mit Mezcal

Erick Castro schüttet hier Mezcal, Kaffeelikör und Punt e Mes zu einem Drink zusammen, der nur noch entfernt dem klassischen Negroni-Template folgt, mal abgesehen davon, dass er aus drei Zutaten besteht. Okay vier, weil Schokoladenbitters reingehören. Trotzdem erwartet euch hier ein mexikanisch angehauchter Aperitif, der einiges zu bieten hat.

Dreadlock Holiday – der weiße mit Rum

Rum aus Jamaica trifft Suze, den Enzianlikör aus der Schweiz. Dazu noch ein kleines bisschen weißer Wermut und fast wäre sie fertig die Laube. Aber ein kleines Barlöffelchen Ananaslikör macht aus diesem Drink etwas ganz Besonderes, das mühelos zwischen mediterraner Kraft und karibischer Leichtigkeit hin- und hersegelt.

Fairytale Negroni – der von Cocktailbart

Zugegeben, für einen Negroni ist dieser fruchtige Cocktail aus Pampelle, Rose-Wermut und Himbeer-Gin ein wenig arg „pink“, aromatisch wie in der Deko. Aber wir haben ihn selbst erfunden, finden ihn gut und sind nach wie vor stolz drauf, dass er so hübsch ist. Verklagt uns halt.

Aufmacherbild mit Hilfe von KI erstellt.


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