Michter’s US *1 Small Batch Bourbon Whiskey – Craft-Bourbon aus Kentucky

Redet man über Small Batch und Craft-Spirituosen, dann denkt man an Hinterhof-Gin-Brennereien, an Destillateure in dritter Generation, die den elterlichen Betrieb verjüngen, an Mezcal aus kleinen mexikanischen Dörfern oder schottische Hochland-Whisky-Destillen, deren Gebäude noch so aussehen wie vor Hundert Jahren. Bei dem Wort “Bourbon” denkt man an Fernsehwerbung mit Hollywood-Schauspielerinnen und amerikanische Großkonzerne. Klingt, als bekäme man beides nicht zusammen? Bekommt man doch – unter anderem im Michter’s US *1 Small Batch Bourbon Whiskey.

Den entdeckten wir selbst erst dieses Jahr in einer Bar, hatten zuvor nie davon gehört. Bei der ersten Netz-Recherche dann der große Schock: Über 50 Euro pro Flasche? Für einen Bourbon Whiskey? Wo doch selbst der durchaus schon leckere Bulleit Bourbon Frontier Whiskey weniger als die Hälfte kostet? Nach Ende des Schocks kam der Schock über uns selbst – wieso irritiert uns dieser Flaschenpreis bei Bourbon so? Stünde da statt Bourbon ein Mezcal, Cognac oder Scotch würden wir das bestenfalls mittelpreisig finden, wir verdammten Snobs. Also: Erstmal schauen, wo der herkommt. Dann verkosten. Und dann kann man ja immer noch schockiert sein.

Die Story hinter Michter’s

Eigentlich gibt es die Brennerei Michter’s schon seit 1753, damals gegründet unter dem Namen Shenk’s von John Shenk in Schaefferstown, Pennsylvania. Kerngeschäft damals: Rye Whiskey. Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm ein Mann namens Abraham Bromberger den Laden und benannte ihn nach sich selbst. Mit der Prohibition Anfang des 20. Jahrhunderts schloss die Brennerei später vorübergehend, hangelte sich nach ihrem Ende aber von Pleite zu Pleite. Mitte der 1950er benannte der damalige Besitzer Lou Forman das Unternehmen nach seinen Söhnen Michael und Peter – Michter’s. 1989 schließlich folgte der endgültige Bankrott.

Im Prinzip könnt ihr diesen Teil der Story dann jetzt auch schon wieder vergessen – denn was wir heute als Michter’s kennen, von dem steckt im Wesentlichen nur noch der Name im Unternehmen. In den 90ern kaufen die Spirituosen-erfahrenen Geschäftsleute Joseph Magliocco und Richard Newman die Marke und eröffnen unter der bekannten Flagge eine Brennerei in Kentucky. Ihr wisst schon, da wohnen auch die ganzen anderen Bourbon-Produzenten. Die beiden Herren möchten in der Nähe der größten Whiskey-Talente arbeiten – aber dann irgendwie doch alles ganz anders machen.

Das Unternehmen unter kreativer Leitung von Master Distiller Pamela Heilmann und dem  Master Distiller Emeritus in Altersteilzeit Willie Pratt setzt auf besondere, einzigartige Whiskeys. Auch wenn man mit Namen wie “Sour Mash” (darf sich weder Rye noch Bourbon nennen, wegen zu hohen Anteilen anderer Getreidesorten) vielleicht nicht jeden Kunden sofort anspricht. Mit dem US *1 Small Batch Bourbon setzt Michter’s auf einen Whiskey aus einem luftgetrockneten Fass – andernorts trocknen Holzfässer in speziellen Hallen, was dafür sorgt, dass mehr Bitterstoffe in den Whiskey gelangen. Im Fass selbst bleibt der Whiskey laut Hersteller-Angaben dann 5 bis 8 Jahre. Das ist lange, bedenkt man, dass Bourbon-Fässer unbenutzt sein müssen und damit sehr viel Eichen-Geschmack abgeben.

