Wenn man von High Ester Rums spricht, dann folgen in den meisten Fällen nur fragende Blicke. Wer ist Ester? Warum ist sie high? Wo ist sie gegengerumst? Ein gewisser Teil eingeweihter Rum-Nerds dagegen weiß sofort: Aha, hier geht es um Rum mit extrem vielen Oxosäure-Alkohol-Verbindungen, die Nummer wird stark nach vergorenem Obst und ein bisschen nach Uhu riechen, super Sache das. Aber auch diese Gruppe von Menschen erwartet angesichts der großspurigen Ankündigung eines “High Ester Rums” meistens eher einen sortenreinen, gereiften Rum von der Insel Jamaica oder aus einem der französischen Übersee-Départements.
Der Rum Artesanal Burke’s Rum allerdings ist ungereift, sprich: weiß, und er vermischt Jamaica Rum mit Rum von der (ja: französischen) Insel La Réunion zu einem Ester-Schwergewicht von 444 g/HLPA. Sprich in einem Hektoliter puren Alkohols aus diesem Stoff sind 444g Ester enthalten. Klingt nach wenig, aber übersetzt bedeutet das so viel wie: der riecht echt ziemlich heftig nach Banane, Ananas und ja, auch auf gewisse Art nach Klebstoff. Jetzt gab es zwar schon den einen oder anderen weißen Rum mit so viel Aromen-Power, aber meist als limitierte Abfüllung und schweineteuer, wir sprechen hier von 50 Euro aufwärts. Burke’s White Blend von Rum Artesanal dagegen ist bezahlbar, breit verfügbar und eben ziemlich kräftig. Stellen sich drei Fragen: Wer macht den? Wie schmeckt der genau? Was mache ich damit? Die Antworten:
Die Story hinter Rum Artesanal Burke’s White Single Blended Rum
Rum Artesanal ist ein unabhängiger Rum-Abfüller, das Unternehmen kauft Rum von Destillen und Händlern und füllt ihn unter eigener Flagge ab. Von diesen unabhängigen Abfüllern gibt es weltweit einige große, bekannte, “RA”, wie Rum Artesanal oft abgekürzt wird, stammt aus Deutschland, ist erst ein paar wenige Jährchen alt und gehört zur altehrwürdigen Marke Rum Albrecht/Heinz Eggert Spirituosen. Ein eher bescheidenes Unternehmen, das bevorzugt mit Produkten überzeugt, statt mit – sorry, wenn ich das so sagen muss – Webseiten aus diesem Jahrtausend. Als Rum Artesanal 2015 mit irre guten, irre fair bepreisten Single Cask-Abfüllungen großer Destillen startet, gibt es online kaum bis keine Hinweise über das Unternehmen – wer was wissen will, muss anrufen oder seinen Fachhändler fragen. Inzwischen hat RA zwar eine eigene (moderne!) Webseite, macht aber auch hier kein großes Fass auf. Also schon, aber … Ihr wisst schon.
Jedenfalls sind fair bepreiste (aber deswegen längst nicht günstige), hochklassige Einzelfässer immer noch das Haupt-Tagewerk von Rum Artesanal. Trotzdem hat man mit dem Burke’s Rum jetzt auch einen breit verfügbaren Blend auf dem Markt, der nicht nach spätestens 400 Flaschen für immer verschwunden ist. Gut, er ist nach 2.000 Flaschen für immer verschwunden – aber in dieser Welt gilt das als breit. Außerdem sollen weitere Chargen in leicht veränderter Blend-Zusammensetzung folgen – und noch ein paar andere Leckereien.
