Williams & Humbert Walnut Brown Medium Sweet Sherry und der Summer in the Shire

Williams & Humbert Walnut Brown Medium Sherry in einem sommerlichen funky Shortdrink namens Summer in the Shire.
Williams & Humbert Walnut Brown Medium Sherry in einem sommerlichen funky Shortdrink namens Summer in the Shire.

Wer in die Welt des Sherry einsteigen will, sollte sich in der Klasse des Vinos Generosos de Licor umsehen – mittelsüße bis süße Sherrys, die anders als die furztrockenen Vinos Generosos durch Volumen und Fruchtigkeit auch unerfahrene Genießer einzufangen wissen. Nichts gegen trockenen Sherry, aber den müssen die allermeisten von uns lieben lernen; so ein Medium Sweet Sherry dagegen, der schmeckt nicht nur der Oma. Mit dem Williams & Humbert Walnut Brown haben wir heute einen solchen im Glas.

Die Flasche für dieses Tasting wurden uns von Haromex, dem deutschen Vertrieb von Williams & Humbert, zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels. 

Der ist zwar – wie ihr gleich lesen werdet – geschmacklich durchaus zugänglich, sorgt aber bei Sherry-Neulingen für Kopfzerbrechen, wenn sie ihn in eine Kategorie pressen wollen: Medium Sweet steht auf der Flasche, je nach Shop wird er aber auch mal als Oloroso, Oloroso Dulce oder Cream Sherry angeboten, da er als solcher auch in der offiziellen Beschreibung geführt ist. Bevor ihr euch vor lauter Verwirrung die Haare rauft, reden wir lieber erstmal über die Leute, die das Zeug herstellen.

Die Story hinter Williams & Humbert Walnut Brown Sherry

Die Geschichte der Bodegas Williams & Humbert beginnt klassisch-familiär: Tatsächlich schließen sich 1877 Alexander Williams und sein Schwager Arthur Humbert zusammen, um ein Weingut zu eröffnen. Erste Amtshandlung: zwei Fässer Fino Sherry bestellen. Es dauerte bis 1906, bis sie mit dem “Dry Sack” ihren bis heute wichtigsten Sherry auf den Markt bringen – ein Produkt, dass die Bezeichnung “Dry” mit weniger als einem Gramm Zucker auf den Liter durchaus verdient hat. Nicht verdient hatte es Williams & Humbert dagegen, sich 1972 von Rumasa aufkaufen zu lassen – ein Unternehmen, das 1983 enteignet wurde. Klingt nach Tragik, war am Ende aber vielleicht ein Glücksgriff:

Williams & Humbert wurde vom spanischen Staat an den multinationalen Konzern Royal Ahold verkauft und landete dadurch in den Fingern der Gebrüder Medina, an deren Unternehmen Luis Paez S.A. die Ahold wiederum 50 Prozent Anteile hielt. Ein kompliziertes Gefüge, dass die Medinas spätestens 2005 auflösen: Ab da gehört Bodegas Williams & Humbert S.A., wie mittlerweile das gesamte Medina-Imperium heißt, wieder komplett ihnen.

Die Verwirrung um das Unternehmen mag damit weg sein, die Verwirrung um die Klassifikation bleibt. Dabei ist die Nummer eigentlich gar nicht so schwierig: der Walnut Brown ist zunächst mal ein Medium Sweet Sherry, damit hat er zwischen 45 und 115 Gramm Zucker und fällt dank des Sherry-Blends aus Palomino, Pedro Ximenez und Moscatel auch unter die Kategorie Cream Sherry. Und weil er in seinen durchschnittlich vier Jahren Reifezeit komplett unter Lufteinfluss gereift ist (genau wie ein Oloroso), spricht der Kenner hier von einem süße Oloroso, einem Oloroso Dulce. Diese Bezeichnung ist jedoch laut der offiziellen Richtlinien für die geschützte Herkunftsbezeichnung “Sherry” nicht zugelassen. Daher steht auf der Flasche eben “Medium Dry” – aber was steckt drin?

Williams & Humbert Walnut Brown Medium Sherry im Adonis Cocktail.
Williams & Humbert Walnut Brown Medium Sherry im Adonis Cocktail.

