Luxardo Maraschino: Kirschlikör, Eis-Sauce, Geheimzutat

Seine grüne, in Bast gekleidete Flasche kennt jeder: Sie steht in der Bar, bei der italienischen Eisdiele und manchmal auch bei Oma im Regal. Sie steht in der Hausbar jedes Hobby-Mixologen und im Regal von Leuten, die gerne Sachen sagen wie “Italien-Urlaub ist ja nicht grundlos ein Klischee, da geht nix drüber.” Luxardo Maraschino ist sehr wahrscheinlich der meistverkaufte Maraschino überhaupt und trotzdem wissen die meisten gar nicht, was eigentlich drin ist – oder dass Luxardo die Marke und Maraschino eine ganze Likör-Kategorie ist. Bringen wir ein wenig Licht in den Kirschlikör.

Was ist Maraschino?

Maraschino ist ein Likör aus Maraska-Kirschen, einer besonders hochwertigen und intensiven Kirsch-Sorte von der Adria. Wenn euch das bekannt vorkommt: Ihr kennt den Namen von den Maraschino-Kirschen, die als Cocktail-Deko eingesetzt werden. Wobei leider nur noch wenige Bars wirklich auf die tiefroten, fast schwarzen und verflucht intensiven, echten Maraschino-Kirschen zurückgreifen und stattdessen die hellroten, geschmacklosen Gummi-Gelumpe-Kirschen benutzen.

Anders als der Kirsch-Likör, den man hierzulande von jedem besseren Dorfbrenner bekommt, ist er etwas breiter und würziger und nicht tiefrot, sondern klar. Er schmeckt mehr nach Bittermandel und Marzipan denn nach Kirschen, was sehr wahrscheinlich davon rührt, dass die Kirschkerne bei der Herstellung zermatscht werden. Aus ihnen und dem Fruchtfleisch brennt man ein hochprozentiges Destillat, das anschließend mit Wasser und Zucker zum Likör veredelt wird.

Als Cocktail-Zutat bringt Maraschino vor allem seine Marzipan- oder Bittermandel-Noten mit, zusammen mit seiner leichten Fruchtigkeit und natürlich Süße – 250g Zucker pro Liter sind hier schließlich verarbeitet. Drinks wie der Aviation oder auch ein Martinez sind ohne Maraschino praktisch undenkbar: selbst wenn der Likör nur einen Bruchteil des Rezepts ausmacht, sorgt er für Substanz im Drink, für Breite. Stellt ihn euch vor wie einen ziemlich zähflüssigen, süßen Cocktail-Bitter. Das hat dann aber auch einen kleinen Nachteil: Nur ein Barlöffel zu viel von dem Zeug und aus eurem klassisch-gediegenen Aviation wird blauer Marzipan-Saft.

Die Story hinter Luxardo Maraschino

Auch wenn Luxardo als der älteste seiner Art gilt, so ist er doch nur die Nummer 2: Schon 1738 gründete ein venezianischer Kaufmann namens Francesco Drioli eine Fabbrica Maraschino im kroatischen Zadar. Der Likör gilt zwar als italienischer, aber hier in Kroatien, der ursprünglichen Heimat der Maraska-Kirsche, wurde der Maraschino erfunden, wenn auch schon lange, bevor Drioli ihn industrialisierte. Girolamo Luxardo folgte dem Ruf der Kirsche 1817, als Konsul des Königreichs Sardinien, der nach Zadar, ins Königreich Dalmatien abberufen wurde.

Weil seine Frau sich aus den hier heimischen Maraska-Kirschen nach Art der örtlichen Mönche einen Maraschino brannte, der bald weit über die Grenzen der Familie hinaus bekannt wurde, eröffnete Girolamo die Brennerei Luxardo. Nach einigen Jahren Rezept-Veredelung und Expansion schließlich wurde Luxardo zum königlich kaiserlichen Hoflieferanten der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn und zum königlich italienischen Hoflieferanten.

Luxardo blieb in Familienhand, durch die schwere Bombardierung Zadars durch die Allierten im zweiten Weltkrieg 1943 und die nachfolgende Vertreibung aller Italiener aus Kroatien unter Tito musste die Familie aber schwere persönliche Tragödien überstehen. Nach seiner Reise ins Land seiner Vorfahren Italien baute Giorgio Luxardo das Unternehmen in Torreglia bei Venetien wieder auf. Heute leitet Piero Luxardo die Traditions-Brennerei mit tatkräftiger Unterstützung seiner Großfamilie.

So schmeckt Luxardo Maraschino

Eigentlich ist die Pur-Verkostung eines derart intensiven Likörs blanker Nonsens: Niemand säuft das Zeug pur. Aber wer eine Zutat richtig einsetzen will, sollte sie kennen. Also schauen wir uns den Spaß genauer an: Im Glas schenkt sich der Maraschino wie halbgefrorenes Öl, zieht nur sehr schwere, fette Beine. In der Nase ist er sehr intensiv, aber zunächst herrscht in der Duft von Nagellackentferner vor. Erst danach schiebt sich langsam die schwere Kirsche und ein Hauch von Plätzchenteig. Anklänge von Trauben und Karamell sind da.

Nase: Kirsche, Plätzchenteig, Trauben, Karamell

Mund: Rosen, Marzipan, Kirschen, Zuckerrohr

Im Mund ist er vordergründig erstmal irre süß, gefolgt von einer intensiven Mischung aus Rosen, Marzipan und Kirschen. Im Abgang macht sich eine leichte Zuckerrohr-Note wie von Rum breit, die jedoch schnell verfliegt. Zurück bleibt ein süßlicher, leicht seifiger Geschmack und vor allem eine total überzogene Süße. Ja, es gibt Menschen, denen schmeckt das pur. Für uns ist das deutlich drüber. Anders sieht es aus, wenn man den Maraschino als Cocktail-Zutat einsetzt.

Luxardo Maraschino in Cocktails

Der niederländische Bartender Andrew Nicholls bezeichnete Maraschino einmal als die “Jedi Power” des Bartenders – und hatte damit wahrscheinlich Recht. Dieser pur sehr gewöhnungsbedürftige Likör kann mit einem einzigen Barlöffel voll Flüssigkeit einen kompletten Drink drehen und alle Aromen miteinander verbinden. Weil das Zeug aber gar so irre süß ist, solltet ihr darauf achten, dass ihr im Gegenzug Zucker und Zuckersirup nicht überdosiert.

Zu den klassischen Drinks mit Luxardo Maraschino zählen etwa der Aviation oder der Martinez, aber auch der Last Word mit Chartreuse und Gin ist auf ihn angewiesen. Auch in einem Chocolate Martini macht er sich gut. Im Hemingway Daiquiri ist er der Haupt-Gag des ikonischen Twists und im modernen Decepticon mit Gin und Mezcal sorgt er im Alleingang dafür, dass aus sehr unterschiedlichen Zutaten ein spannendes Ganzes wird.

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Fazit: Must-have in jeder Bar oder Hausbar, nicht nur als Zutat diverser Cocktail-Klassiker wie dem Aviation, sondern auch als Geheimwaffe, wenn einem Drink “irgendwas fehlt”.

Daten: 32 Prozent, Italien, 0,7 Liter, um 20 Euro

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

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