Del Maguey Vida Mezcal: der rauchig-würzige Einsteiger-Mezcal

Der Del Maguey Vida Mezcal als Hibiscus-Cold Drip in einem Biznaguita-Cocktail.
Der Del Maguey Vida Mezcal als Hibiscus-Cold Drip in einem Biznaguita-Cocktail.

Mezcal ist eine von Vorurteilen gebeutelte Spirituosen-Kategorie, die in unseren Breitengraden nie aus dem Schatten des kleinen Bruders Tequila treten konnte. Aber zum Glück auch eine, für die sich immer mehr Menschen interessieren. Die stehen dann aber oft vor jeder Menge Fragezeichen: unbekannte Unterkategorien, Dutzenden Varianten derselben Marke und teils unwirklich scheinende Preise. Wo fängt man da nur an? Falls ihr auf rauchige Spirituosen steht, ist der Del Maguey Vida wahrscheinlich die besten Wahl. Und nicht nur, weil die Agave – spanisch: Maguey – hier bereits im Namen steckt.

Del Maguey – wer steckt hinter den grünen Flaschen?

Del Maguey Mezcal erkennt man an den unscheinbar wirkenden grünen Flaschen mit den folkloristisch wirkenden bunten Etiketten. In den meisten Bars, die mit Mezcal arbeiten, stehen auch ein oder zwei von Del Maguey. Als Ron Cooper das Unternehmen 1995 eröffnet, wollte der Künstler eigentlich nur ein paar Flaschen Mezcal nach Hause in die USA bringen – der Zoll sagte aber “Nein!”. Damals war Mezcal außerhalb Mexicos praktisch unbekannt, die Welt wusste nur von der Unterkategorie Tequila, die nur in der Region um die gleichnamige Stadt und nur aus Blau-Agaven hergestellt wird.

Cooper ändert das, importiert ab da den Mezcal offiziell in die USA und später in die ganze Welt. Der Weg dahin: Single Village Mezcals. Agavenbrände, die nach dem Dorf benannt sind, in dem sie von Hand und ohne Zusätze hergestellt werden. In teils winzigen Mengen, schließlich brauchen Agaven mindestens 6 Jahre, bis man Schnaps daraus machen kann. Cooper legt Wert darauf, dass Handwerk in die Flasche kommt, das man die Region aus der Flasche herausschmeckt. Vor allem aber legt er Wert darauf, dass die Arbeit für die Brenner-Familien fair bezahlt wird – 5 bis 25 mal so viel wie alle anderen Hersteller zahlt Del Maguey an die Produzenten. Was die Flaschenpreise bis zu 190 Euro erklärt – und rechtfertigt.

Cooper erschafft den Mezcal-Trend damit quasi im Alleingang, auch wenn er gerade damit seine eigene Idee gefährdet: Immer mehr immer größere Unternehmen steigen in den Mezcal-Markt ein und versuchen auch Del Maguey zu kaufen. Cooper ist das egal. Er sieht Del Maguey weniger als Geschäft, denn als Kunst-Happening. Dazu passt es dann auch, dass er für den Vertrieb in die Welt hinaus mit kleineren Importeuren zusammenarbeitet statt mit den üblichen Global Players. In Deutschland verbreitet er seinen Mezcal etwa über die Perola GmbH.

Del Maguey Vida Mezcal aus San Luis del Rio

Der Del Maguey Vida Mezcal ist neben dem Crema de Mezcal die zweite Einsteiger- und Mix-Qualität des Del Maguey. Er zeigt recht schön die Unterschiede zum Tequila, ist kantig, aber gleichzeitig mild. Naja, vorausgesetzt ihr steht auf Rauch. Erst seit 2010 im Sortiment ist der Vida aus San Luis del Rio laut der offiziellen Webseite deutlich besser verfügbar als so manch andere Mezcals, was wahrscheinlich auch den recht günstigen Preis von um die 35 Euro erklärt. Trotzdem wird er organisch und in Handarbeit hergestellt, die Espadin-Agaven für den Brand wachsen 6 bis 8 Jahre, bevor Sie 3 bis 8 Tage geröstet werden und etwa eine Woche fermentieren. Nachdem er zweimal in Kupferblasen destilliert wurde, geht’s ins Glas. In diesem Fall: in unser Glas.

So schmeckt der Mezcal

Der Del Maguey Vida ist klar und farblos, im Glas recht behäbig. Die Nase ist sehr intensiv, Teer und Rauch sind die ersten, prägnanten Noten. Der Rauch ist durchaus vergleichbar mit dem eines Islay-Whiskys, hat aber doch etwas eigenes, besonders. Dahinter riecht man Holz, das wohl vom Rösten kommt – gelagert wird der Vida nicht. Wer sich durch diese Wand aus harten Aromen hindurchriecht, der nimmt Sandelholz wahr und einen Hauch von Zimt und Zitronen.

Nase: Teer, Rauch, Holz, Sandelholz, Zimt, Zitronen

Mund: Bananen, Vanille, Rauch, Honig, Agave, Kohle, Holz

Im Mund überrascht der Del Maguey Vida mit einer unerwartet kräftigen Frucht und Süße. Bananen und Vanille zeigen sich, noch bevor auf dem Weg nach unten wieder der Rauch die Führung übernimmt. Im Abgang kommt dann ein sehr eindeutiger, würziger Honig mit viel Agave. Der Nachgeschmack erinnert an kalte Asche und Kohle, so intensiv-rauchig ist er. Der zweite Schluck spült das hinunter und hinterlässt eher eine erdig-würzige Holz-Note.

