Homebar-Einkaufsführer Whisky & Whiskey
In eurer Homebar ist Whiskey die unersetzlichste Zutat. Das gilt ausnahmsweise wahrscheinlich sogar, wenn ihr eigentlich gar keinen Whiskey mögt. Denn kann man es wirklich eine Bar nennen, wenn man keinen Old Fashioned, keinen Manhattan, ja nicht mal einen brauchbaren Whiskey Sour dort bekommt? Ja, gut, klar: Natürlich könnt ihr euch einem speziellen Bar-Thema verschreiben, eine reine Tiki-Homebar voller Rum gründen oder euch voll und ganz Everything Gin verschreiben. Ist nichts falsches dran, im Gegenteil – wir kommen gerne vorbei.
Aber wer eine klassische, generalistische Homebar aufziehen möchte, in der so ein bisschen von allem geht, was eine richtige Bar auch kann, der kommt um Whiskey einfach am schwierigsten herum. Einfach, weil so viele klassische und moderne große Drinks um diese Spirituose herum aufgebaut sind. Freilich speist sich das daraus, dass die große Bar-Nation USA nach der Prohibition Bourbon Whiskey gebrannt und getrunken hat wie blöd (davor waren’s im Wesentlichen Rye Whiskey und Brandy) und dass im großen, vereinigten Bar-Königreich auch immer der eine oder andere Malt greifbar war, auch wenn England selbst sich da wenig hervortat.
Welchen Whisk(e)y brauche ich für meine Homebar?
Um allen, die an der Stelle aufstöhnen, mal ein bisschen Hoffnung zu machen: Whiskey ist nicht gleich Whiskey – und schon gar nicht gleich Whisky. Zwar geht es dabei immer um vergorenes Getreide und Fasslagerung, aber die unterschiedlichen Stile, Rohstoffe und verwendeten Fässer machen diese Spirituosen-Kategorie extrem vielseitig. Das gilt übrigens genauso für die daraus gemixten Drinks. Die nennen wir euch deshalb exemplarisch bei jeder der verschiedenen Whisky-Arten, wobei ihr große Klassiker wie einen Whiskey Sour natürlich aus jedem beliebigen guten Whiskey oder Whisky mixen könnt.
Und ja, die Schreibweise ändert sich je nach Herkunft – die aber nicht immer spielentscheidend sein muss. Im Jahr 2022 brennt man auch hervorragende Single Malts außerhalb von Schottland und Irland und einer der besten uns bekannten Rye Whiskeys zum Beispiel kommt sogar aus Brandenburg – trotzdem listen wir ihn unter “American Whiskey” – der vielleicht wichtigsten Kategorie in Bars und Homebars.
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American Whiskey
Wenn ihr in Barbüchern von Whiskey mit “e” lest, ist damit meist American Whiskey gemeint, Scotch oder Irish Whiskey werden meist explizit als solche benannt. Die USA sind, zumindest was ihre beiden Haupt-Kategorien Bourbon und Rye Whiskey angeht, extrem penibel, zum Beispiel dürfen diese nur in unbenutzten Fässern aus amerikanischer Weißeiche gereift werden. Bei den Rohstoffen gilt: In der Mash Bill (also dem Getreide-Rezept) für Bourbon müssen mindestens 51% Mais, im Rye Whiskey mindestens 51% Roggen sein, der Rest darf sich aus Gerste, Roggen, Mais oder Weizen zusammensetzen. sind eine Hausnummer. Zugegeben: Kaum Abnehmer hierzulande und für den Zuckerrohrbauern muss sich die Sache auch rechnen. Aber der Preis bleibt zu heftig, um einfach mal ins Blaue zu probieren. Man kann nur hoffen, dass gute Bars langsam auf den Zug aufspringen und wir uns demnächst an der Theke mal durch gängige Premium-Cachaças trinken dürfen.
Daneben produzieren die USA auch diverse andere Whiskey-Sorten etwa Grain Whiskeys aus den wildesten Getreide-Mixen oder auch den einen oder anderen guten Single Malt aus 100 Prozent Gerstenmalz. Wenn im Rezept aber einfach nur “Whiskey” oder “American Whiskey” steht, ist damit meistens Bourbon, seltener Rye gemeint. Beide sind etwas süßer als europäische Whiskys, haben durch das frische Eichenfass viele Vanille- und Karamellaromen. Bourbon ist meist etwas gefälliger, Rye etwas würziger – je nach Mash Bill gibt es aber auch hier erstaunlich viel Bandbreite.
Bourbon Whiskey
Wenn ihr nur einen Whiskey in eurer Bar haben wollt, fahrt ihr auf jeden Fall mit einem Bourbon am besten. Der ist auch die Standard-Wahl in den meisten Whiskey Sours, Old Fashioneds und Manhattans – obwohl man letztere originär mit Rye mixt.