So schmeckt Michter’s US *1 Small Batch Bourbon Whiskey

Im Glas schimmert er in hellem Bernstein, wirkt für einen Bourbon beinahe schon ölig, dabei aber sehr leicht. In der Nase kommt er verflucht intensiv an, mit dieser ganz eindeutigen Bourbon-Süße. Klares Malz folgt einem dunklen Karamell und Eiche. Hinter diesen altbekannten Bourbon-Düften wird es schwierig zu differenzieren – das macht ihn aber keineswegs langweilig, dafür sind diese Grundnoten viel zu intensiv. Wer sich Zeit nimmt, ihn eine Weile stehen lässt und neu beschnuppert, der bekommt Aromen von Weizen und Trauben dazu, für einen kurzen Moment erinnert er an einen karibischen Rum.

Nase: Malz, Karamell, Eiche, Weizen, Trauben

Zunge: Karamell, Honig, Holz, Vanille, Buttertoffee

Im Mund kommt der Michter’s Small Batch Bourbon absolut weich an, bringt keinerlei störende Alkoholnoten mit. Er startet mit einer wunderbaren Süße zwischen Karamell und Honig, auf dem Weg zum Gaumen kommen dann die Aromen des Fasses durch, dieser Anklang von Holz und sogar ein winziges bisschen Rauch. Im Mund zurück bleibt die Eiche und ein angenehmer Vanille-Ton. Der zweite Schluck vermischt all diese Eindrücke zu cremigem, intensiven Buttertoffee.

Michter’s US *1 Small Batch Bourbon Whiskey pur und in Cocktails

Wer vorher schon keinen Bourbon mochte, der wird ihn durch Michter’s nicht lieben lernen. Er verschleiert seine Herkunft nicht, sondern feiert sie, er ist Bourbon durch und durch. Nur eben facettenreicher, vielschichtiger und tiefer als so mancher Mitbewerber. Wer Bourbon Whiskey also schlicht langweilig findet, den könnte der Michter’s US *1 Small Batch Bourbon vielleicht sogar ein wenig versöhnen. Der Preisunterschied zu okayen Bourbons wie dem Bulleit ist unserer Meinung absolut gerechtfertigt, der Michter’s eignet sich hervorragend für den Pur-Genuss. Nur bitte trotz seiner Herkunft im Nosing- oder Glencairn-Glas, nicht im Tumbler und schon gar nicht auf Eis. Da gehen die Aromen flöten.

Michter's US *1 Small Batch Bourbon Whiskey in einem Revolver Cocktail mit Kaffeelikör und Orange Bitters.
Michter’s US *1 Small Batch Bourbon Whiskey in einem Revolver Cocktail mit Kaffeelikör und Orange Bitters.

In Cocktails macht er eine hervorragende Figur, verträgt sich toll mit der Minzfrische eines Mint Julep (siehe Bild ganz oben) und der starken Säure eines Whiskey Sour. Er ist ein süßlich-intensiver Allrounder, mit dem man in den meisten Whisky-Cocktails generell nicht viel falsch machen kann. Unser Highlight im Test ist der Einsatz im Cocktail Revolver – in Kombination mit Kaffeelikör können sich Vanille und Karamell großartig entfalten und die Frucht der Orange Bitters rundet das Gesamtpaket ab. Tolles Ding:

Rezept für den Revolver-Cocktail

  • 6 cl Bourbon
  • 1,5 Kaffeelikör
  • 2 Spritzer Orange Bitters

Alles zusammen auf Eis rühren, in eine vorgekühlte Coupette abseihen und mit einer Orangenzeste garnieren. Trinken.

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Fazit: Hier steht Bourbon drauf, hier ist Bourbon drin. Der vergleichsweise hohe Preis ist gerechtfertigt, der Michter’s ist verflucht intensiv und vielschichtig und lässt auch Scotch-Fans mal zu einem puren Glas American Whiskey greifen. Gerade in Shortdrinks ist der Michter’s dank seiner Aromatik eine Wucht.

Daten: 47,5 Prozent, 0,75 Liter, USA, um 50 Euro

 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"