Del Maguey Vida in Cocktails

Der Vida ist als Mix-Spirituose gedacht, für die Momente, in denen man gerade keine Lust hat, seinen 180-Euro-Pechuga-Mezcal in den Drink zu schütten. Er funktioniert zwar auch pur sehr schön, weil er sehr weich und spannend ist, aber selbst wir als Fans rauchiger Spirituosen tun uns schwer, mehr als ein Glas am Stück davon zu genießen. Anders sieht das in den Drinks aus, die wir aus dem Del Maguey Vida zusammenmixen. Wir starten vergleichsweise simpel mit einem Oaxaca Old Fashioned: Mezcal, Tequila, viel Schmelzwasser, Agavendicksaft, Angostura. Und eine abgeflämmte Orangenzeste. Ein toller, spannender und vor allem kantiger Drink.

Weil wir in einem Artikel eine spannende Mezcal-Hibiskus-Infusion entdecken, testen wir den Del Maguey Vida als Hibiskus-Cold-Drip in einem rosa Margarita-Twist mit 2 cl Agavendicksaft, 2 cl Zitronensaft, Eiweiß und 6 cl Mezcal. Als Garnitur ein Minzezweig. Das Ergebnis ist nicht nur irre schön anzuschauen, mit seiner tiefroten Farbe, der rosa Creme-Haube und der tollen Konsistenz, sondern schmeckt auch fantastisch rauchig-fruchtig-sauer-süß. Wir nennen den Drink Biznaguita – nach dem rosa blühenden mexikanischen Kaktus. Wer keinen Cold Dripper hat, hängt ein paar Beutel Hibiskus-Tee in den Mezcal oder macht eine klassische Infusion. Schmecken tut’s genauso gut, nur die Farbe ist etwas weniger heftig.

Der Del Maguey Vida Mezcal in einer frühen Version der Biznaguita - später steigen wir wegen Farbe und Geschmack auf Minze als Garnitur um.
Der Del Maguey Vida Mezcal in einer frühen Version der Biznaguita – später steigen wir wegen Farbe und Geschmack auf Minze als Garnitur um.

Etwas massenkompatibler als die beiden obigen Varianten: der Mezcal Mule. Ein Drink, der im Test sogar Leuten schmeckt, die mit rauchigen Spirituosen sonst nicht viel anfangen können: Maracujapüree, Mezcal, Ginger Beer, Limettensaft, Agavendicksaft, zerstoßene Gurke – garniert mit Gurke und selbstgemachtem Kandierten Ingwer. Das Ding ist so erfrischend-gurkig auf der einen Seite und intensiv-rauchig-erdig auf der anderen Seite, dass wir es demnächst noch einmal gesondert vorstellen. Ein Hammer-Drink und vor allem einer, der zeigt, welche Bandbreite in der mexikanischen Rauchbombe steckt.

Del Maguey Vida im Perola-Shop bestellen.

Fazit: Wer in die Welt der Mezcals einsteigen möchte, ist hier genau richtig: zum vergleichsweise kleinen Preis bekommt man ein Produkt, dass all das mitbringt, was man sich von der Spirituose erhofft. Nur Rauch, den muss man mögen, sonst wird man hier nicht glücklich.

Daten: 42 Prozent, Mexico, 0,7 Liter, um 35 Euro

Der Autor dieser Zeilen arbeitet ab April 2017 hauptberuflich für die Perola GmbH, den deutschen Importeur von Del Maguey. Trotzdem entstand dieser Artikel nach bestem Wissen und Gewissen: Weder Vorgesetzte noch Kollegen haben Einfluss auf mich genommen, der Artikel wurde vor der Veröffentlichung niemanden zur Überprüfung vorgelegt. Cocktailbart.de ist zudem von der üblichen Nebentätigkeits-Klausel in meinem Vertrag ausgenommen. Sprich: Dieser Artikel entsteht so unabhängig wie es unter den Umständen möglich ist. Auch beim Tasting selbst war ich so objektiv wie sonst auch. Natürlich schwingt bei einem Produkt, an dessen Vertrieb man bald selbst beteiligt ist, ein wenig Stolz mit – solltet ihr also das Gefühl haben, ich hätte Details über den Del Maguey Vida vergessen oder ignoriert, die ihn in ein anderes Licht rücken: Meldet euch in den Kommentaren und wir reden darüber!

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

2 Kommentare

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Ich stimme zu.

  • schmeckt nach Terpentin und Teer. Riecht deutlich besser als er schmeckt. Für fast 40 Euro für mich keinen weitern Kauf wert.

    • Teer spielt absolut eine Rolle – wenn man da drauf keinen Bock hat, ist das durchaus schwierig. Ich kann für mehr Nuancen den Chichicapa von Del Maguey empfehlen. Auch noch nicht überbordend teuer (in Mezcal-Sphären), aber deutlich facettenreicher und feingliedriger.