Eine Flasche Whisky mit der Beschriftung "Pilz german Single malt Whisky".

Pilz Whisky German Single Malt pur und im Cocktail-Test

Wer Alex Pilz nicht kennt, dem schießen angesichts des Namens dieses Whiskys die wildesten Assoziationen durch den Kopf: Was für ein Pilz bitte? Der Hefepilz von der Fermentation? Oder mazerieren hier die Schwarzbrenner Omas Beute vom letzten Ausflug in die Schwammerl? Aber aufmerksame Cocktailbart-Leser und vieleviele Menschen, die im Norden Deutschlands schon mal ein Whisky-Tasting besucht haben, kennen Alex Pilz und erahnen angesichts der unaufgeregt-klaren Optik mit Stil und der Ansage von 47%, dass hier viel Persönlichkeit in der Flasche steckt. Alex hat sich mit Pilz Whisky den Traum vom eigenen Destillat erfüllt und viel Zeit, Liebe und wie das bei gereiften Spirituosen so ist: auch Hoffnung reingesteckt. Wir durften den auf 334 Flaschen limitierten Batch No. 1 seines Whiskys probieren – und weil wir’s kaum aushalten konnten, haben wir den ersten Sip genommen, bevor wir irgendwas über das Produkt wussten. Diese Erfahrung teilen wir gerne mit euch – und fangen deshalb heute mal mit der Verkostung an.

Die Flasche für dieses Tasting wurde uns für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, Bedingungen an einen eventuellen Artikel gab es nicht.

So schmeckt Pilz Whisky German Single Malt

Der Whisky schwenkt sich angenehm viskos und gibt dabei fruchtige Noten frei, bleibt aber zunächst ein wenig zurückhaltend. Pfirsich und ein Hauch von grüner Apfel sind unsere ersten Assoziationen, begleitet von einer angenehmen Trauben-Note und einer schwierig zu greifenden floralen Aromatik, die wir am ehesten als “weiße Blüten” beschreiben würden. Am Gaumen ist er auf angenehme Art fordernder, die 47% sind sehr gut eingebaut, aber er wirkt dominanter als die Nase vermuten ließ. Trockenfrüchte und Sherry bemerken wir sofort, gepaart mit einer bittersüßen Note, die uns kurz an einen spanischen Brandy denken lässt. Trauben tanzen die Zunge entlang, gabeln unterwegs ein wenig Malz auf und verabschieden sich im Abgang mit Eiche und einem Anklang von Nuss. Schon schön.

Wir verkosten den Pilz Whisky zunächst pur.
Wir verkosten den Pilz Whisky zunächst pur.

Wirklich guter Whisky also – aber wer ist Alex Pilz?

Man muss Alex nicht kennen, um seinen Whisky zu verstehen, aber es hilft. Kurzfassung: Nach dem Abi geht’s für ihn nach Schottland, wo er Single Malt zu schätzen lernte und sich schließlich als Bartender in Edinburgh niederlässt, um von dort aus die Whiskyregionen des Landes zu erforschen. Wieder in Deutschland arbeitete er weiterhin als Bartender, bereiste auf der MS Europa 2 Cocktails shakend die Welt und veranstaltet Spirituosen-Tastings mit jeder Menge guter RumsGins und natürlich Whiskys in ganz Norddeutschland. Für seinen Pilz Whisky holt er sich Unterstützung von der Rittergutsmanufaktur Lüning in Sulingen, die Pilz Whisky nach seinen Vorstellungen umsetzt.

Alex Pilz liebt guten Whisky - nicht nur seinen eigenen.
Alex Pilz liebt guten Whisky – nicht nur seinen eigenen.

So wird der German Single Malt hergestellt

Aber was passiert, wenn ein Scotch-vernarrter Hamburger seine beiden Heimatwelten gleichzeitig auf die Flasche ziehen will? Zum einen setzt er ausschließlich auf norddeutsche Gerste, damit das Teil auch ordentlich Terroir hat. Gebrannt wird auf der Copper Pot Still, in Handarbeit, versteht sich. Übrigens genauso wie beim Abfüllen und Etikettieren. Das “Manufaktur” meint die Brennerei höchsternst. Für die Reifung geht’s dann 3,5 Jahre in American Oak Barrels und ein halbes Jahr zum Finish in 60 Liter-Fässer, die zuvor Oloroso- und Pedro-Ximénez-Sherry beheimatet haben. Durch das kleine Volumen ist ein hoher Kontakt mit dem Fass sichergestellt – was der Grund dafür sein dürfte, dass Pilz Whisky derart viel Frucht mit sich rumträgt, dass wir ihn in einer Blindverkostung für einen guten Cognac gehalten hätten.

Apropos Blind: Bei diesem Whisky gilt “What you see is what you get”; Farbstoffe kamen nicht zum Einsatz, kühlfiltriert wurde auch nix. Die 334 Flaschen des limitierten ersten Batches landen also absolut unverfälscht und mit kräftigen 47% in der Flasche. Trotzdem fragen sich an der Stelle sicher einige, wieso die 0,5 Liter auf gehobene 59 Euro rauslaufen. Kurzfassung: wer wenig bestellt – Gerstenmalz, Sherryfässer, Lagerplatz – der bezahlt mehr. Die Basis-Kosten für Pilz Whisky sind einfach deutlich höher als bei so manch anderem Whisky mit einer Auflage von Tausenden oder gar Hunderttausenden Flaschen. Dazu kommt Handarbeit und die Geheimzutat Liebe. Wir hoffen also auch, aber bei Weitem nicht nur des Preises wegen, dass Alex es langfristig nicht bei nur einem Whisky belässt … *zwinkizwonki*

So trinken wir Pilz Whisky

Wer ihn pur genießt, kann guten Gewissens auf Eis verzichten, der Alkohol sorgt im Antrunk für ein kurzes Lippenbitzeln, alkoholisches Brennen nehmen wir keines wahr. Wärme tut ihm im Gegenteil ganz gut, genau wie Zeit zum Atmen. Haltet das Glas ruhig mal 10 Minuten in der Hand während ihr ein gutes Buch lest, eure Lieblingsserie guckt oder einhändig Cocktailbart-Artikel kommentiert – Pilz Whisky wird in dieser Zeit noch fruchtiger, vor allem die sonst sehr subtilen Zitrusnoten kommen so deutlich stärker zur Geltung.

Apropos Zitrusnoten: Für einen Malt Whisky Sour ist der Pilz Whisky ein wenig zu fragil, was an ihm Spaß macht, kommt da wenig durch. Funktioniert dagegen hervorragend: ein Old Fashioned oder ein Rob Roy. Gut, ein Rob Roy ist’s mit deutschem Single Malt eigentlich nicht. Nennen wir ihn spaßeshalber Kaspar Hauser – am Originalrezept aus unserem Artikel rütteln wir allerdings nicht, das funktioniert mit diesem Whisky ganz hervorragend. Auch schön: eine Lohbrügge Lemonade. Damit euch die so viel Spaß macht wie uns, braucht ihr eine möglichst authentische, nicht zu süße Zitronen-Limo, etwa von  La Mortuacienne. Dann zeigt die Hamburger Edition des American Whiskey-Klassikers und vor allem Pilz Whisky, was er in luxuriös schlichten Cocktail so draufhat.

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