- Buffalo Trace Whiskey* (Mild, mit vielen Noten von Karamell und Vanille, fein ausbalanciert, geringer Roggen-Anteil – nicht zu komplex, irre vielseitig) <- Preis-Leistungs-Sieger
- George Remus Bourbon (Deutlicher Roggen-Anteil von über 30%, komplex, kräftig und würzig, mit fein ausbalancierten süßen Ahornsirup-Noten – gute Wahl für Old Fashioneds)
- Michter’s US *1 Small Batch Bourbon* (Komplex und recht malzig, sehr gefällig und Karamell-lastig – verliert in Cocktails deutlich an Nuancen und ist recht teuer, daher vor allem für Shortdrinks sinnig)
Rye Whiskey
Roggen-Whiskey ist die ursprüngliche Form des American Whiskey und nicht wenige gehen davon aus, dass meistens Rye gemeint war, wenn in den Barbüchern des 19. Jahrhunderts von “Whiskey” geredet wird. Die Ähnlichkeiten zum Bourbon sind nicht von der Hand zu weisen, schließlich sind die Regularien für in den USA hergestellten Rye Whiskey sehr ähnlich – vor allem was die frischen Eichenfässer angeht, die der Spirituose ihre ausgeprägten Vanille- und Karamell-Aromen verleihen. Durch den Roggen-Anteil von mindestens 51% sind diese Whiskeys aber im Normalfall deutlich würziger und kerniger. Das liegt nicht jedem Whiskey-Fan, aber wir ganz persönlich bevorzugen in der Praxis meist Rye gegenüber Bourbon in Klassikern wie Old Fashioned oder Manhattans. Es gibt aber freilich auch diverse alte Klassiker wie den Vieux Carré oder moderne Drinks wie den kräftigen Purgatory, die ganz explizit nach einer kernigen Roggen-Aromatik verlangen.
- Stork Club Full Proof Rye Whiskey* (Aromatisch, kräftig, würzig, mit viel Durchsetzungsvermögen und zu 100% aus Roggen – deutschem Roggen wohlgemerkt, denn auch der Whiskey selbst wird in Brandenburg gebrannt – inzwischen unser Rye-Benchmark)
- Rittenhouse Rye Whiskey* (“Echter” American Whiskey, kräftig und würzig, dabei aber gut ausbalanciert und mit viel Toffee und Vanille – ein hervorragender Mittelklasse-Rye Whiskey)
- Jim Beam Rye Whiskey* (Nicht hauen, aber: der Rye Whiskey von Jim Beam ist total okay, der Havana Club 3 unter den Rye Whiskeys – sehr würzig, angenehm trinkbar; freilich nicht besonders komplex oder allzu intensiv – aber ein ehrliches und gutes Produkt) <- Preis-Leistungs-Sieger
Schottischer Whisky
Dass man Scotch Whisky vermixen kann, auch und vor allem guten Single Malt, das geht vor allem Scotch-Fans oft nicht ein. Für sie ist die einzig richtige Trink-Temperatur handwarm und die Beifügung von tröpfchenweise Wasser zur Öffnung der Aromen eine Wissenschaft. So unter uns: ist sie auch, ein guter, purer Single Malt ist schon was Feines. Aber das heißt nicht, dass man die schottischen Tröpfchen nicht auch zu hervorragenden Drinks verarbeiten kann. Da aber vor allem die Aromen nichtrauchiger Scotches etwas fragiler sind als beim American Whiskey, sind es vor allem Shortdrinks, in denen die Schotten zum Einsatz kommen, etwa im Rob Roy, der schottischen Variante des Manhattans oder dem Bobby Burns, der dem Rob Roy noch eine kräutrige Komponente hinzufügt. Freilich könnt ihr euren Lieblings-Malt (der übrigens so heißt, weil er ausschließlich aus Gerstenmalz hergestellt wird), aber auch in den Whisk(e)y-Standards wie dem Old Fashioned ausprobieren.
Aber “braucht” man einen schottischen Malt Whisky in der Hausbar? Nein, anders als American Whisky würden wir hier nicht von einer Notwendigkeit sprechen. Allerdings setzen viele modernere Drinks wie ein Penicillin oder auch diverse Tiki-Drinks auf den Rauch, den ein Schuss Islay Whiskey mitbringt – die Malts von der Insel werden über Torf geräuchert, was ihnen eine intensive, medizinische Rauch-Note mitgibt. Zumindest als Modifier sind Islay Malts also zumindest aus unserer Hausbar nicht wegzudenken.
Ahja, kleine Zusatz-Info, falls ihr euch fragt, was mit den ganzen American Whiskey-Fässern passiert, die die Amis nur einmal benutzen dürfen: Die kauft der Rest der Welt, allen voran die schottischen Destillen, um in den deutlich milderen, nicht mehr ganz so holzigen Casks den Großteil ihrer Mals zu reifen.
