Boar Blackforest Premium Dry Gin und der Golden Boar-Q-Pine

Boar Gin im Gin Tonic!
Boar Gin im Gin Tonic!

Wenn Marketing sehr laut ist, dann fällt es manchmal schwer, das Handwerk dahinter zu hören. Wir beginnen diesen Artikel mit diesem neunmalklugen Aphorismus, weil wir den Boar Gin zugegebenermaßen lange Zeit ein wenig ignoriert haben: Geile Flasche, coole Wildsau auf dem Etikett, nette Typen die drei Leutchen da auf den Fotos. Gute Tasting-Artikel und mit Trüffel als Botanical ein Markenzeichen, das hellhörig macht. War uns alles irgendwie zu rund, um uns wirklich dafür zu interessieren. Bis wir dann mal an der offenen Flasche vorbeikamen und doch mal probiert haben. Hätten wir früher machen sollen. Aber bevor wir dir jetzt mit unserer Selbstgeißelung die Ohren vollheulen, gibt’s lieber ein paar Fakten.

Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Boar Gin zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.  

Die Story hinter Boar Gin

Boar Gin, das sind Hannes Schmidt, Torsten Boschert und Markus Kessler. So ganz genau weiß man nicht, wie die drei zusammengefunden haben. Was man weiß: Kessler betreibt eine Destillerie, die seit 1844 in Familienbesitz ist, in der er klassische Brände und Liköre herstellt, Boschert betreibt eine Medienagentur. Die “BOAR Distillery im  Schwarzwald” sitzt dann auch genau an derselben Adresse wie die Kessler-Brennerei. Klingt jetzt erstmal nach Marketer-Brenner-Joint-Venture – und ist es wahrscheinlich auch. Aber wann war es je was schlechtes, wenn drei Leute Leidenschaft für ein Produkt und verschieden ausgeprägtes Know-How zusammenschmeißen?

Der Kombination aus guter Öffentlichkeitsarbeit und starken Handwerk ist schließlich wohl auch der Erfolg des Boar Gin zu verdanken. Der hat seinen Namen übrigens nicht nur zum Spaß, sondern vom Schwarzwald-Trüffel, der in der Herstellung verwendet wird. Der wird von weiblichen Schweinen gesucht, die in seinem Duft Sexualhormone des Keilers – englisch: Boar – erschnuppern. Neben dem Edelschwammerl kommen unter anderem noch Rosenblüten, Paradieskörner, Rosmarin, Piment, Nelken, Goldmelisse, Zitronenzesten, Süßholz, Thymian, Lavendel und natürlich Wacholder in den Gin. An der Rezeptur mussten die drei laut eigener Aussage eine Weile feilen, bevor alle restlos zufrieden waren.

Wohlgemerkt: dass der Boar in der kesslerschen Familienbrennerei hergestellt wird, das lässt man hier nicht wie bei anderen Teams dieser Kombination unter den Tisch fallen – man zelebriert es transparent. Aber wenn Schmidt dann von des Trüffels Wunderwirkung auf den Gin spricht, die das Team ganz unbescheiden BOAR-Effekt getauft hat und Kessler im Gegenzug nüchtern davon redet, dass der Trüffel den Gin lediglich abrunde, dann wird trotz Bodenständigkeit und sympathischem Team recht klar, wie die Aufgaben verteilt sind. Dem Geschmack tut das aber keinen Abbruch:

So schmeckt Boar Blackforest Premium Dry Gin

Schwer und geradezu cremig schwenkt sich der glasklare Brand im Glas. Der wacholdrige Duft, der dabei aufsteigt, stellt unmissverständlich klar: das hier, das ist Gin. Dahinter: Zitronenschalen, Thymian und Salbei, eine irre spannende Frische. Aber auch eine leichte Modrigkeit von nasser Erde und feuchter Rinde. Der Trüffel lässt sich erahnen, sanfte Aromen von Zimt und einem Hauch Moschus sind aber prägnanter. Ein irre breiter Duft.

Nase: Wacholder, Zitronenschalen, Thymian, Salbei, Erde, Rinde, Zimt, Moschus

Mund: Wacholder, Lavendel, Blutorange, Rosmarin, feuchtes Laub, Zitrone, Thymian, Trüffel

Der Boar ist auffällig weich und auch das Mundgefühl spiegelt die Cremigkeit aus dem Glas wider. Die 43 Prozent sind abstrus gut eingearbeitet. Wacholder spielt erneut die Hauptrolle, dazu kommen nun deutlich floralere Noten von Lavendel und Blutorange. Rosmarin findet sich und wieder dieser leicht modrige Tatsch von feuchtem Laub. Dazu gesellt sich Zitrone und im Abgang noch ein wenig Thymian. Der Nachklang hält lang, ist aber eher dumpf – Wacholder spielt wieder eine Rolle und dazu tatsächlich ein würziger Hauch Trüffel.

