Freimeisterkollektiv Straight Rye Whiskey in klassischen und modernen Drinks

Freimeisterkollektiv Straight Rye Whiskey im Manhattan Cocktail.
Freimeisterkollektiv Straight Rye Whiskey im Manhattan Cocktail.

Rye Whiskey ist ein American Whiskey. Cowboys, Pferde, Saloons und so, kennt ihr. Gut, ist jetzt übertrieben – aber selbst wer das Roggen-lastige Destillat  weniger im Wilden Westen und mehr in der gehobenen Bar verortet, der nimmt den Rye neben Bourbon als DEN amerikanischen Whiskey wahr. Ist er auch. Das bedeutet aber nicht, dass außerhalb der Staaten niemand seinen Roggenbrand in Fässern reift und nach einigen Jahren wieder herausholt, um großartige Manhattans damit zu rühren.

Die Flasche für dieses Tasting wurde uns vom Freimeisterkollektiv zur Verfügung gestellt. Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.  

Dass anscheinend gerade Deutschland in den letzten Jahren einen Faible dafür entwickelt, hat der geschätzte Kollege Chris schon vor fast einem Jahr ausführlich festgestellt. Scheinbar lernen wir hierzulande nicht nur nach und nach, den würzigen großen Bruder des Bourbon zu lieben, sondern auch, ihn herzustellen. Einer, der das mit Herzblut und Leidenschaft unter der schnörkellosen Flagge der Handwerkunst tut, ist Rüdiger Sasse. Wer dessen flüssige Werke wie den Nju Korn oder den Lagerkorn kennt, wundert sich aber vielleicht beim Anblick der Flasche: Wer ist den dieses Freimeisterkollektiv? Ist der Rüdiger jetzt Kommunist? Nö. Besser:

Über das Freimeisterkollektiv

Wer einfach nur wissen möchtet, wie denn jetzt dieser Rye Whiskey schmeckt (Spoiler: famos!), der möge zur Verkostung etwas weiter unten scrollen. Aber um die Geschichte dieses Destillats, des Mannes, der es gebrannt hat und die Schnaps-brennenden Haudegen des Freimeisterkollektivs ordentlich einzuführen, müssen wir an dieser Stelle ein wenig ausholen. Allein schon, weil es uns zu mühsam ist, die Story in einigen Folge-Artikeln von vorn zu erzählen und wir stattdessen auf diesen Artikel hier verlinken werden, wir faulen Schweine.

So, nu aber: das Freimeisterkollektiv ist – trotz des Namens – keine Konklave von Hippies, Freimaurern und Borg oder einer wie auch immer gearteten Zusammenstellung dieser drei. Stattdessen haben sich hier unter einer Flagge Brenner und Bartender zusammengeschlossen, um außergewöhnliche Brände, Liköre und ganz generell Spirituosen zu produzieren, die es in dieser Form teils nirgendwo sonst gibt. Statt sich mit hübschen Federn zu schmücken, verpackt man die Produkte in eine schmucklose Schraubverschluss-Flasche – und malt sich statt Goldbordüren lieber eine gewaltige Packung Transparenz auf’s Etikett.

Ein Aromen-Diagramm erklärt, was den Genießer geschmacklich erwartet, der Brenner (inklusive Porträt) und die Zutaten werden genannt, fertig. Reicht euch nicht? Die offizielle Webseite bietet zu praktisch jedem Destillat ein mal mehr mal weniger umfangreiches Hintergrund-Porträt, zur Spirituose wie zum Brenner. Der schöne Nebeneffekt dieses entspannt-unprätenziösen Fläschchens, das über alle Produkte der Marke hinweg gleich ist: die Produkte sind irre fair bepreist, vor allem gemessen an dem immensen Aufwand, der hinter ihrer Produktion steht.  Das Ziel der beiden Initiatoren Theo Ligthart und Manfred Ritter: Handwerklich hergestellte Produkte, ohne Scheiß (in Worten: Zusatzstoffe oder Zucker in Bränden), die sich rechnen – für den Kunden wie für den Hersteller. Und die – natürlich – schmecken. Und dafür sorgen die Brenner – wie Rüdiger Sasse.

Über Rüdiger Sasse und seine Feinbrennerei

Sasse ist in der Spirituosen-Szene vor allem für seinen Korn bekannt – ein Herzensthema für Freimeister-Frontmann Ligthart, der seine eigene liquide Karriere mit Das Korn begann. Vielleicht ist auch dieses Traumpairing einer der Gründe dafür, dass wir besonders oft vom Rye Whiskey hören, wenn in unserem Umfeld über das Freimeisterkollektiv gesprochen wird. Dabei sah es vor ein paar Jahren gar nicht so aus, als würde das so kommen – obwohl Sasses Brennerei im Münsterland sich jetzt seit 15 Generationen in Familienbesitz befindet, 1707 wird sie das erste Mal urkundlich erwähnt.

