Es gibt milde Gins, bittere und flache, aber auch intensive – sehr, sehr intensive Gins. Und es gibt Skin Gin. Das Hamburger Destillat gibt oberflächlich den Hipster und lockt mit Premium-Stil (Flasche in Lederoptik, daher der Name Skin Gin), ist innen drin aber ein gustatorischer Raufbold.
Die Proben für dieses Tasting wurden uns vom Hersteller auf unsere Anfrage zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Der Gin selbst gibt sich auf dem Papier erstmal bescheiden, tut schüchtern. “Nur” sieben Botanicals kommen zum Einsatz, Minze, Limette, Zitrone, natürlich Wacholder, Grapefruit, Koriander und als Alleinstellungsmerkmal Marrokanische Minze. Ein krasser Gegensatz etwa zu den 31 Aromagebern, die man im Botanist findet. Während der aber eher sanft und zurückhaltend ist, holt der Skin Gin aus seinen glorreichen Sieben alles, aber auch wirklich alles raus – und liefert den Geschmacksknospen damit Schlachten, die nicht jeder von uns gewinnen kann.
Was steckt hinter Skin Gin?
Wegen der Aufmachung und Kombination von Hipster-Optik und Seebären-Romantik muss sich sich der Skin Gin gelegentlich gefallen lassen, dass man ihn als reines Marketing-Produkt beschimpft. Ja, die Flasche ist schon ziemlich anders – aber in der Masse an ständig neuen, vor allem auch deutschen Gins musst du halt einfach auch rausstechen. Auffallen. Und was auffällt, gefällt halt nicht jedem. Ja, auch wir finden manch andere Flasche hübscher. Aber dass Skin Gin auch Special Editions speziell für Hotels und Unternehmen anbietet und das ziemlich erfolgreich, zeigt, dass das grundsätzliche Design ankommt.
Die sieben Botanicals destilliert man bei Skin Gin einzeln und verschneidet sie dann zu einem Handcrafted German Dry Gin, insgesamt ein extrem aufwendiger Prozess. Anders als bei einem London Dry Gin – der definiert den Herstellungsprozess – ist das einfach nur die Herkunftsbezeichnung. Allerdings nicht die schlechteste – in Deutschland erscheinen nicht jedes Jahr zig neue Gin-Sorten, weil sie uns keiner abkauft. Die große Frage ist jetzt aber: Was kann der Skin Gin wirklich?
So schmeckt Skin Gin
Wir probieren den Skin Gin zunächst pur: Im Glas ist er hell und ölig, schwer, schimmert im Gegenlicht in einem so unmerklichen Goldton, dass wir nicht sicher sind, ob wir ihn uns nur einbilden. An der Nase erleben wir eine Überraschung: Wir hatten von der Frische, der Intensität und dem Zitronenmelisse-Aroma des Gins gelesen, aber doch nicht mit so einer Wucht gerechnet. Zitrone und Orange ergeben einen so intensiven fruchtig-frischen Duft, als hätte jemand das cremige Innere von 1.000 Nimm-2-Bonbons ausgekratzt. Nach der Wucht kommt die Minze, danach der Koriander. Wacholder nehmen wir nicht wahr. Alkoholnoten? Auch Fehlanzeige.
Nase: Zitrone, Orange, Minze, Koriander
Mund: Zitrone und Minze (volles Rohr), Orange, Koriander im Abgang
An der Zunge zerrt uns der Skin Gin in zwei Richtungen: Das Mundgefühl ist warm und schwer, die ölige Konsistenz macht das Destillat vollmundig, wie einen guten Cognac. Der Geschmack dagegen ist eiskalt, frisch, zitronig und mit ganz viel Minze. Selbst wenn man den Geschmack nicht mögen würde, er wäre mindestens verflucht spannend. Auch im Mund kommt der Koriander erst im Nachgang hinterher, angeschoben von der Orange mit einem Hauch Wacholder. Das ist nicht besonders komplex, aber sehr kräftig, anders und vor allem ziemlich lecker. Aber wer einen Monkey 47 schon intensiv und zu parfümig findet, der ist mit Skin Gin wahrscheinlich vollkommen überfordert.
Skin Gin im Gin Tonic und anderen Cocktails
Man kann diesen Gin durchaus pur trinken, aber dafür wird er selbst vielen Gin-Fans fast schon zu extrem sein. Ein Glas und die Geschmacksnerven sind für Stunden vereinnahmt (aber der Atem ist frisch). Diese Intensität macht den Skin Gin im Gin Tonic zu einem schwierigen Tanzpartner: In Kombination mit Fever Tree Mediterranean Tonic geht das Tonic komplett unter – der Gin-Cocktail schmeckt wie eine dünnere Variante des puren Destillats. Mit Schweppes Indian Tonic haben wir exakt dasselbe Ergebnis nur mit etwas mehr Bitternoten.
Ein extremer Gin verlangt ein extremes Tonic Water, also mischen wir Skin Gin mit Fentiman’s 19:05 Herbal Tonic Water (sehr blumig, mit Holunder). Das Ergebnis ist ein einzigartiger, ein besonderer Gin Tonic. Die Kräuter-Aromen der Herbal Tonics harmonieren hervorragend mit der Minze und dem Koriander im Destillat, der Holunder umarmt die Orangen- und Zitrus-Aromen. Im Abgang erinnert dieser Gin Tonic ein wenig an einen herben Champagner. Diese Kombi kann niemand mit Skin Gin versöhnen, der ihn vorher schon nicht mochte – aber wer ihn vorher gut fand, wird ihn damit lieben.
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Fazit: Ein extremer, wenn nicht der extremste Gin überhaupt, der Freunde intensiver Spirituosen begeistert, Fans von eher milden, vielschichtigen Spirituosen aber geschmacklich K.O. haut.
Daten: 42%, um 40 Euro für 0,5l, Deutschland
Für diesen Test haben uns die Macher von Skin Gin freundlicherweise auf Nachfrage Tasting Samples und Infomaterial zur Verfügung gestellt, dafür aber weder eine Gegenleistung verlangt, noch versucht, auf Tasting oder Artikel Einfluss zu nehmen.
Bildquelle Aufmacher: Skin Gin
Zuletzt überarbeitet am
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Habe den Skin Gin letzte Woche das erste Mal testen dürfen in Verbindung mit Thomas Henry Tonic, Orangenzeste und Rosmarin. Und ich war vollends begeistert. Eine wahre Geschmacksexplosion im Mund mit Echt erfrischenden Zügen und eine wahre Wohltat bei den hohen Temperaturen.
Ich werde ihn definitiv bestellen!
Erinnert mich geschmacklick an diese Eukalyptus-Menthol-Hustenbonbons. Sehr vollmundig, aber pur echt zu krass. Die abgeschwächte Version mit einem Fever Tree Indian Tonic gefällt mir gut, sehr erfrischend. Das Design der Flasche ist auch mal etwas anderes. Einzig die Flaschenöffnung ist ein Problem, da für dosiertes Einschenken offenbar nicht geeignet.