Clément Rhum Agricole Blanc 50% und der Green Gibson-Cocktail

Clément Rhum Agricole 50% im Green Gibson Cocktail - einer Gibson-Martini-Variante mit Verjus und Rhum.
Clément Rhum Agricole 50% im Green Gibson Cocktail - einer Gibson-Martini-Variante mit Verjus und Rhum.

Rum-Klassifizierungen sind ein undurchschaubares Monstrum, dem jedes Herstellungs-Land seine ganz eigenen grausigen Tentakel hinzufügt oder nach Bedarf auch abreißt. Eine Folge dieser Undurchschaubarkeit ist die Tatsache, dass Rum mit Zusatz- und Aromastoffen sowie Zucker angereichert werden darf, ohne dass das auf der Flasche angegeben werden muss. Und die Folge davon wiederum ist, dass Rum-Anfänger in Foren und sozialen Medien schnell und erbarmungslos darauf hingewiesen werden, dass die Zuckerbomben, mit denen Sie Rum kennen und lieben gelernt haben, gar nicht “echt” sind, kein richtiger Rum. Darüber und über Kennzeichnungspflichten kann man vortrefflich streiten und sollte man auch.

Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Ferrand Deutschland zur Verfügung gestellt, Bedingungen an den Artikel gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels. 

Viel wichtiger aber ist: Wenn man an diesem Punkt seiner persönlichen Rum-Reise ankommt, braucht man einen Einstiegspunkt zu Destillaten ohne Zusatzstoffe und vor allem ohne Zucker. Da hat man jetzt (neben diversen anderen) zwei besonders gute Möglichkeiten: Man holt sich einen jamaikanischen Melasse-Brand – zum Beispiel von Appleton; denn in Jamaica darf Rum nicht gezuckert werden. Oder man schaut auf die französische Insel Martinique – und holt sich einen Rhum Agricole aus frischem Zuckerrohrsaft, hergestellt unter A.O.C-Siegel, entlang strenger Richtlinien. Einer davon, der einen guten Eindruck vermitteln kann, was an “Rhum Agricole” eigentlich so anders soll: Clément Rhum Agricole Blanc.

Die Story hinter Clément Rhum Agricole Blanc

Gegründet wurde das Unternehmen 1887 von Homèr Clément, der es zunächst nur als Zuckerrohr-Plantage auf der Insel Martinique kaufte, einem französischen Übersee-Département . Erst zum ersten Weltkrieg begann er damit, seine Erträge auch für die Destillation zu verwenden. Als einer der ersten stellte er Rhum Agricole her – Rum aus frischem Zuckerrohrsaft. Für den ist die Insel heutzutage berühmt, inzwischen wird praktisch nur noch diese Rum-Sorte hier hergestellt, die damit von der Produktion her mit brasilianischem Cachaça vergleichbar ist. Clément hat an diesem Erfolg durchaus seinen Anteil.

Clément Rhum Agricole 50% im Ti Punch - dem Standard-Cocktail für Rhum Agricole.
Clément Rhum Agricole 50% im Ti Punch – dem Standard-Cocktail für Rhum Agricole.

Für insgesamt drei Generationen bleibt das Unternehmen in Familienhand, bevor Homèrs Enkel es 1986 verkaufen. Die Produktion wird aus der ehemaligen Destille ausgelagert, sie ist heute Touristenziel, Lagerhalle für die Fässer, in denen der Clément-Rhum lagert und auch Schauplatz von Geschichte: George Bush und François Mitterrand wählen die historischen Gebäude des Clément-Anwesens für ihr Treffen nach dem Ende des ersten Golfkrieges. Für Rum-Freunde spannender: 1996 bekommt Clément als einer der ersten Rums das sogenannte A.O.C.-Siegel – ab jetzt ist der Begriff “Rhum Agricole Martinique” herkunftsgeschützt – wer mitspielen will, muss sich an strenge Vorgaben halten. Und die beziehen den Verzicht auf jedwede Zusätze und Zuckerung mit ein. Und jetzt die wichtigste Frage: Schmeckt man das?

So schmeckt Clément Rhum Agricole Blanc 50%

Im Glas ist er kristallklar und schwenkt sich schön schwerfällig. Der intensive Duft erinnert im ersten Moment tatsächlich stark an einen Cachaça: Vergorene Früchte, mit merklichen Ester-Noten. Bananen, Trauben, Äpfel, dazu etwas frisch gemähtes Gras. Lässt man ihn  ein wenig stehen, geht er über ins Florale, offenbart Töne von Lavendel und Obstblüten. Man möchte den Rum im Winter offen auf die Heizung stellen, um Frühlingsduft im Raum zu simulieren.

