Es gibt Produkte, die sind ein bisschen schwieriger zu verarbeiten als andere. Das meinen wir rein praktisch, aber auch emotional. Chartreuse ist so ein Fall – sieht komisch aus, schmeckt erstmal seltsam, ist aber gut eingesetzt der richtig geile Scheiß. Und auch, wenn Edmunds Liköre aus Bötzingen ein paar Jahrhunderte Geschichte und einige zeitlose Cocktail-Klassiker aufholen müssen, um in derselben Liga zu spielen: der Effekt ist erstmal derselbe.
Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Edmunds Liköre zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Kolanitida, Krambambuli, Bitterfürst und Maranera heißen sie, kommen in Apothekerflaschen mit schlicht-schickem Label daher und genau wie den französischen Klosterlikör umweht sie dieser leise Hauch von “Keine Ahnung, was da drin ist.”. Ihr Geschmack ist bitter und komplex – und komplett anders als alles, was wir sonst in der Hausbar stehen haben. Wir tun uns am Anfang sogar ehrlich gesagt ein wenig schwer, damit zu arbeiten. Die Liköre gibt es erst seit Anfang 2018, Basisarbeit, auf die wir uns stützen können, gibt es wenig. Also fangen wir mit dem an, was wir am besten einordnen können: Kolanitida – ein Likör auf Basis der Kolanuss. Cola-Likör. Aber von vorn.
Die Story hinter Edmunds Liköre Kolanitida
Es klingt wie eine ganz billige Marketing-Story: Vor Jahrzehnten arbeitet Apotheker Edmund Dunkel in seiner Freizeit an Bitterlikör-Rezepten. Kräuter und Wurzeln kommen hinein, Essenzen und Tinkturen aus der Apotheke dazu. Er tüftelt so lange herum, bis die Likörchen gut genug sind, um sie zu Weihnachten zu verschenken – und um sich damit jeden Abend mit der Frau Gemahlin einen Absacker zu gönnen. Erst Jahre später findet sein Enkel die Rezepte … So ganz trauen wir der Story nicht, dazu haben wir zu viele Rezept-aus-einem-vergrabenen-Piratenschatz-Gins im Schrank.
Das dicke Aber: Edmunds-Gründer Dr. Martin Kullmer, der besagte Enkel, ist höchstselbst Apotheker. Das macht den ganzen Spaß doch deutlich plausibler und die Aufschrift “Handgemachter Likör” ein gutes Stück glaubhafter. Und selbst, wenn die Story Käse ist, mit den mit Schreibmaschine geschrieben Rezepten, die in alten Liebesbriefen gefunden wurden, dann ist sie doch zumindest eine sehr, sehr kongruente Marketing-Geschichte. Das gilt nicht nur für die Optik und Historie, sondern auch für den Inhalt – den der ist die flüssig gewordene sprichwörtliche bittere Pille, die wir nur zu gerne schlucken. Weil die aber nicht jedem schluckt, starten wir die Reihe über diese Liköre mit der gefälligsten – dem Kolanitida.
So schmeckt Kolanitida
Der Likör ist bernsteinfarben mit leichtem Rot-Ton und schwenkt sich im Glas fast schon leichtfüßig. Die Nase ist anders als erwartet und zwar komplett: “Opas Rasierwasser” ist erste Assoziation. Floral, würzig, kräftig und zunächst kaum definierbar drängt der Kolanitida in die Nasenlöcher. Stehenlassen, durchschnaufen, ein Schluck Wasser. Mit etwas Zeit lassen sich die Aromen klarer sortieren: die Kolanuss ist präsent, etwas Moschus, Rosenblätter. Zimt gesellt sich dazu und ein wenig Orangenzeste.
Nase: Kolanuss, Moschus, Rosenblätter, Zimt, Orangenzeste
Zunge: Zimt, Enzian, Kolanuss, Zitrone, Muska, Moschus, Orange
Im Mund ist er zunächst primär bitter, nur wenig süß. Wir schmecken Zimt, dann einen sehr kräutrigen Enzian-Ton und anschließend erst die Kolanuss. Der Nachgeschmack ist bestimmt von Zitrone und Muskat, beides hält vergleichsweise lange an. Auf den zweiten Schluck finden wir auch den Moschus wieder und die Orange, die mit jedem weiteren Schluck zunehmends die Zitrone zu ersetzen scheint.
