In der kleinen, intimen Spirituosen-Welt ist derzeit kein Thema so breitgetreten wie Gin – in der breiten Masse dagegen kommt gerade erst an, dass aus Omas britischem Absacker in den letzten paar Jahren ein echter Trendsetter wurde. Umso schöner ist es da, wenn es ein Produkt schafft, die diebische Freude am Neuen auch in Leuten wie uns zu wecken, die neue Gins zuletzt meist mit einem “Ja, der ist schon gut – aber das sind die 30 anderen im Schrank halt auch.” kommentierten. Gut, jetzt gibt sich der Citadelle No Mistake Old Tom Gin alle Mühe, sich deutlich vom normalen, durchsichtigen, trockenen London Gin zu entfernen – aber das mit Recht und Erfolg.
Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Ferrand Deutschland zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Die Story hinter Citadelle No Mistake Old Tom Gin
Citadelle ist der Gin aus dem Hause Cognac Ferrand und damit der wacholdrige Bruder von Ferrand-Cognacs und Plantation Rums. Der Basis-Alkohol wird dreifach auf Column Still destilliert, nach der Mazeration der 19 Botanicals geht’s noch einmal in eine Copper Pot Still. Anders als bei der Menge an Drogen normalerweise üblich, sind diese 19 Botanicals vollständig bekannt: Wacholder, Mandeln, Paradieskörner, Iris, Kardamom, Zitrone, Zimt, Koriander, Muskatnuss, Kubebenpfeffer, Orangen, Sternanis, Veilchen, Fenchel, Kreuzkümmel, Gewürzrinde, Engelwurz, Lakritz, Bohnenkraut. Das Ergebnis ist ein ausgewogener, klassisch-wacholdriger Gin.
Auftritt No Mistake Old Tom Gin: Ursprünglich kam diese ganz besondere Citadelle-Variante als limitierter Citadelle Extrêmes No.1 auf den Markt – doch er kam wohl zu gut an, um ihn nicht ins Kernportfolio aufzunehmen. Der No Mistake nimmt noch die Botanicals Schafgarbe, Yuzu und Kornblume mit in die Gleichung und wird mit einem speziellen Aged Sugar gesüßt: Karamellisiertem, braunem Rohrzucker, der zusammen mit einer geringen Menge Gin etwa 3 Monate in Holzfässern gelagert wird. Im Anschluss an die Vermählung lagert auch der Gin noch einmal ein halbes Jahr in Holzfässern. Das Ergebnis ist im Prinzip ein Reserve Old Tom Gin – und was für einer.
So schmeckt der No Mistake Old Tom Gin
Dicke Nasen zieht er am Glasrand und schwenkt sich fast wie ein Likör dieser hellgoldene Old Tom. In der Nase dann so ganz anders, als es einen die Beschreibung von karamellisiertem Zucker und Fasslagerung vermuten lässt: Frisch und hell, Wacholder und Kräuter treffen auf Zitronen und Orangen und einen leichten Einschlag von Champagner. Erst mit einigen Minuten Ruhezeit bahnen sich Karamell, Honig und ein paar dunkle Holztöne den Weg in unsere Nase.
Nase: Wacholder, Kräuter, Zitronen, Orangen, Champagner, Karamell, Honig, Holz
Mund: Karamell, Wacholder, Orangen, Fenchel, Honig, Kamille
Im Mund kommt er mit einer wundervoll ausgewogenen Süße und sehr rund an: Auf der Zungenspitze zeigt sich cremiger Karamell, danach folgen Wacholder, Orangen, leichte Bitternoten mit einer Spur Fenchel und Honig sind da. Das milde aber lange Finish ist geprägt von leicht floralen Noten, fast schon in Richtung Kamille. Im unglaublich langen Nachklang halten sich Wacholder, Karamell und die floralen Noten die Waage. Pur ein geiles Teil – sollte man das überhaupt in Cocktails schütten?
Der No Mistake in Cocktails und Longdrinks
Pfrzt, “sollte man?”. Wir vermixen hier bekanntlich alles und am liebsten natürlich all die Sachen, die uns schon pur ein wohliges Lächeln entlocken. Dieser Old Tom allerdings ist viel mehr als einfach nur ein gesüßter Gin, er ist ein wundervoll ausgereiftes kleines Wacholderwunder, das gerade intensiv genug ist, um auch in Longdrinks gegen aufdringliche Filler anzustinken und in Shortdrinks selbst mit intensiven anderen alkoholischen Zutaten mitzuhalten, ohne sie zu ersticken.
Wir testen den Citadelle No Mistake Old Tom Gin zunächst im Old Tom-Klassiker Tried and True mit Benedictine, Becherovka, trockenem Wermut und Orange Bitters – und so grotesk dieser Drink klingt, so grotesk weich und schmackhaft ist er auch. Perfekte Balance zwischen Säure, Süße und Bitterkeit und das trotz der ganzen Spirits-only-Nummer. Gefährlicherweise kommt dieser Cocktail nicht annähernd so heftig rüber, wie er tatsächlich ist – also steigen wir lieber auf Longdrinks um.
Für einen speziellen Gin braucht man ein spezielles Tonic Water – also paaren wir den Citadelle Old Tom mit dem neuen Thomas Henry Cold Drip Coffee Tonic. Kaffee mit Zucker als Gin Tonic quasi. Auch das klingt ein wenig abstrakt, ein bisschen wie fehlgeleitete Fusion Kitchen – macht aber irre viel Spaß. Intensives Kaffee-Aroma mit schön frischen Noten und einer leichten Süße – toll. Ein Gin Fizz mit dem No Mistake dagegen gerät etwas fad – da würden wir den Gin fast lieber pur trinken. Generell haben wir aber ohnehin das Gefühl, dass er am besten in Shortdrinks aufgehoben ist. Deshalb adaptieren wir für eigene Experimente den Breakfast Martini von Salvatore Calabrese:
Der Breakfast Martini No. 2
- 5 cl Citadelle No Mistake Old Tom Gin
- 2 cl Verjus
- 1 cl Italicus
- 1 Barlöffel Quittengelee
Alle Zutaten zusammen auf Eis hart shaken und in ein vorgekühltes Martiniglas doppelt abseihen. Mit einem Zitronentwist garnieren. Trinken.
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Fazit: Ein einzigartiger, sehr runder Old Tom Reserve Gin, der durch die spezielle Süßung mit Aged Sugar und die anschließende Fassreifung selbst Menschen begeistern kann, die eigentlich schon langsam Gin-müde werden.
Daten: Frankreich, um 35 Euro, 0,5 Liter, 46 Prozent
Ferrand Deutschland hat uns eine Flasche des No Mistake Old Tom Gin für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.
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