So schmeckt dieser Medium Sweet Sherry

Im Glas schimmert dieser Sherry etwas dunkler als man es von “Walnut Brown” erwarten würde, aber er schwenkt sich mit einer schönen Cremigkeit. Die Nase ist vielschichtig: Pflaumen und dunkle, eingelegte Kirschen sind da, aber auch säuerliche Weißwein- und kräftige Rotwein-Noten. Rosinen erschnuppern wir und nach ein paar Minuten des Atmens auch tatsächlich einen Hauch von Nüssen.

Nase: Pflaumen, eingelegte Kirschen, saurer Weißwein, Rotwein, Rosinen, Nüsse

Mund: Pflaumen, Waldbeeren, Rumtopf, Weißwein, Holunderbeere, Champagner, Nüsse Erdbeeren

Auf der Zunge ist er frisch-fruchtig, aber vor allem komplex. Der erste Schluck lässt sich nur schwierig zuordnen: Pflaumen sind da wieder, Waldbeeren mit einem Hauch von Rumtopf, saure Weißwein-Noten, dazu Holunderbeere und am Gaumen Noten von Champagner und Nüssen. Der Abgang ist lang und fruchtig, mit erdbeerigen Anklängen. Trotz der klar erkennbaren Süße wirkt er keine Sekunde pappig.

Williams & Humbert Walnut Brown Medium Sweet Sherry pur und in Cocktails

Pur ein irre spannender Sherry, aber eben sehr eindeutig Sherry – mit den klaren, sauren Weißwein-Noten ist hier die Oloroso-Herkunft auch noch sehr deutlich zu erkennen. Das macht den Süßwein für Leute, die mit trockenem Sherry nix anfangen können, etwas kompliziert in der Pur-Verkostung. In Cocktails dagegen ist das Ding eine ziemliche Bombe. In einem Valencia Martini mit Sherry statt Wermut macht er eine hervorragende Figur und schafft es, bei einem Mischverhältnis von 6:2 gegen den Gin anzukommen, ohne ihn zu übermannen.

Für den Vicar in unserem Artikel über den Jamaica Rotspon von von Have kombinierten wir ihn mit ebendiesem und Cherry Heering zu einem irre spannenden Drink und in Kombi mit einem Mancino Chinato1 (einem schweren, sehr bitteren Wermut) und ein paar Tropfen Orange Bitters mixt er einen herausragend spannenden Adonis-Cocktail. Natürlich haben wir uns aber auch an einem eigenen Drink versucht – und der betont vor allem seine fruchtig-frischen Noten und zeigt erneut, wie gut dieser Sherry mit Rum kann.

Summer in the Shire

  • 4,5 cl Revolte Rum
  • 3 cl Williams & Humbert Walnut Brown
  • 0,75 cl Supasawa
  • 1,5 cl Cynar
  • 1,5 cl Falernum 

Alle Zutaten zusammen auf Eis rühren, in eine vorgekühlte Coupette abseihen und mit einer Schüssel Wasabi-Nüsse servieren. Trinken.

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Fazit: Wunderschön komplexer Medium Sweet Sherry, der für alle, die nur eine offene Flasche Sherry rumstehen haben wollen, wunderbar als Allrounder taugt und in der gut sortieren (Haus-)Bar einen tollen Medium Sherry zwischen Fino und Pedro Ximénez abgibt.

Daten:  19,5 Prozent, Spanien, 0,75 Liter, um 13 Euro

Der Deutsche Vertrieb von Williams & Humbert, die Haromex Development GmbH, hat uns die Flaschen für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.

Bei den markierten Produkten handelt es sich um Spirituosen, an deren Vertrieb Johann in seinem Dayjob beteiligt ist. Er bekommt keine Provision für ihre Erwähnung und sein Arbeitgeber hat keinen Einfluss darauf, wann und in welcher Weise er auf Cocktailbart Produkte des Unternehmens erwähnt. 

Williams & Humbert Sherry Walnut Brown in einem Twist auf den Bishop Cocktail.
Williams & Humbert Sherry Walnut Brown in einem Twist auf den Bishop Cocktail.

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

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