Aufmerksame Cocktailbart-Leser kennen den Hoos London Gin bereits: ein Ein-Mann-Destillat aus Karlsruhe, destilliert von Heiko Hoos, der sich neben der Produktion auch um Marketing, Vertrieb, Produktentwicklung und alles weitere kümmert. Weil der gute Heiko irre umtriebig ist, gibt es den Hoos Gin inzwischen nicht nur als klassischen London Dry, sondern auch als Grapefruit-Variante (überraschend hervorragend), fassgelagerten Reserve und sanftrauchigen Lapsang Souchong-Gin. Weil ihm das alles aber noch nicht genug Arbeit machte, entwickelte er ganz nebenbei auch noch zwei Wermuts namens “Vermut” in weiß, sprich trocken und rot, sprich süß.
Die Flaschen für dieses Tasting wurde uns vom Hersteller auf unsere Anfrage zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Genau wie beim Gin liegt auch hier der Fokus auf dem Produkt selbst – keine halbgare Hintergrundstory, keine auf dem Dachboden verlorenen Rezepte. Allerdings auch nicht immer besonders viel Info zum Produkt, so findet sich für den informierten Genießer im Netz kaum ein Hinweis auf die eingesetzten Drogen oder die Weinbasis. Hoos setzt sich hin, probiert rum und stellt in den Laden, was er selber geil findet. Dass er mit dem Vermut die gewohnten Pfade verlässt, ergibt Sinn: Gin und Wermut, das ist in Sachen klassischer Cocktails quasi wie Brot und Butter, Faust und Auge, Salat und “Da haste den”.
Außerdem sagt man dem Wermut gerade nach, er wäre groß im Kommen, der legitime Nachfolger des Gin-Hypes. Aktuell ist das allerdings noch fraglich – weshalb Hoos in Bälde auch schon mit der Produktion des roten Vermut aufhören und den weißen nur noch bei ausreichend Nachfrage produzieren wird. Ob ihr euch jetzt Vorräten eindecken solltet? Schmecken wir doch einfach mal rein.
So schmeckt Hoos Vermut weiß
Im Glas glänzt er golden und hell, schwenkt sich zwar vergleichsweise schwer, blättert aber am Glasrand sehr wässrig herunter. Was im Auge noch unauffällig wirkt, hat in der Nase eine irre Würze und viel Kraft, die man erst einmal sortieren muss. nimmt man sich Zeit dafür, riecht man klar den Wermut, Enzian und Holunder. Zitronenmelisse schiebt sich hinterher und ein sehr würziger Duft von Oregano, Curry und weißem Pfeffer. Kein typisches Profil für trockenen Wermut.
Nase: Wermut, Enzian, Holunder, Zitronenmelisse, Oregano, Curry, weißer Pfeffer
Zunge: Holunder, Wermut, Zitrone, Kurkuma, Oregano
Am Gaumen dann ist er zunächst deutlich floraler und süßer, als man es erwarten würde. Durch die leichte Honigsüße ist er eher ein weißer denn ein trockener Wermut. Holunder sticht hervor und direkt danach der Wermut, begleitet von intensiven Zitronentönen. Im Abgang dann finden sich die würzigen Noten wieder. Kurkuma und Oregano und eine merkliche Bitternote bleiben auf der Zunge. Der zweite und dritte Schluck betonen dann vor allem die Zitrone.
So schmeckt Hoos Vermut rot
Der rote Vermut ist dickflüssiger, zieht klar erkennbare Nasen an der Glaswand. In der Nase ist die erste Assoziation sehr eindeutig Rotwein. Orangenschalen und der Wermut lassen sich ausmachen, insgesamt bleibt er im Geruch aber zunächst deutlich flacher und weniger breit als die weiße Variante. Nach ein paar Minuten atmen und mit etwas Konzentration entdecken wir Anis und Fenchel und vor allem Zimt.
