Der Plantation Xaymaca Extra Dry im Alarmed Iguana mit Zitrone, Birnensaft und Chili-Zimt-Nelken-Sirup.

Plantation Xaymaca Extra Dry und der Alarmed Iguana

Plantation kennt man als Rum-Fan – das sind die mit dem Bast um die Flaschen. Als Cocktailbart-Leser ist einem die Marke des Cognac-Hauses Ferrand auch schon ein paar Mal über den Weg gelaufen. Das grobe Konzept lässt sich so zusammenfassen: Man nehme guten Rum aus der Karibik, hole ihn nach Frankreich, reife ihn dort im Cognac-Fass noch etwas nach und bringe dann einen Rum auf den Markt, der den Charakter seines Ursprungslandes zeigt, aber eben auch ein bisschen filigraner ist, französischer. So hat man das auch beim Plantation Xaymaca gemacht – und doch ist da alles irgendwie ein bisschen anders.

Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Ferrand Deutschland zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.  

Und damit meinen wir nicht nur den seltsamen Namen: Xaymaca ist das arawakische Wort für  Jamaika. Die Arawak waren die ursprünglichen Bewohner der Insel und in ihrer Sprache bedeutete ihr Name so viel wie Holz- oder Wasserland. Auch beim Label geht Plantation Ferrand komplett neue Wege: Nicht nur gibt man neuerdings (wie schon bei den Vintage Editions Peru und Fiji) die Destillerien an, aus denen der Rum stammt, sondern auch den Zuckergehalt und diverse weitere Infos. Tja und den Zusatz “Extra Dry”, was bei den Zucker-Hardlinern der Rum-Welt für spannende Reaktionen sorgen dürfte. Aber der Reihe nach.

Die Story hinter Plantation Xaymaca Extra Dry

Den Xaymaca muss man aus diversen Blickwinkeln betrachten, um ihn vollständig zu verstehen. Da wäre zum einen die Sache mit den Destillerien. Unter Führung von Master Blender Alexandre Gabriel kaufte Maison Ferrand 2017 die West Indies Rum Distillery auf Barbados – ein Unternehmen, das vor allem viel Bulk Rum an andere Rum-Abfüller verkauft. Dabei kamen jedoch auch Anteile an den jamaikanischen Destillerien Long Pond und Clarendon (kennt man vor allem für Monymusk Rums) mit rum. Die nutzt man jetzt eben für einen direkten Draht zum Jamaika-Rum.

Jamaika-Rum wiederum ist eine Besonderheit unter den Rum-Sorten, der Grund dafür sind die sogenannten High Ester-Rums: Rums mit einer besonders hohen Konzentration von Ester-Verbindungen haben starke Noten von Klebstoff, Banane und generell vergorenem Obst – die Ausweisung der Gramm pro Hektoliter etwa bei Einzelfass-Rums aus der Hampden Distillery sind Dreh- und Angelpunkt diverser Rum-Nerd-Diskussionen. Sepo von Galumbi.de vergleicht es sehr treffend mit Islay in der Welt des Whiskys, wo die ppm-Zahl (die gibt an, wie rauchig das Zeug ist) zuweilen wichtiger werden kann als die Frage, ob das Destillat eigentlich schmeckt.

Obwohl der Xaymaca mit seinen 156 g/hl nicht gegen die teils über 550 g/hl diverser High-Ester-Rums anstinken kann, schreibt er sich die Zahl stolz auf’s Etikett, zusammen mit der Zahl “0” hinter “Dosage:” (der Zuckerbeigabe) und sogar die Volatile Compounds gibt er an – flüchtige Verbindungen, sprich Säuren und andere Alkohole, die den Geschmack wohl maßgeblich mitbeinflussen. Und dieses “Extra Dry”, das der Fat Rum Pirate als sanftes “Fuck you!” in Richtung der Zuckerkritiker interpretiert. Nun, wenn das jemand guten Gewissens darf, dann wohl Plantation, die aufgrund der Cognac-Herkunft zwar viel mit Zucker arbeiten (oder zuletzt eher: gearbeitet haben), aber daraus auch nie einen Hehl gemacht haben.

Plantation Xaymaca Rum in einer Piña Colada.
Plantation Xaymaca Rum in einer Piña Colada.

So setzt sich der Xaymaca-Blend zusammen

Es bleibt festzuhalten: das Etikett ist transparent bis an die Grenzen des Möglichen. So erfahren wir etwa auch, dass der Rum sich aus je zwei Rums aus Clarendon und Long Pond zusammensetzt – alle auf Pot Stills gebrannt, auf einer Vendome in Clarendon und einer John Dore in Long Pond. Informationen, die man sonst eher auf Single Cask Rums erwartet. Nur die kryptischen Zeichen für die vier einzelnen Rums lassen sich nicht ohne Recherche entschlüsseln. Hier wissen zum Glück Insider wie Cocktailwonk Genaueres:

  • Clarendon EMB: 65%, knapp 3 Jahre gereift, davon weniger als eines in der Karibik, 125 bis 175 g/hl Ester
  • Clarendon MLC: 70%, knapp 3 Jahre gereift, davon weniger als eines in der Karibik, 500 bis 600 g/hl Ester
  • Long Pond VRW: 70%, knapp 3 Jahre gereift, davon weniger als eines in der Karibik, 150 bis 250 g/hl Ester
  • Long Pond STC^E, 60%,  knapp 9 Jahre gereift, davon 8 in der Karibik, 550 bis 650 g/hl Ester