Der Name des Blends “Burke’s” bezieht sich auf einen unabhängigen Abfüller aus Jamaica, gestartet 1878 in Kingston, Jamaiaa als Burke & Brother Limited. Seit 1984 gehört die Marke zu Rum Albrecht. Mit diesem White Blended Rum wurde sie wiederbelebt und soll weiterhin dem alten Muster aus dem 19. und 20. Jahrhundert folgen: unverfälschter Jamaica Rum über 40%, ohne irgendwelche Zusatzstoffe, Farbe oder Zucker, nur eben als Blend. In diesem Fall mit einem Rum der französischen Insel La Réunion – die ähnlich wie Jamaica für ziemlich Ester-lastige Rums steht. Die Kombo schmeckt dann so:
So schmeckt Rum Artesanal Burke’s White Single Blended Rum
Einen 61%-igen weißen Rum würde man sich unter normalen Umständen nicht zum Pur-Genuss reindonnern. Auch nicht in einer derart gehobenen Qualität aus den Lagerhallen eines Hauses, dass dafür bekannt ist, herausragend gut Fässer aussuchen zu können. Entsprechend empfiehlt sogar das Rücketikett der Buddel den Einsatz in Daiquris, Mojitos und Rum Mules. Trotzdem sollten wir natürlich drüber reden, wie genau sich 444 g/HLPA so auf der Zunge anfühlen.
Kurz gesagt: viel zärtlicher als man zunächst meint. Schon in der Nase sind da zunächst die erwarteten vergorenen Bananen, etwas Ananas und ein Hauch Rauch und Klebstoff, zusammen mit einem Anklang von roten Beeren, der dem Burke’s etwas fast schon Verspieltes verleiht. Vor allem aber riecht er nicht beißend, was man bei so viel Alkohol erwarten würde, sondern regelrecht warm. Am Gaumen, da ist er freilich kräftig. Und wer keine puren Fassstärken gewohnt ist, für den ist das sicher immer noch heftig – aber für 61% ist das Butter. Ananasgummibärchen, wieder viel Banane, etwas Pfirsich, dazu wieder etwas Rauch und spätestens dann Nachklang Himbeeren. Schönes Ding.
Papa’s Piñata | Cocktail-Rezept mit Rum, Mezcal & Sherry
Papas Piñata ist ein intensiver Cocktail, der die kräftigen Aromen des Rum Artesanal Single Blended mit frischen Zitrusnoten und einer subtilen Süße kombiniert. Die ausgewogene Mischung aus fruchtigen und würzigen…
Jetzt mixenWas mixt man mit dem Burke’s White Rum?
Mojitos, Daiquiris und Rum Mules mit Limette und Ginger Beer, steht doch drauf. Und alles drei gelingt damit hervorragend. Angesichts der 61% Alkohol liegt es nahe, die Menge an Rum im Cocktail runterzufahren. Schließlich hat man mit den vollen 6 cl Rum im Daiquiri quasi 1,5 normale Drinks im Glas und superaromatisch ist er auch. In manchen Drinks arbeiten wir deshalb auch mit einer Splitbase aus Burke’s und einem anderen Rum – aber in Mojitos, Daiquiris und Rum Mules eben nicht. Aus Prinzip nicht. Die drei funktionieren mit dem weißen Blend so irre gut und sind so besonders und einzigartig (vor allem der Daiquiri!) dass wir da nichts verschneiden wollen. Auch ganz fantastisch: ein East India Negroni. Da kann der RA Burke’s aber durchaus den Sherry und den Campari übermannen, das hängt ein bisschen von der Verdünnung und euren Geschmacksknospen ab (was Fancy Talk ist für: wir sind uns intern uneinig, ob das brillant oder zu heftig ist).
Natürlich probieren wir uns auch an eigenen Drinks, zwei davon haben uns besonders gut gefallen. Der Jimmy’s Bambo ist ein Joint Venture aus Bamboo und dem Damn it Jimmy, aus jeweils 3 Teilen Fino Sherry und trockenem Wermut, 1 Teil RA Burke’s, 2 Tropfen Salzlösung und 3 Spritzern Olivensalz. Ein gerührter Drink, der vor allem Freunden von durchgeknallten Martini-Varianten Freude bereiten sollte. Zugänglicher aber in Sachen Zutaten dafür ein gutes Stück exotischer: der Love Triangle.
Rum Artesanal gibt’s unter anderem im Perola-Shop.