Wenn man im Jahr 2018 erfolgreich einen Gin auf den Markt bringen will, braucht man eine sexy Flasche, einen coolen Aufhänger, ausgefallene Botanicals, eine saugute Story und transparent ist man am besten auch noch. Awards wären auch noch geil, oder? Naja. Alternativ setzt man einfach auf saubere Arbeit zum fairen Preis und einen Bezug zur Heimat, Marketing macht sich von selber, wenn das Ding nur halbwegs gut schmeckt und “Bottrop Gin” druntersteht. Nicht labern, machen. So geschehen beim Calluna Gin der Heinz Eggert Spirituosenmanufaktur.
Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von der Conalco Spirituosen UG zur Verfügung gestellt. Bedingungen gab es nicht, ausgenommen der transparenten Nennung des Unternehmens im Fall einer Veröffentlichung. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Die Story hinter Calluna Lüneburger Heide Gin
Die Zwischenüberschrift ist irreführend, es gibt nämlich schlicht keine Story zum Gin. Die Spirituosenmanufaktur in Bad Bevensen gibt es seit 1948, seitdem wird gebrannt und importiert. Während man das Unternehmen selbst eher selten zu Gesicht bekommt, kennt man als Schnaps-Nerd eventuell die Importmarken Mackmyra Swedish Single Malt und Rum Artesanal. Letzteres ist weniger Importmarke als vielmehr der Markenname, unter dem die Manufaktur Heinz Eggert Rum aus der Karibik abfüllt – tolle Tropfen aus großen Brennenereien, teils auch Single Casks zum gutenPreis. Der kommt wohl unter anderem dadurch zustande, dass man bis auf eine Homepage und einen Hauch Social Media kaum sichtbares Marketing betreibt.
Beim Calluna Gin ist das ganz ähnlich – der setzt mit seinem Namen (Calluna vulgaris = Heidekraut) und dem Untertitel “Lüneburger Heide Gin” voll und ganz auf die Kraft des Lokalpatriotismus, untermalt das aber natürlich mit den passenden Botanicals: Wacholder aus der Nähe, dazu Lavendel und Holunder, zudem Rose und – wäre ja jetzt auch doof, wenn das fehlen würde – Heidekraut. Dessen charismatisch-pinker Anstrich steht dann auch Pate für die Farbe der Flasche. Bei allem Glauben an die Qualität der Heinz Eggert Spirituosenmanufaktur wirkt das ein bisschen sehr blumig. Natürlich probieren wir aber erstmal, bevor wir meckern.
So schmeckt Calluna Gin
Der Gin schwenkt sich ölig und zieht außergewöhnlich dicke Nasen am Glasrand. Er hat einen hellgelben Farbton, was nahelegt, dass ein Teil der Botanicals nachträglich im Destillat mazeriert wird. In der Nase kommen Wacholder und der Lavendel zum Tragen, dazu schnuppern wir Orangen und mit ein wenig Zeit auch die Rosen heraus. Hintenraus kommen dann noch der Holunder und eine leicht zuckrige Erdbeer-Note dazu.
Nase: Wacholder, Lavendel, Orangen, Rosen, Holunder, Erdbeeren
Zunge: Rosa, Wacholder, Lavendel, Zitrone
Im Mund ist es klar die Rose, die hervorsticht, begleitet von Wacholder und einer merklichen Schärfe im Abgang, die leider auch anhält. Lavendel gesellt sich auch hier dazu, zusammen mit Zitronen-Noten. Insgesamt bleibt Calluna im Mund aber deutlich weniger spannend als noch in der Nase.
Der Calluna Gin pur und in Cocktails
Die gewisse Schärfe in Kombination mit dem Leistungsabfall zwischen Nase und Gaumen macht den Gin für uns leider so gar nicht zum Pur-Kandidaten. In der Nase ist die florale Note, die dem Wacholder trotzdem Platz lässt, aber eine schöne Abwechslung zu den üblichen floraleren Gins, die mit wenigen Ausnahmen eher anstrengend ausfallen. Das zeigt sich zum Beispiel im Gin Tonic, wo der Calluna in Kombi mit einem leichten Tonic Water wie dem Fever Tree Mediterranean im wahrsten Sinne des Wortes aufblüht. Garnish-Tipp: frischgeschnittene Rosen aus dem Garten.
Auch sehr schön funktioniert er in Martini-Varianten, in denen er allerdings dann nicht zu trocken serviert werden sollte: Ein Wet Martini mit 6 cl Gin und 3 cl trockenem Wermut funktioniert ebenso gut wie ein Martinez im selben Verhältnis. Am schönsten funktionierte er im Test dann aber im Violet Fizz mit Soda, Zitrone und einem Schuss Creme de Violette. Und weil wir gerade Chartreuse Verte zur Hand hatten, schütteten wir die halt auch noch hinein – das Ergebnis hat uns dann doch ganz ordentlich begeistert:
Cyan Fizz
- 6 cl Calluna Gin
- 1,5 cl Chartreuse Verte
- 1,5 cl Creme de Violette
- 1 Spritzer Zitrone
Alle Zutaten in ein Longdrink-Glas voller Eiswürfel geben und mit Soda toppen. Trinken.
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Fazit: Trotz der merklichen Schärfe kann der Gin mit einem floralen Aroma punkten, das vor allem in Cocktails mit Wermut oder in Fizzes gut zur Geltung kommt – und das für unter 20 Euro.
Daten: 43 Prozent, um 19 Euro für 0,5 Liter, Schottland
Conalco hat uns eine Flasche des Produkts zur Verfügung gestellt, aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die ausnehmend freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
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