Mixing Glass: Sind Rührgläser Styleobjekt oder wichtiges Barwerkzeug?

Das Rührglas Crytal Lake von The Elan Collective, darin ein Manhattan.
Das Rührglas Crytal Lake von The Elan Collective, darin ein Manhattan.

Rührgläser haben’s ähnlich schwer wie Barlöffel: Während niemand infrage stellt, dass man für einen guten Mai Tai einen anständigen Cocktail Shaker braucht, hat jeder ein Gefäß daheim, in das er Eis und Schnaps schütten kann, um dann mit dem Suppenlöffel für fünf Sekunden darin rumzufuhrwerken. Die Überraschung danach fast immer: “Alter, der Manhattan ist lauwarm und schmeckt voll komisch. Muss der so?” Muss er nicht. Denn auch, wenn man mit ein wenig Übung auch in einer normalen Glaskaraffe einen gutgekühlten und – ganz wichtig! – verdünnten Shortdrink zaubern kann: ein ordentliches Rührglas macht die Arbeit deutlich einfacher und sieht um 724,9%** besser aus.

Wann brauche ich ein Mixing Glass oder: wann rühre ich einen Cocktail?

Ein Rührglas, im Englischen Mixing Glass genannt, braucht ihr immer dann, wenn ihr einen Cocktail rührt statt schüttelt. Das ist meistens dann der Fall, wenn er nur aus Spirituosen besteht, sprich bei Cocktails, die man als Shortdrinks kennt. Weil sich etwa Wermut und Gin im Martini problemlos zu einer Emulsion verbinden, muss man diesen Drink nur kühlen und verdünnen, um ihn genießbar zu machen. Bei Drinks, die dagegen auf Sirup, Saft oder Sahne setzen, braucht es erheblich mehr Kraftaufwand, um alle Zutaten zu vermählen – dann kommt der Shaker zum Einsatz. Da das Geschüttel dem Cocktail außerdem eine andere Konsistenz verleiht, ihn trübt und kleine Eissplitter hinterlässt, ist diese Methode nichts für diese sehr eleganten Drinks.

Wenn wir von Kühlen und Verdünnen sprechen, hat das seine Gründe: Entgegen dem weitläufigen Vorurteil, dass das Schmelzwasser einen Cocktail einfach nur verwässert, öffnet es – bis zu einem gewissen Grad – die Aromen und macht ihn wie beispielsweise bei einem Daiquiri überhaupt erst richtig trinkbar. Gerade bei Shortdrinks ist das noch ausschlaggebender: Die Kombi aus Whiskey und süßem Wermut im Manhattan lebt von der Verdünnung, hebt Frucht- und Vanilletöne hervor. Natürlich kann man einen Cocktail auch zu stark zu verdünnen – in der Praxis passiert das aber eher, wenn man sich bei sengender Hitze nur zwei kleine Hohlkörper-Eiswürfel in den Gin Tonic packt; nicht, wenn man seinen Drink auf frischem Eis rührt.

Und warum brauche ich dafür ein Rührglas?

“Brauchen” ist so ein hartes Wort – genauso wie ein guter Bartender einen Mai Tai auch im Smoothie-Shaker schütteln kann, kann man einen Martini auch in einem Ikea-Wasserglas voller Eis rühren. Ein gutes Rührglas hat aber massive Vorteile – vom Style einmal komplett abgesehen.

  • Mixing Glasses haben einen schweren Boden (Bodeneis genannt) und sind massiv, sie rutschen nicht so wild umher.
  • Rührgläser haben ein genügend großes Volumen, um mehrere Drinks auf einmal zu mixen und das mit ausreichend Eis.
  • Dank einer Verjüngung (je nach Glas) und Ausguslippe schmoddert ihr nicht so viel.
  • Rührgläser mit Schliff sorgen für besseres Handling.
  • Dank meist breiter Bauweise lässt es sich viel leichter rühren.