Nase: Rotwein, Orangenschale, Wermut, Anis, Fenchel, Zimt
Zunge: Wermut, Zimt, Orangen, Piment, Kirschen, Grapefruit
Auf der Zunge kommt auch diese Variante zunächst mit einer leichten Süße an, mit Wermut und Zimt als primäre Geschmäcker. Und dann geht das Ding nach hinten und ist so bitter, dass dir die Stulle vom Brot fliegt. So unerwartet heftig, dass es uns wirklich kurz schüttelt. Das wird viele abschrecken, wir finden’s für klassische Drinks Wahnsinn. Der zweite Schluck offenbart wieder die Orangen, ein wenig Piment, nach hintenraus kommen dann fruchtige Noten von Kirschen und etwas Grapefruit dazu.
Hoos Vermut in Cocktails
Zwei spannende Wermuts, die uns viel Freude bereiten, aber recht schwierig einzusetzen sind, die Gewürznoten des weißen Vermut passen nicht zu jedem Gin oder Tonic, der rote ist so wunderbar bitter, dass man einen damit gemixten Manhattan fast nur an erfahrene Genießer ausschenken kann – “normalen” Menschen ist das wahrscheinlich zu heftig. Für alle, die genau das mögen, bringt der Hoos Vermut aber irre gute Cocktail-Klassiker zustande: Martinez, Martini in diversen Varianten oder auch Manhattans gelingen wunderbar. Für Letzteren raten wir zum Rye statt zum Bourbon, der korrespondiert besser mit der Würze. Beim Martini mit hauseigenen Hoos-Gins verlieben wir uns in die Perfect-Variante (weißer und roter Wermut) mit Hoos Grapefruit: absurd bitter, fruchtig und kräftig. Ganz starker Drink.
In der Kombination mit Tonic konnten wir für den roten Vermut bisher keinen passenden Partner finden – für den weißen greifen wir instinktiv zum Indi Lemon Tonic und liegen damit goldrichtig: die Zitronen-Noten beider Produkte ergänzen sich perfekt. Keine Garnitur, nur einen kleinen Spritzer frischen Zitronensaft dazu und fertig ist die Laube – toller Sommerdrink mit vergleichsweise wenig Alkohol. Apropos Sommerdrink: für die rote Variante erfinden wir ihm Rahmen des Instagram-Events #a2zcocktails diesen – wie wir finden – recht gelungenen Frühlings-Sommer-Drink:
Das Rezept für den “Winter is going”
- 3,5 cl Escubac
- 3,5 cl Hoos Vermut rot
- 2 cl frischer Limettensaft
- 1,5 cl Zuckersirup
- 5 Blätter Thaibasilikum
- 3 Erdbeeren
Thaibasilikum und Erdbeeren muddeln und mit den anderen Zutaten auf Eis hart shaken. In einen Tumbler mit frischem Eis doppelt abseihen. Mit Erdbeere und Basilikum garnieren. Trinken.
Auf der Webseite zum Vermut findet ihr lokale Anbieter und Online-Shops.
Fazit: Der zitronig-frische weiße Vermut ist qualitativ auf einer Welle mit den anderen Hoos-Produkten, die Mischung aus Gewürzen und Zitrone spannend und durchaus besonders. Die intensive Bitternote des fruchtigen roten Vermuts macht ihn für uns aber zur aufregenderen Variante. Wer auf richtig bittere klassische Drinks steht, sollte sich mit dem Hoos Vermut rot eindecken, bevor er nicht mehr zu bekommen ist.
Daten: Deutschland, 18 Prozent, 0,7 Liter, um 18 Euro (gilt für beide)
Heiko Hoos hat uns für redaktionelle Zwecke zwei Flaschen seiner Vermuts zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus hat er aber weder auf das Tasting, noch eventuelle Artikel Einfluss zu nehmen versucht. Vielen lieben Dank für die tolle Zusammenarbeit!
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