Wenn du plötzlich und unerwartet an einem Ort aufwachst, an dem Rum und Erdbeeren sich miteinander paaren, dann bist du wahrscheinlich durch einen absonderlichen kosmischen Zwischenfall in einem dieser ganz speziellen Momente deines Lebens gestrandet:
- Es ist der 17. Juli 1999 und du bist auf der Poolparty im Nachbardorf. Du hast gerade zwei Frozen Strawberry Daiquiris gekauft, für je acht Mark. Einen für dich und einen für Susi, die heute trotzdem nicht mit dir rummachen wird. Der Drink schmeckt wie Wassereis mit Erdbeer-Fruchtzwerg. Ist dir aber egal, weil du 16 Jahre alt bist und keiner nach deinem Ausweis gefragt hat. Erfolg, baby!
- Wir schreiben den 25. Dezember 1995. Oma hat dir gerade eine Erdbeere aus dem Rumtopf gegeben, weil du den Schnaps selber nicht darfst und die Beere doch so lecker wäre. War sie nicht, damals zumindest. Aber wenn du schlau bist, lässt du dir ein Einweckglas voll einpacken für den Rückweg in die Gegenwart.
- Wir sind im Hier und Jetzt. Du stehst an deinem Küchentisch und hast dir gerade einen Strawberry Daiquiri mit Tante Hilde Strawberry Rum gemixt. Oma hätte den geliebt. Und wenn du dir gleich einen zweiten mixt, kriegt den sicher nicht die dumme Susi.
Tante Hilde Strawberry Rum – was ist das, was soll das?
Von außen betrachtet, ist Tante Hilde Strawberry Rum eine rote Suppe in einer klassischen, hohen Obstbrand-Flasche. Dazu der günstige Preis von 16,90 Euro für 0,5 Liter. Der Ersteindruck schreit so laut “Erdbeerlikör”, dass bei jeder Bezugsquelle explizit darauf hingewiesen wird, dass es eben keiner ist. Dass da kein zusätzlicher Zucker drin ist, sondern dass hier einfach nur Rum mit frischen Erdbeeren kombiniert wurde. Dass da mit 38 Volumenprozent im Vergleich zu Likör schon ein bisschen Power drinsteckt. Der Mann hinter Tante Hilde heißt Nicolas Kröger, ist Mitte 20, war mal Bartender und ist jetzt eher damit beschäftigt in seinem Shop Rum-depot.de Rum aus aller Welt zu verkaufen und ganz nebenbei auch selbst Spirituosen herzustellen.
Darunter zum Beispiel Rum-Cuveés, die seine Optimalvorstellung von einem weißen Mix-Rum darstellen, extrem wacholdrige Gins, Wein aus grünen Walnüssen. Und eben Tante Hilde Strawberry Rum. Entstanden ist der, weil Kröger in seiner Zeit als Bartender immer wieder Bestellungen Marke “Irgendwas fruchtiges mit Erdbeeren!” bekam – aber damals einfach nichts liefern konnte, das seinen Ansprüchen an Cocktailkunst genügte. Durch ein “spezielles Mazerationsverfahren” (mehr lässt sich aus der Webseite nicht herauslesen”) transportiert er den Geschmack und die Farbe frischer Erdbeeren in einen Blend karibischer Rums und das ohne Konservierungsstoffe oder Extra-Zucker. Mit anderen Worten: Mit Tante Hilde haben wir jetzt etwas in der Hand, mit dem wir endlich Strawberry Daiquiris mixen können, für die wir uns nicht schämen müssen. Aber taugt die Hilde was?
So schmeckt Tante Hilde Strawberry Rum
Im Glas kommt Hilde so rot an, wie man sie auch in der Flasche kennenlernt, allerdings mit einem leichten Einschlag Richtung rosa. Der Rum ist relativ flüssig, hat nur eine leicht ölige Viskosität. Beim ersten Schnuppern erleben wir tatsächlich das, was Kröger als “Erdbeer-Explosion” beschreibt. Eine irre erdbeerige Fruchtigkeit. Wohlgemerkt die Fruchtigkeit frischer Erdbeeren, nicht die künstliche Ed von Schleck-Variante. Dahinter riechen wir eine leichte Sahne-Note, die das Rum-Aroma transportiert. Er hat etwas von Rotwein dieser Duft und auch Honig schwingt mit. Die Nase ist wundervoll sommerlich.
Nase: Erdbeeren, Sahne, Rum, Rotwein, Honig
Mund: Erdbeeren, Vanille, Rosé Champagner, Rum, Ananas
Auf der Zunge kommt er an wie in der Nase: Erdbeerig und süß, mit ein wenig Vanille. Der recht flüssige Eindruck setzt sich im Mund fort, dafür hat Tante Hilde etwas spritziges wie von einem leicht säuerlichen Rosé Champagner – sowohl im Mundgefühl wie im Geschmack. Ein leichtes Brennen macht sich allerdings breit, das zwar schnell verfliegt, aber trotzdem etwas stört. Im Abgang kommt dann der Rum heraus und im Nachgeschmack bleibt die Erdbeere und ein Hauch von Ananas.
Tante Hilde Strawberry Rum in Cocktails
Pur ist Tante Hilde eher so lala. Weiß Kröger aber selber und empfiehlt den Strawberry Rum ausdrücklich als Mix-Spirituose, die eben dazu gedacht ist, klassischen Rum-Cocktails und innovativen neuen Cocktail-Rezepten die volle Ladung Frucht zu verpassen. Und das macht das Zeug ziemlich gut. Wir testen den Erdbeer-Rum als erstes in einem klassischen Daiquiri. Daiquiri, nicht Strawberry Daiquiri, weil wir eben nicht mit irgendwelchen Crushed-Ice-Spielereien und Erdbeer-Sirup arbeiten, sondern uns an das klassische Rezept halten. Das Ergebnis ist fabelhaft fruchtig und dabei charakterstark, die Mischung aus Säure, Frucht und Süße der Wahnsinn.
Drink Nummer 2 ist der Pink and Stormy: Ginger Beer, gefloatet mit Tante Hilde Strawberry Rum. Auch das funktioniert grandios, Ingwer und Erdbeere gehen ein wundervolles Farbspiel und eine tolle Geschmackskomposition ein. Der Mojito – wieder: kein Strawberry Mojito, wir mixen klassisch, nur eben mit Erdbeer-Rum – der ist ein Selbstläufer. Minze und fruchtige Erdbeere, das macht einfach Sommer im Mund. Das einzige, was uns im Test so gar nicht eingeht, ist der Tante Hilde Tonic. Hätten wir selber nie probiert, hat sich aber Thomas Henry ausgedacht. Aber wir rallen’s nicht. Selbst mit dem Gentleman’s Tonic, mit dem wir quasi den Klassiker Erdbeeren mit Pfeffer in flüssig nachbauen, macht uns das keinen Spaß. Zumindest nicht annähernd so viel wie der Rest.
Spezial-Tipp: Wie es so seine Art ist, hat Matthias Friedlein von augustine-bar.de sich für Tante Hilde ein hochkomplexes Aroma-Monster von Cocktail ausgedacht – den Here in Spirit. Uns fehlen dafür gerade die Bitters, aber wir holen den Drink nach – und ihr solltet das auch.
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Fazit: Ein absurd gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für eine tolle Spirituose, mit der man moderne Drinks und Cocktail-Klassiker wunderbar befruchten kann, ohne ihnen die Seele zu nehmen.
Daten: 38 Prozent, Deutschland, 0,5 Liter, 16,90 Euro
Zuletzt überarbeitet am
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