Der Artikel für den Del Maguey Vida-Mezcal war der Ursprung für den Biznaguita und den Arrojadoa.

Arrojadoa und Biznaguita: Cocktails mit Mezcal, Cachaça und Hibiscus

Cocktails nachzumixen ist, wenn man die grundlegenden Techniken ein wenig geübt hat, eigentlich recht einfach. Drinks ohne ein Rezept nachzumixen, das ist schon eine Nummer härter, aber wenn man gerne Detektiv spielt, durchaus machbar. Spannend wird es, wenn man eine coole Grund-Idee hat und daraus dann einen Drink bauen will. Wenn man sich einen Namen ausdenken muss und eine Darreichungsform und eine Zuckerquelle. So geschehen bei unseren beiden rosa Eigenentwicklungen Arrojadoa und Biznaguita. Gelehrt haben uns die vor allem eines: Keep it simple.

Denn auch, wenn wir uns – anders als ein richtiger Bartender – nur wenig Gedanken über Grundkosten, Lagerhaltung und Zubereitungszeit machen müssen, gilt auch als Hobby-Mixologe: Wenn du für einen Drink 20 Minuten brauchst, wird es später sehr anstrengend, beim Cocktail-Abend im Freundeskreis damit anzugeben. Außerdem muss es ja einen Grund haben, dass Evergreens wie MartiniGin TonicMoscow MuleWhisky Sour oder der moderne Klassiker Gin Basil Smash auf eher simplen Rezepten basieren. Dennoch: Demut gegenüber der Einfachheit, die mussten wir dieses Mal erst lernen. Das Ergebnis waren diese beiden Rezepte, das eine fruchtig-verführerisch, das andere wild-rauchig:

Die Entstehungsgeschichte: Ursprung und Name

Bevor wir den finalen Cocktails in diesem Artikel auch nur nahe kamen, stand die Grundidee: “Irgendwas mit einer Mezcal-Hibiscus-Infusion.” Bei der Recherche für den Artikel zum Del Maguey Vida Mezcal stießen wir auf ein Video zu einem Longdrink mit ebendieser Infusion und wollten das unbedingt nachmachen – die Kombi aus würzig-warmem Hibiscus mit dem rauchigen Mezcal klang großartig. Weil wir Hibiscus für einen Drink mit Hibiskus-Gin-Cold Drip aus einem Cocktailbuch ohnehin im Haus hatten, war die Hürde niedrig. Cold Drip statt Infusion war für uns auch sofort klar – das brachte einfach die intensiveren Ergebnisse, in Farbe wie Geschmack.

Weil der Hibiskus-Cold Drip ein sicherer Garant für einen rosa Cocktail ist und der Mezcal aus Mexico stammt, war die Idee für den Namen des Drinks schnell klar: Irgendein rosa Kaktus sollte als Pate herhalten. Der erste, den wir fanden: der Arrojadoa. Blöd nur: Zwei Tage später, als wir anfingen den Artikel zum Mezcal zu schreiben, stellten wir fest: Arrojadoas wachsen in Brasilien. Da macht man zwar auch gute Spirituosen, aber halt keinen Mezcal. Zum Glück fanden wir aber noch einen rosa Kaktus, der auch in Mexico wächst: den Biznaguita. Und weil uns Arrojadoa als Name trotzdem gut gefiel und wir zufällig auch einen oder zwei Cachaças in der Hausbar haben, erfanden wir damit direkt den ersten Twist. Wohlgemerkt, bevor wir überhaupt ein finales Rezept hatten.

Die Entstehungsgeschichte: das Rezept

Der Kern des Drinks war also das Zusammenspiel aus Mezcal/Cachaça und Hibiskus, das für sich schon hervorragend funktioniert. Technisches Vorbild war der Royal Hibisco Fizz aus Klaus St. Rainers Cocktailbuch Cocktails – Die Kunst perfekte Drinks zu mixen mit Soda und einem ganzen Ei. Weil uns dessen Farbenspiel so gut gefiel, war unsere nächste Zutat also Eiweiß für eine schicke Schaumkrone. Fehlten also im Prinzip nur noch eine Säure- und eine Süße-Quelle. Und vielleicht noch Cocktail Bitters, am besten zwei verschiedene. Was nussiges vielleicht und was fruchtiges? Passt Anis da rein, vielleicht ein Barlöffel Absinth oder so?

Ihr merkt: An dem Punkt fingen wir an, komplett zu verkrampfen. Was wir zwischendrin mit diesen Cocktails anstellten, ähnelte eher einem ziemlich unausgeglichenem Tiki. Vor allem in puncto Sirup hatten wir von Honigsirup (stört nicht, bringt’s aber auch nicht), über Chili-Nelken-Zimt-Sirup vom Alarmed Bison (damit schmeckt der Drink wie Früchtetee an Weihnachten) bis hin zu Grenadine (“Für noch mehr Farbe!”) wirklich fast alles im Shaker. Oh und ach, die Bitters: Schokolade, Angostura, Lavendel, alles versucht. Und weil wir uns schon von vornherein Mezcal und Cachaça als Varianten aufgebürdet haben auch noch in zwei Varianten. “Vielleicht passt’s ja nur nicht wegen dem Rauch.” war ein häufig genutzter Satz in dieser Phase.