Rauchiger schottischer Whiskey
Man könnte meinen, dass man beim rauchigen Whisky auch mal die günstigeren Blends abgreifen könnte, wenn man ihn nur als Modifier einsetzt. Leider sind die aber recht häufig einfach entweder zu heftig, zu medizinisch-phenolig oder können einfach mal fast nix außer Rauch. Deshalb greifen wir hier auf die Varianten zurück, die wir auch pur trinken würden:
- Lagavulin 16 (Kräftig-rauchig, mit Aromen von Speck, trocken und vielschichtig – sowas wie der Benchmark für Islay Whiskys)
- Laphroaig 10* (Noch rauchiger, kräftiger und ungestümer, sehr maritim; nicht ganz so komplex, aber immer noch weitab von langweilig)
Scotch ohne Rauch
Bei Scotch ohne Rauch scheiden sich die Geister zwischen Blended Malts und Single Malts. Noch immer gilt der Blend als minderwertig und genau deshalb als bessere Wahl zum Cocktails mixen. Puh, beim Schreiben dieses Satzes schüttelt’s mich, so dermaßener Quatsch ist diese Prämisse. Tatsache ist: ein guter Drink braucht einen guten Whisky. Tatsache ist auch: So mancher Blended Malt ist qualitativ eine ziemliche Bank. Kollege Flo von den Kultivierten Tresenwesen etwa setzt für Scotchtails gerne auf die hochwertigeren Johnnie Walker-Varianten. Das ist qualitativ und in Sachen Preis-Leistung über jeden Zweifel erhaben – auch, wenn sich so mancher Homebartender gegen die Mainstream-Marke sträubt. Zum Glück gibt’s auch gute andere Blends – und Single Malts – die richtig gute Drinks machen.
- Monkey Shoulder Triple Malt Scotch* (Blend aus Malts der Destillen Balvenie, Glenfiddich und Kininvie; malzig und mit ausbalancierter Süße, nicht besonders komplex, aber weich und mit genügend Kraft für gute Cocktails) <- Preis-Leistungs-Sieger
- Aberfeldy 12 Jahre* (Fruchtig, vielschichtig, mit leichter Säure und gut ausbalancierter Süße – sehr gute Preis-Leistungs-Power-Wahl für alle, die sich einen “echten” Single Malt in den Whiskey Sour schütten möchten)
Irish Whiskey
Irischer Whiskey gilt gemeinhin als milder, weicher und zurückhaltender als der Whisky eine Insel weiter und ist genau deshalb eher schwierig in Cocktails einzusetzen. Den klassischen Irish Coffee gibt’s in Bars eher selten und ersoffen in Kaffee und Sahne ist dann mindestens geschmacklich auch egal, was ihr da reinwerft. In einem der wenigen klassischen Irish Whiskey-Cocktails, dem Tipperary, wird er mit grünem Chartreuse und süßem Wermut kombiniert, was irre gut funktioniert, aber freilich auch nach einem eher kräftigen Vertreter der Kategorie verlangt. Irish Whiskey ist eine Liebhaber-Nummer – aber falls ihr in die Welt irischer Mixologie einsteigen wollt, sind das hier gute Ansatzpunkte:
- Teeling Small Batch Irish Whiskey* (Sherry-lastig und nussig, angenehm würzig – kein reiner Malt Whiskey und im Rum-Fass gereift, also eher speziell – aber auch ziemlich gut)
- Redbreast 12 Jahre Single Pot Still* (Fruchtig, mit Sherry-Noten und merklicher Eiche, die niemals verkehrte Standard-Wahl für Irish Whiskey in Cocktails)
Japanischer Whisky
Puh, ja. Japanischer Whisky. Riesen-Hype und schon spannend, aber schweineteuer und mit viel Gemauschel – praktisch alles, was ihr an “Japanese Whiskey” unter 40 Euro bekommt ist schottisches Gedöns, das nur in Japan abgefüllt wurde. Höherwertige Varianten mit echter Reifezeit-Angabe sind unter 100 Euro nicht zu haben und sogar die meisten brauchbaren Japaner ohne Altersangabe kratzen an dieser Marke. All das Geld gibt man dann aus für Whiskys, die zwar spannend, aber eben sehr leicht, weich und mild sind – und sich eigentlich nur in Old Fashioneds und als Mizuwari (eine Art ritueller japanischer Whisky Soda mit stillem Wasser) richtig einsetzen lassen. Wer das “mal ausprobieren” möchte, mit einem echten japanischen Whisky, aber ohne sich dumm und blöd zu zahlen, für den gibt es derzeit fast nur eine Wahl:
- Nikka from the Barrel* (Blended Whisky aus Single Malt und Getreide-Whisky zweier japanischer Destillerien; fruchtig-mild mit Eiche und Vanille – lecker, aber zurückhaltend und dank 0,5-Liter-Flasche auch längst kein Schnapper mehr für das Geld)