Nach einer langen und bewegten Geschichte und einem Umzug weg aus dem Zentrum Schöppingens in den 70ern wird schließlich in den 1980ern der Betrieb der Brennerei eingestellt. Erst als Rüdiger Sasse 2004 den Laden übernimmt, möchte er da weitermachen, wo sein Großvater aufgehört hat. Er ist damit quasi der Kylo Ren der deutschen Brennerszene – nur mit weniger spätpubertärenden Anwandlungen und mehr großartigen Ideen: So brennt er seinen Korn aus diversesten Getreidesorten und lagert sie teils in Fässern von Ex-Bourbon über First Fill American Oak und Ex-Cognac bis zum Bordeaux-Fass. Das macht manche seiner Korns im Prinzip zu Whiskys – er nennt sie aber lieber Lagerkorn.

Freimeisterkollektiv Straight Rye Whiskey im Manhattan Cocktail.
Freimeisterkollektiv Straight Rye Whiskey im Manhattan Cocktail.

Nur beim Rye in Zusammenarbeit mit dem Freimeisterkollektiv, da prangt “Straight Rye Whiskey” auf dem Label.  Mit prallen 75% Roggen verspricht der eine irre Würze und Trockenheit. Letzteres wird noch verstärkt durch den kompletten Verzicht auf einen Mais-Anteil, wie er beim amerikanischen Pendant üblich wäre. Gebrannt wird zunächst in der Kolonne und danach in einer Pot Still von 1880. Danach darf der Rye zwischen 5 und 11 Jahren ruhen, in frischen Fässern aus amerikanischer Weißeiche. Für einen deutschen Whiskey durchaus ein stolzes Alter. Bleibt die Frage: schmeckt das Ding auch?

So schmeckt der Freimeisterkollektiv Straight Rye Whiskey

Die Farbe von hellem Bernstein im Glas und die dicken Tropfen nach dem Schwenken machen Lust auf den ersten Schluck, der erste Schnupperer überrascht allerdings mit einer ungeahnten Wucht und viel Würze. Der Duft ist sehr getreidig und zunächst auch ein klein wenig dumpf. Nach weniger als zwei Minuten des Atmens machen sich leichtere, holzige Noten breit, etwas Vanille und ein klarer Roggen-Duft. Dazu kommen Orangen und je länger er steht, auch frischere Noten von Zitronen und sogar Noten von Aprikosen und Honig.

Nase: Getreide, Holz, Vanille, Roggen, Orangen, Zitronen, Aprikosen, Honig

Zunge: Blütenhonig, Aprikosen, Zitronen, Eiche, Vanille, Roggen

Im Mund erwartet uns dann zunächst doch mehr Süße als gedacht – aber weitaus weniger als bei vergleichbaren American Ryes. Herber Blütenhonig umspült die Zunge, dazu spätestens am Gaumen frische Aprikosen und wieder die Zitronen. Bei aller Trockenheit ein irre frischer Eindruck. Erst im Abgang dann leicht bittere, aber sehr angenehme Eichen-Noten mit Vanille und eine intensive, roggige Würzigkeit. Die 48% sind gut eingebaut, er geht butterweich runter.

Der Rye pur und in Cocktails

Pur ist dieser Rye eine durchaus spannende Sache, die wir jedem nur empfehlen können. Falls ihr drüber nachdenkt, ihn nach American Whiskey-Art on the rocks aus dem Tumbler zu sippen: er verträgt das durchaus, aber achtet darauf, entweder einen sehr großen Eiswürfel oder wenigstens ehr viel Eis zu benutzen. Kälte können seine Aromen im Test ein wenig besser ab als ein zuviel an Schmelzwasser.

Was Drinks angeht sind wir mehr als zufrieden: Im Manhattan mit rotem Wermut funktioniert er göttlich gut, in einem Purgatory mit jeder Menge Chartreuse behauptet er sich außerordentlich gut. Aber den vielleicht größten Spaß hatten wir mit der leichten Abwandlung eines modernen Klassikers: dem Old Fashioned-Twist des Bartenders Abraham Hawkins, benannt nach der Hauptfigur aus dem Klassiker Singin’ in the Rain:

Don Lockwood (adaptiert nach Abraham Hawkins)

  • 3 cl Rye Whiskey (Bourbon im Original)
  • 3 cl Islay Scotch
  • 1 Barlöffel Ahornsirup
  • 1 Spritzer Angostura
  • 2 Spritzer Schokoladenbitters

Alle Zutaten auf Eis rühren, in einen Tumbler mit frischem Eis abseihen und mit einer Orangenzeste garnieren – oder wie wir mit einem Stück weißer Schokolade.

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Fazit: Sasse schafft es, der Spirituosen-Kategorie einen eigenen Stempel aufzudrücken, ohne sie zu verleugnen: das Ding ist Rye pur, mit Wucht und Würze und es macht verflucht gute Drinks.

Daten: 48,2 Prozent, um 25 Euro für 0,5 Liter, Deutschland

Das Freimeisterkolletiv hat uns eine Flasche des Produkts zur Verfügung gestellt, aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die ausnehmend freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit. 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

2 Kommentare

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Ich stimme zu.

    • Er spielt in jedem Fall im vorderen Achtel mit, ja 🙂 Ich tu mich ab einer gewissen Qualität und einem gewissen Grad des persönlichen Gefallens schwer, da jetzt genau meine Top-5-Liste zu sortieren, grade beim Rye wo’s sehr schöne Sachen gibt. Aber verstecken braucht sich der Freimeisterkollektiv Rye vor gar nix.