Boar Gin im Martini.
Boar Gin im Martini.

Der Boar Gin pur und in Cocktails

Der Boar Gin eskaliert nicht in seiner Andersartigkeit, sondern ist in erster Linie ein sehr gut gemachter Gin mit Hang zur Individualität. Die macht sich vor allem in tollen mediterranen Noten und einer sehr spannenden Waldboden-Note bemerkbar, die den Boar in unseren Augen zu einem Top-Kandidaten macht, wenn ihr zu den wenigen gehört, die Gin gerne pur trinken. Aber er behält seine Individualität zum Glück auch in Cocktails.

Im Gin Tonic raten wir zu Slim und Light-Varianten oder zu allem, dass ein dickes, fettes “Dry” vor sich herträgt – Aqua Monaco Extra Dry und Thomas Henry Slim machen eine tolle Figur und lassen dem Boar Platz zum Atmen. Mit Extra Dry wird der Drink an sich natürlich etwas prägnanter. Als Garnish empfehlen wir Zitronenzesten oder – für die Frische – gerne auch mal ein Zitronenrad nach alter Schule. Minze geht auch – im G&T genauso wie im Gin Gin Mule. Aber auch ein, zwei Spritzer Bitters stehen ihm gut zu Gesicht, bevorzugt deftigere wie Gurken- oder Olivenbitters.

Letztere sind übrigens auch eine famose Wahl in Martinis mit Boar! In Negronis geraten ihm die Bitter-Noten des Campari nicht unbedingt zum Vorteil – mit etwas milderem Aperol oder Freimeisterkollektiv Amaro dagegen funktioniert auch das. Weil zufällig eine Flasche Belsazar Summer Edition in der Nähe steht, adaptieren wir außerdem den Golden Pine, den wir im Royal Cafe Bar Book entdecken. Das Ergebnis ist – sorry für das etwas flapsige Eigenlob – hart geil:

Boar Gin im Golden Boar-Q-Pine mit Belsazar Summer Edition Vermouth und Grand Marnier.
Boar Gin im Golden Boar-Q-Pine mit Belsazar Summer Edition Vermouth und Grand Marnier.

Der Golden Boar-Q-Pine

  • 5 cl Boar Gin
  • 2,5 cl Belsazar Summer Edition
  • 2,5 cl Grand Marnier

Alle zusammen auf Eis rühren und in einen gefrosteten Weinkelch abseihen. Mit einem frisch geflämmten Stück Ananasschale garnieren. Trinken.

(Mit einem * markierte Links sind Affiliate-Links aus dem Amazon-Partnerprogramm. Benutzt ihr diese für euren Einkauf, erhalten wir dafür eine kleine Provision.)

Fazit: Der Boar Gin wurde in den letzten beiden Jahren nicht umsonst mit Spirituosen-Preisen überhäuft: ein tolles Destillat, mit einzigartigen Aromen, das dank (sehr) sanfter Trüffel-Note und erdig-mediterranen Aromen vor allem Fans puren Gin-Genusses glücklich macht – aber auch vielen Cocktails einen eigenen, spannenden Anstrich verleiht.

Daten: Deutschland, um 35 Euro, 0,5 Liter, 43 Prozent

Boar Gin hat uns eine Flasche des Produkts für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.

 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

2 Kommentare

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  • ENDLICH!!! DANKE!!!
    Boar hab ich darauf gewartet, dass ihr über den mal schreibt!!!
    Vielen Dank für diesen tollen Artikel!

    Jetzt mein Anliegen:
    Ich suche derzeit einen neuen Gin. Ich möchte gerne etwas individuelles, was aber auch vielseitig einsetzbar sein sollte. Derzeit schwanke ich zwischen dem BOAR und dem Earl of Gin(Earl Spirit ist schon seit einiger Zeit vorhanden).
    Habt ihr eine Empfehlung für mich, gerne auch ein nicht genannter Gin?

    Beste Grüße und weiter so!
    Martin

    • Freut uns, wenn der Artikel gefallen hat und wir zufällig den richtigen Gin erwischt haben 🙂

      Zu deiner Frage: Individuell und vielseitig einsetzbar sind beide, wobei die Bergamotte beim Earl in ein paar Klassikern nicht ganz so unser Fall ist – der BOAR macht die deutlich besseren Martinis und eignet sich wahrscheinlich auch besser für Limetten-Drinks wie eben einen Gin Gin Mule. Dafür hat der Earl – für unseren Geschmack – beim G&T die Nase vorn, weil wir da eben sehr auf diese Earl Grey-Note abfahren.

      Der Rutte Celery ist ein ziemliches Geschoss und nicht annähernd so gemüsig, wie der Name vermuten lässt – toll in praktisch allen Shortdrinks und macht einen Gin Basil Smash zum nie-wieder-mit-was-anderem-mixen.