Zumindest der erste Batch des Xaymaca hat laut Cocktailwonk auch Anteile eines 17jährigen Long Pond, der dazu benutzt wird, den Blend abzurunden, allerdings nicht auf dem Label auftaucht, weil er in späteren Auflagen durch andere Rums ersetzt werden könnte, die den Job genausogut oder vielleicht sogar besser machen. Da der Xaymaca zum Kernportfolio gehört und über die nächsten Jahre verfügbar sein wird, muss man bei einem Naturprodukt wie Rum mit solchen Modifikatoren arbeiten, um gleichbleibenden Geschmack zu erzeugen. Wenn das einfach wäre, bräuchte man schließlich keinen Master Blender. Aber genug Theorie; Zeit zu probieren, wie der Mann seinen Job gemacht hat.

So schmeckt der Plantation Xaymaca

Wenn man schon an ein paar Rums geschnuppert hat, enttarnt man diesen hier schnell als Jamaikaner: Eine ganz sanfte Nagellacknote von den Estern trifft auf saftige, überreife Früchte. Bananen und Birnen, dazu eine kräftige Portion Waldhonig. Sanfte Anklänge von Eiche und Rauch lassen sich erschnuppern. Das Aromenprofil ist damit zwar klar jamaikanisch, aber lange nicht so brachial-intensiv wie die gängigen Vertreter.

Nase: Ester, überreife Früchte, Bananen, Birnen, Waldhonig, Eiche, Rauch

Mund: Bananen, Birnen, Ananas, Melasse, Rauch, Holz, Vanille, Mandeln

Auf der Zunge ist er zunächst ebenfalls eher filigran, vor allem aber tatsächlich durchaus ausnehmend trocken, selbst für einen ungezuckerten Rum. Wobei da natürlich auch ein wenig Einbildung eine Rolle spielen kann. So oder so: Auch hier lassen sich die Früchte erschmecken, die Bananen und Birnen, etwas Ananas, dazu etwas würzige Melasse und ein paar Bitternoten. Der leichte Rauch erscheint ebenfalls wieder, zusammen mit frischgesägtem Holz und Vanille. Im Abgang kommen noch Mandeln hinzu.

Der Xaymaca pur und in Cocktails

Von einem Rum, der Namen wie Long Pond und Clarendon sowie seinen Estergehalt so vor sich herträgt, erwartet man eigentlich mehr Urgewalt. Allerdings wäre es ziemlich unfair, ihn mit den Smith & Cross-, Appleton- oder gar Hampden-Rums von seiner Heimatinsel zu vergleichen. Schließlich sagt die Zahl 156 g/hl auf dem Etikett dem informierten Rum-Fan sehr genau wohin die Reise geht. Und auf dem Weg dahin vollbringt er das Kunststück, einem Rum-Stil, der sich durch seine aromatische Entropie definiert, Balance aufzuzwingen. Der Xaymaca ist rund und gefällig und trotzdem klar Jamaikaner – was ihn auch für Rum-Fans spannend macht, die die Zuckerrohr-Destillate der Insel sonst eher weiträumig umschiffen. Um es kürzer auszudrücken: der geht pur – und das sogar ziemlich hervorragend.

Wer aufgrund unserer Ausführungen ein zartes Pflänzchen von Spirituose erwartet, wird übrigens positiv enttäuscht: der Xaymaca ist durchaus in der Lage, einem Drink seinen Stempel aufzudrücken. Trotzdem genießen wir ihn am meisten in Cocktails, die sich bevorzugt um ihn drehen. Sein offizieller Signature Drink ist dann auch der Xaymaca Collins, ein klassischer Longdrink aus Zuckersirup, Zitronensaft, Xaymaca und etwas Soda. Ein irre erfrischender Drink mit Urlausbfeeling. Etwas ernster dagegen erscheint der Rum Old Fashioned, den wir mit The Bitter Truth Drops & Dashes Nut verfeinern, was ihm durchaus schmeichelt. Eine Piña Colada fällt eher mittelspannend aus – der Mai Tai ist wieder Kracher.

Für eine eigene Drink-Kreation denken wir recht schnell an einen klassischen Sour ohne viel Schnickschnack – und testen rein aus Jux und Dollerei eine Variante mit dem Chili-Nelken-Zimt-Sirup für den Alarmed Bison und etwas Birnensaft. Was herauskommt macht richtig, richtig Laune – der Zimt und der Birnensaft ergänzen den Xaymaca hervorragend, die leichte Schärfe steht im gut. Weil Jamaica reich an bedrohten Tierarten ist, entscheiden wir uns dafür, den Drink dem Jamaika-Leguan zu widmen, von es heute nur noch wenige Hundert Exemplare auf der Insel gibt.

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Fazit: Der Xaymaca ist trotz seines Fokus auf Estergehalt und die berühmten Destillen Long Pond und Clarendon beileibe kein High-Ester-Rum – wer einen solchen erwartet, wird enttäuscht. Wer einen angenehmen Sipping Rum mit Jamaika-Aromatik oder einen eleganten Einstieg in diesen wenig eleganten Rum-Stil sucht, ist hier dagegen goldrichtig.

Daten: Jamaika/Frankreich, um 35 Euro, 0,7 Liter, 43 Prozent

Ferrand Deutschland hat uns eine Flasche des Plantation Xaymaca Extra Dry für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.


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