Edmunds Kolanitida in Cocktails
Nach der ersten Verkostung ist klar: Wir haben hier einen Kolanuss-Likör, nicht einfach einen Cola-Likör. Für den Pur-Genuss ist das für Freunde komplexer Liköre definitiv geeignet, für uns ist er in der Form aber nichts – das ganze Geschmacksbild ist in seiner Reinform schon sehr parfümig für unseren Geschmack. Aber in Cocktails? Wir haben sofort drei Dutzend Drink-Ideen, als wir das Nosing-Glas abstellen. Und glücklicherweise sind ein paar davon auch was geworden.
Wäre auch doof, wenn nicht: Weil es keine vergleichbaren Produkte gibt, finden wir im Netz nur wenige Anhaltspunkte bei der Rezeptrecherche. Wir fangen quasi bei Null an, vom Flynn Stone einmal abgesehen – ein Drink vom Team der bekannten One Trick Pony Bar in Freiburg, der Kolanitida mit Bacardi, Limette und Zitronenlimonade kombiniert (und irre lecker und erfrischend schmeckt). Der Edmunds Kolanitida bringt, wie man es erwartet, Cola-Aromen in den Drink – aber eben auch noch deutlich mehr . Entsprechend orientieren wir uns bei unseren eigenen Experimenten an großen Cola- und Bitterlikör-Klassikern (und schlechten Wortspielen, aus denen gute Drinks werden):
Daiquiri Libre (der simple)
- 6 cl Weißer Rum
- 2,5 cl Edmunds Liköre Kolanitida
- 2,5 cl Limettensaft
Alle Zutaten auf Eis shaken, in eine vorgekühlte Coupette abseihen und mit einer Limettenzeste garnieren. Trinken.
Short Island Iced Tea (schmeckt nach Tequila, obwohl keiner drin ist)
- 3 cl Edmunds Liköre Kolanitida
- 2 cl Vulson White Rhino Rye1
- 3 cl Birds Weissbrand
- 2 cl Contreau
- 0,25 cl Limettensaft
Alle Zutaten auf Eis rühren und in ein vorgekühltes Martiniglas abseihen. Trinken.
PINA KOLAnitiDA (Full Tiki)
- 3 cl Zitronensaft
- 4 cl Ananassaft
- 3 cl Edmunds Liköre Kolanitida
- 1,5 cl Dunkler Rohrzuckersirup
- 1,5 cl Koko Kanu (Rum-Kokosnuss-Likör)
- 2 cl Gereifter Rum
Alle Zutaten zusammen auf Crushed Ice shaken, in ein Longdrinkglas geben und mit Crushed Ice auffüllen. Mit einer Zitronenzeste garnieren. Trinken.
Bitter Bastard (Boulevardier-Twist und das Highlight des Autors(!))
- 3 cl Edmunds Liköre Kolanitida
- 3 cl Smoky Goat Whisky
- 3 cl Hoos Vermut rot
- 0,25 cl Zitronensaft
Alle Zutaten auf Eis rühren und in einen Tumbler mit einem großen Eiswürfel abseihen. Mit Orangenzeste abspritzen und garnieren. Trinken.
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Fazit: Spannender Likör, der die Grundidee “Cola-Likör” voll und ganz erfüllt, ohne flach, billig oder einfallslos zu wirken und noch eine Schippe Aromen drauflegt. Ein komplexes Produkt, das nicht jedem gefallen wird – und das genau deshalb Fans finden wird.
Daten: 30 Prozent, um 28 Euro für 0,5 Liter, Deutschland
Edmunds Liköre hat uns eine Flasche des Produkts zur Verfügung gestellt, aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die ausnehmend freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
1 Bei den markierten Produkten handelt es sich um Spirituosen, an deren Vertrieb Johann in seinem Dayjob beteiligt ist. Er bekommt keine Provision für ihre Erwähnung und sein Arbeitgeber hat keinen Einfluss darauf, wann und in welcher Weise er auf Cocktailbart Produkte des Unternehmens erwähnt.
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