Das finale Cocktail-Rezept

Als uns nichts davon glücklich machte, gingen wir einen Schritt zurück. Wir überlegten nochmal ganz genau, was wir wollten, ohne was der Cocktail nicht leben konnte: Eiweiß, Cold Drip, irgendwas süßes, irgendwas saures. Der Plan: Erstmal die Karosserie mixen. Dann gucken, welcher Motor reinpasst. Also mixten wir uns den Biznaguita, wie ihr ihn oben seht, nur mit Zuckersirup statt Agavendicksaft und Zitronensaft. Simpelste Süße-Quelle, simpelste Säure-Quelle. Wir stellten fest: geiles Ding. Da fehlt ja fast nix.

Kein Bitter, keine Frucht. Ein Hauch Agave vielleicht, damit der Mezcal nicht nur rauchig ist. Also Agavendicksaft rein: Bäm. Beim Arrojadoa war die Säure nicht ganz richtig – also Limetten statt Zitronen: Bäm. Wahrscheinlich hätten wir einen ähnlichen Lerneffekt erzielen können, indem wir einen Bartender fragen, wie man ein Cocktail-Rezept überhaupt sinnvoll angeht. Vielleicht hätte es auch gereicht, ein oder zwei Artikel zum Thema nochmal ausführlicher zu lesen. Aber hey: so hat die Sache deutlich mehr Spaß gemacht.

Die Details des Rezepts: Cold Drip, Infusion oder Teebeutel?

Wer einen Cold Drip mit Hibiskus herstellt, der bekommt ein tiefrotes, intensiv nach Hibiskus duftendes Destillat, das auch im Mund noch den Geschmack mitbringt. Deshalb empfehlen wir diese Methode auch. Cold Dripper gibt es inzwischen für unter 50 Euro und sie machen sogar guten Kaffee – so groß wie noch vor ein oder zwei Jahren sind die Einstiegshürden also längst nicht mehr. Achtung: Wer wie wir einen Cold Dripper mit recht kleiner Kammer hat, sollte seinen getrockneten Hibiskus mahlen, bevor er ihn in den Dripper gibt – sonst kommt da nur blassrosa Suppe raus.

Wer sich diesen Cocktail mixen möchte, ohne direkt in neue Küchengeräte zu investieren, der macht eine klassische Infusion: Getrocknete Hibiskusblüten für vier bis fünf Tage im Kühlschrank in die Spirituose einlegen und filtern. Alternativ funktionieren auch Druck-Infusionen im Sahnesyphon: Spirituose und Hibiskus in den Syphon, zwei Gaskapseln hinterher, 5 Minuten warten, Druck ablassen, filtern. Die einfachste Variante: Hibiskus-Teebeutel. Zwei Stunden in die kalte Spirituose hängen, gut auspressen(!), fertig. Die intensive Farbe bekommen wir wohlgemerkt nur mit dem Cold Dripper hin – die Infusionen funktionieren aber geschmacklich durchaus gut und mindestens rosa wird der Drink so oder so.

Der Dry Shake

Bei Cocktails mit Eiweiß schüttelt man die Zutaten einmal ohne Eis, damit der Drink auch eine schicke Schaumkrone bekommt. Tut man das nicht, hat er zwar immer noch ein cremiges Mundgefühl, aber kommt optisch eher lahm daher. Diese Schüttel-Technik nennt sich Dry Shake und normalerweise wendet man sie vor dem Shaken mit Eis an. In den letzten Jahren aber setzt sich der Trend durch, erst nach dem Shaken auf Eis nochmal einen Dry Shake durchzuführen. Der Eiweißschaum soll dadurch kräftiger und stabiler sein. Vielleicht haben wir uns zu sehr beeinflussen lassen, aber gefühlsmäßig bestätigt sich dieser Eindruck, daher übernehmen wir diese Technik so.

Die Garnitur

Zu Beginn garnierten wir unsere Drinks mit getrockneten Hibiskus-Blüten – davon hatten wir eh genug da und auch unser Vorlagendrink Royal Hibisco Gin Fizz wird so garniert. Schon nach einiger Zeit schwenkten wir aber auf Minze um. Nicht nur, weil sie im Aroma ganz gut dazupasst, sondern vor allem wegen des großartigen Farbkontrasts. Die Mischung aus rosa und grün macht einfach mehr her als dunkellila auf rosa auf tieflila.

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