Kumuliert sind diese Vorteile ziemlich massiv und wenn ihr auf der nächsten Hausparty mal wieder den Hobbybartender spielt, werdet ihr sehr schnell feststellen, dass der Komfort, den Rührgläser bieten, auf einen kompletten Abend ziemlich viel ausmacht. Bevor wir selber uns für die Anschaffung von Rührgläsern entschieden haben, rührten wir unsere Drinks im Shaker – das gibt aber zum einen manchmal eine ziemliche Sauerei, wenn man zu schnell rührt, zum anderen führt sich der Löffel nicht ganz so gleichmäßig durch das enge Behältnis.

Heinrich von Have Köm im Norditerranean Cocktail.
Ein Norditerranean Cocktail, gerührt im Crystal Lake Mixing Glass mit Yarai-Schliff.

Mehr zum korrekten Rühren eines Drinks lest ihr in unserem Artikel über Barlöffel, generell geht’s aber darum: Wenn ihr einen Drink umrührt, bewegt ihr im besten Fall das komplette Eis im Kreis im Glas herum. In einem großen Gefäß mit viel Platz lässt sich das deutlich einfacher herumschieben als in einem kleinen. Der Shaker hat dazu noch den Nachteil, dass sehr kaltes Eis zu Beginn oft am Metall kleben bleibt. Das sorgt im besten Fall nur für eine unbeholfene Optik, im schlimmsten Fall schleudert ihr den Shaker beim Rühren einmal quer durch eure Bar.

Alles klar – und was für ein Rührglas soll ich kaufen?

Die Auswahl an guten Rührgläsern ist enorm – und sehr davon abhängig, welchen Stil ihr bevorzugt. Generell solltet ihr auf einen dicken Boden achten, davon abgesehen stehen wir persönlich auf Gläser mit Schliff – die lassen sich wie erwähnt besser halten, selbst wenn sie außen anlaufen (was beim Rühren des Drinks definitiv passieren wird). Gerade bei japanischen Rührgläsern ist dabei der sogenannte Yarai-Schliff beliebt, über den man auch oft als Diamond Cut liest. Der muss es rein der Pragmatik wegen natürlich nicht sein – aber er ist zumindest bei unseren Gästen in der Hausbar die Variante, die die meisten “Oh, geiles Glas.”-Reaktionen erzeugt.

Eine Rührglas-Variante, die besonders spannend aussieht, aber ein gewisses Handling erfordert ist das Gallone: ein italienisches Stilglas mit meist deutlich über einem Liter Fassungsvermögen, das man zwischen den Fingern schwenkt, statt den Cocktail darin umzurühren. Das sieht natürlich besonders stilvoll aus, allerdings sind diese Gläser oft recht teuer – über 100 Euro sind für qualitativ hochwertige Varianten keine Seltenheit.

Und woher bekomme ich das Rührglas aus dem Bild oben?

Das Rührglas im Bild oben ist das Crystal Lake Mixing Glass von The Elan Collective. Das besteht aus den Herren Matt und Oliver, deutsch-amerikanischen Hobbybartendern, die zusammen Tumbler und Bartools entwickeln, die zum einen praktisch und robust sein sollen, zum anderen natürlich im Design überzeugen wollen. Schließlich ist Hobbybartending immer auch ein bisschen Posing. Das Rührglas hat uns The Elan Collective zu redaktionellen Zwecken ohne Bedingungen zur Verfügung gestellt – trotzdem stellen wir es an dieser Stelle gerne vor. Die bauchige Form, der extrem wuchtige Boden, der feine Schliff, die vergleichsweise große Füllmenge von 750 ml – das Gesamtpaket stimmt und hat uns zum fairen Preis von 25 Euro überzeugt.

Wer nicht ganz so viel ausgeben möchte, der findet kleinere und weniger auffällige Gläser ab 15 Euro zum Beispiel auf Amazon und im Fachhandel, online wie stationär – viele davon ebenfalls hochwertig und robust.

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

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