Tanqueray Flor de Sevilla Gin und der Sevilla Serenade

Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Gin & Tonic.
Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Gin & Tonic.

Tanqueray steht mit seinen wuchtigen grünen Flaschen für klassischen Gin wie nur wenige andere Marken. 1830 gründete Charles Tanqueray die Marke samt Destillerie sogar in London selbst. Für einen London Dry Gin keineswegs Pflicht wie der Fachmann weiß, aber auf jeden Fall passend. Aber gut, auch die Verlegung der Produktion ins schottische Cameronbridge nach den Luftangriffen der Nazis 1941 tat dem eher klassischen Image und dem Erfolg der Marke keinen Abbruch. Egal ob knackiger Martini oder kräftiger Gin Tonic – Tanqueray spielt bei den Fans der Klassiker eine ansehnliche Rolle auf den Lieblings-Gin-Listen.

Die Flasche für dieses Tasting wurden uns für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.

Wer jetzt ebenjene Cocktail-Klassiker im Kopf hat und den ureigenen, wacholdrigen Duft eines London Dry Gin, der könnte etwas stutzig werden angesichts des gelblich-orangen Inhalts der Flasche des Tanqueray Flor de Sevilla. Dazu noch die neckische Sonne auf dem Label und diese Orangenhain-Romantik so fernab vom Londoner Regenwetter. Wir geben zu: trotz des frenetischen Hypes um diesen Gin in den diversen Gin-Social-Media-Gruppen, in denen wir uns bewegen, war unser Interesse anfangs eher gering. Aber dann flog uns ein unerwartetes Päckchen in die Hausbar – ein sehr liebevoll gepacktes Päckchen.

Der Hype um den Tanqueray Flor de Sevilla

Gerade im Gin-Bereich ist das mit dem Marketing so ein zweischneidiges Schwert: Klar wissen wir alle, dass Klappern zum Handwerk gehört und dass ein Konzern wie Diageo, zu dem Tanqueray gehört, auch mal einen Trend mitnehmen muss – in diesem Fall bunten Gin mit mediterranen Zitrusfrüchten. Aber wenn dieser Trend dann in einer hölzernen Schatzkiste mit Flasche, Glas und Gimmicks wie einem teils per Hand mit Cocktail-Rezepten ausgefüllten Notizbuch präsentiert wird, dann – wir geben’s zu – hängt, man erstmal am Haken.

Auch die Vorschusslorbeeren für diesen Gin hätten diesen Effekt bei weniger mit restpubertärem Trotz durchsetzten Menschen auslösen können. Als es den Flor de Sevilla zunächst nur in England und Spanien gab, schoben sich die Gin-Nerds Deutschlands die Mitbringsel-Flaschen kistenweise hin und her, Shops die an ein oder zwei Paletten des Stöffchens kamen, waren ruck-zuck leergekauft. Gegenstimmen: erstaunlich wenige, obwohl Farbstoff und Aromatisierung, wie sie hier eingesetzt werden, sonst durchaus größere Mengen Kritiker auf den Plan rufen.

Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Martinez.
Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Martinez.

Der Gin selbst ist in seiner Idee eigentlich recht unaufgeregt: Nach einer Rezept-Idee von Tanqueray-Gründer Charles wird der originale Tanqueray London Dry mit Orangenblüten und der Sevilla-Orange kombiniert. Genau wie schon beim Rangpur und den Tanqueray No. 10 geht man hier auch bei dieser Tanqueray-Variante nach dem Erfolgs-Rezept Klassischer Gin + Exotischer Zitrus-Anteil – nur eben jetzt ergänzt um eine Färbung, die so gar nicht zum Stil des Hauses passen mag. Aber was zählt, ist im Glas:

So schmeckt der Sevilla-Orangen-Gin

Dicke, schwere Beinchen fließen am Glasrand, nachdem wir den angemessen viskosen Gin schwenken. Der Duft transportiert dann zunächst genau das Versprochene: Orangen und Wacholder. Piment und roter Pfeffer schieben sich hinterher und Zitronen. Sanfte florale Anklänge von den Orangen-Blüten schleichen sich mit ein, bleiben aber im Hintergrund. Man fühlt sich ein wenig an einen italienischen Aperitif erinnert.

Nase: Orangen, Wacholder, Piment, roter Pfeffer, Zitrone, Orangen-Blüten

Mund: Orange, Wacholder, Zitrone, Mandeln, Brauner Zucker, Orangenblüten, Koriander, Kardamom

Der Geschmack ist angenehm mild, aber zunächst voll und ganz von der Bitterorange bestimmt. Die Dominanz verfliegt jedoch schnell, macht Wacholder, Zitrone und einem leichten Mandel-Einschlag Platz. Eine gewisse Süße von braunem Zucker in Kombi mit Orangenblüten verstärkt den Eindruck von Aperitif-Likör. Dann drängen Koriander und Kardamom durch, im Abgang herrschen die Kräuternoten. Am Gaumen wirkt er insgesamt komplexer als noch in der Nase.

Der Gin pur und in Cocktails

Gute aromatisierte Gins sind rar und solche die dann auch noch den Gin-Charakter erkennen lassen kaum zu finden. Entsprechend macht die Arbeit mit dem Tanqueray Flor de Sevilla trotz anfänglicher Skepsis durchaus Freude: Als Fizz-Variante mit Zitronensaft und Soda macht er sich irre gut, ein Gin & Tonic mit Schweppes Dry (das unserem Schatzkästchen beilag) erwies sich als hervorragende Wahl: die kräftigen Bitternoten bei wenig intensiven Eigenaromen betonen die Orangen-Note schön, ein Aqua Monaco Extra Dry sollte dem Gin ebenso stehen. Den frischen Orangenschnitz als Garnitur kann man durchaus machen, der Duft einer getrockneten Orangenscheibe passt für unseren persönlichen Geschmack aber einen Tick besser.

Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Negroni Cocktail.
Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Negroni Cocktail.

Während ein Martini gut gelingt, aber nicht außergewöhnlich gerät, ist der Martinez mit rotem Wermut und Maraschino eine überraschend schöne Nummer: So, wie man ihn kennt, aber mit sehr eigenen, fruchtigen Noten. Selbiges gilt für einen Negroni – für den erscheint er nach dem dem ersten Schluck wie gemacht. Für eine eigene Drink-Kreation wollten wir dann passenderweise zunächst in Richtung Aperitivo denken, haben uns dann aber für eine andere, etwas ausgefallenere Variante entschieden:

Sevilla Serenade

  • 6 cl Tanqueray Flor de Sevilla
  • 3 cl Zitronensaft
  • 2 cl Tempus Fugit Creme de Banane 
  • 1 cl Medium Dry Sherry
  • 2 cl Aquafaba
  • 0,5 cl Freimeisterkollektiv Salbei

Ein Tumbler-Glas mit Salbei-Geist benetzen und mit Eiswürfeln füllen, restliche Zutaten  kräftig auf Eis shaken,  ins Glas abseihen und mit einer getrockneten Orange garnieren. 

Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Sevilla Serenade Cocktail.
Tanqueray Flor de Sevilla Gin in einem Sevilla Serenade Cocktail.

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Fazit: Ungewöhnlich und intensiv-orangig, aber ohne den Gin in sich zu verleugnen – eine tolle Basis für Gin & Tonics, andere Gin-Klassiker und vor allem für Aperitif-Variationen. Nur die Farbe bräuchten wir nicht.

Daten: 41,3 Prozent, um 27 Euro für 0,7 Liter, GB

Die Flasche, die hier zum Einsatz kam, wurde uns für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, dabei wurde aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit. 

 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

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