Nase: Vergorenes Obst, Bananen, Trauben, Äpfel, Gras, Lavendel, Blüten

Mund: Bananen, Zuckerrohr, Birne, Mandarinen

Im Mund schlägt er unerwartet trocken auf und weniger intensiv als gedacht. Leichte Bitternoten begleiten den ersten Eindruck von Bananen und Zuckerrohr, gepaart mit ein wenig Birne. Im Nachgeschmack kommt dann wieder das Florale zu Tage, Veilchen bemerken wir sehr klar. Auf den zweiten und dritten Schluck bekommt der Clément Rhum Agricole Blanc eine leichte Mandarinen-Note. Insgesamt bleibt er angenehm weich, nur der erste Schluck zeigt ein vernachlässigbares Brennen, dass man aber auch als Pfeffer einstufen kann.

Clément Rhum Agricole Blanc pur und in Cocktails

Dieser Rhum Agricole ist wegen seines Preis-Leistungs-Verhältnisses (die Flasche für um die 25 Euro) eine Wucht für Agricole-Einsteiger, die hier eine sehr gute und spannende Grundlage davon bekommen, was Martinique-Rum ausmacht. In seiner Funktion als Türen-Öffner sollte man ihn unbedingt pur probieren, für den langfristigen Genuss aus dem Nosing-Glas empfehlen sich aber eher die fassgereiften Varianten. Der Blanc dagegen ist eine Wucht in Cocktails. Unseren ersten Test machten wir natürlich mit dem Ti Punch. Für alle denen das nichts sagt: Rhum Agricole und Ti Punch, das ist wie Gin und Gin Tonic. Ein simples Rezept aus Rhum, Limetten und Zucker. Die kräftige Frucht des Clément in Verbindung mit der Säure der Limetten – das gibt einen Drink zum “die ganze Nacht nichts anderes saufen”.

Weil wir aber hier professionell sind, experimentieren wir natürlich weiter. So mixen wir uns etwa einen “Dark and Stormy” mit dem Rhum Agricole. In Anführungszeichen steht er, weil bei weißem Rum in Ginger Beer natürlich nichts Dark wird, auch wenn das Ergebnis geschmacklich durchaus Spaß macht. Also mixen wir uns stattdessen einfach einen Bright and Bloomy: Ginger Beer, ein Schuss Limette, 6cl Rhum Agricole und ein Float mit einem cl Veilchenlikör. Ein hübscher Drink, der darüberhinaus vor allem die floralen Noten des Clément Rhum Agricole Blanc selbst durch das scharfe Ginger Beer hindurch herauskitzelt. Weil der Clément  so gut zum Ginger Beer passt, verwenden wir ihn auch ihn einer Rum-Mule-Variante mit hausgemachtem Ananas-Sirup – das fällt etwas flach aus, sieht aber schick aus. Unser Highlight aber ist unser diesmal sehr schlichter eigener Drink namens Green Gibson.

Das Rezept für den Green Gibson

  • 3 cl Rhum Agricole Blanc 50%
  • 3 cl Trockener Wermut
  • 3 cl Verjus

Alle Zutaten zusammen auf Eis rühren und in eine vorgekühlte Coupette abseihen. Mit Silberzwiebeln garnieren. Trinken.

Dieser Drink ist angelehnt an den Gibson – eine Martini-Variante mit Silberzwiebeln statt Oliven oder Zitronenzeste als Garnitur. Weil wir für den Agricole aber mehr Säure brauchen als für einen Gin, greifen wir auf den fruchtig-sauren Verjus zurück – ein Saft aus unreifen Trauben, der eine sehr fruchtige und trotzdem filigrane Säure mitbringt. Dazu der trockene, bittere Wermut und die deftigen Noten der Silberzwiebeln; ein Hammer-Drink. Und an der Stelle mixten wir uns jetzt wirklich den Rest des Abends nichts anderes mehr.

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Fazit: Ein großartiger Einstieg in die Welt des Rhum Agricole zum guten Preis, vor allem aber eine spannende Alternative zu weißen Melasse-Rums, wie Sie die meisten Menschen für Ihre Homebar-Drinks benutzen. Für Hobby-Bartender gilt: Verlangt ein Rezept nach Rhum Agricole, macht ihr mit diesem hier nichts verkehrt.

Daten: Martinique/Frankreich, um 25 Euro, 1 Liter, 50 Prozent

Ferrand Deutschland hat uns eine Flasche des Clément Rhum Agricole Blanc 50% für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.

Clément Rhum Agricole Blanc im Dark and Stormy mit ohne Dark.
Clément Rhum Agricole Blanc im Dark and Stormy mit ohne Dark.

 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"