Sazerac Rye Whiskey und der Purgatory Cocktail

Der Sazerac Rye Whiskey im Purgatry Cocktail mit Chartreuse Verte und Benedictine.
Der Sazerac Rye Whiskey im Purgatry Cocktail mit Chartreuse Verte und Benedictine.

Wir geben’s zu: die Verführung war groß, diesen Rye Whiskey und den gleichnamigen Cocktail in einem einzigen Artikel abzuhandeln. Ihre Geschichten sind untrennbar miteinander verbunden und nicht wenige Leute behaupten, dass der Sazerac Rye die beste Wahl darstellt für diesen kräftigen Drink auf Basis von Rye Whiskey, Absinth und Peychaud’s Bitters. Wir werden gegen Ende dieses Artikels etwas ganz ähnliches behaupten und trotzdem den Cocktail an anderer Stelle separat besprechen. Das hat drei Gründe:

  1. Wir sind grundsätzlich Fans davon sind, vor allem klassische Drinks möglichst unabhängig von den verwendeten Spirituosen vorzustellen.
  2. Der edle Tropfen kostet 70 bis 80 Euro – das ist vielen Leuten nachvollziehbarerweise zu heftig, vor allem zum vermixen.
  3. Was sind wir heute wieder transparent: Es ist für die Suchmaschinenoptimierung einfach sinniger.

Die Flasche für dieses Tasting wurden uns von der Diversa Spezialitäten Gmbh zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.  

Die Geschichte hinter dem Sazerac Rye Whiskey

Wie erwähnt: es ist schwierig, diesen Whiskey zu besprechen, ohne den gleichnamigen Cocktail zu erwähnen. Denn ihren Ursprung haben beide im Sazerac Coffee House in New Orleans. Die Grundform des Cocktails gab es damals schon – erfunden von einem Apotheker namens Antoine Peychaud, der seine selbstgebrauten Bitters darin verwendete. Seinen Namen bekam der Drink aber vom Besitzer der Trinkstätte, die damals noch Exchange Coffee House hieß: Sewell Taylor. Der benannte den Drink wiederum nach der Cognac-Marke, die er darin verwendete und selbst importierte: Sazerac de Forge et Fils. Das war 1850.

Der Sazerac Rye im namensgebenden Cocktail mit Peychaud's Bitters.
Der Sazerac Rye im namensgebenden Cocktail mit Peychaud’s Bitters.

1869 nun kauft ein Mann namens Thomas H. Handy die Bar, gab ihr den Namen ihres bestverkauften Cocktails  und begann gleichzeitig mit der Ausweitung des Spirituosenhandels und -imports. So übernahm er etwa 1873 die Markenrechte und  das Rezept der Peychaud’s Bitters, die in der Zwischenzeit zu Bekanntheit gelangt waren. Er veränderte außerdem das Rezept weiter, stellte es wegen Nachschubschwierigkeiten unter anderem von Cognac auf amerikanischen Rye Whiskey um. Das Unternehmen, das Sewell Taylor 1850 gründete und Thomas Handy weiter ausbaute, gibt es noch heute – die Sazerac Company.

Genau die ist es, die den Sazerac Rye herstellt, der nach dem Cocktail benannt ist, der nach dem Cognac benannt wurde, aus dem er früher mal gemacht wurde. Gebrannt wird er in der Buffalo Trace Distillery in Kentucky, die sich Sazerac 1991 einverleibt hat. Er reift sechs Jahre lang, (wie alle amerikanischen Whiskeys auf unverbrauchter amerikanischer Weißeiche) bevor er auf Flaschen gezogen wird und räumt in schöner Regelmäßigkeit Preise ab oder gewinnt Blindverkostungen. Er gilt vielerorts als bester Rye Whiskey überhaupt und ist im Vergleich zu den meisten Konkurrenz-Produkten ähnlichen Alters mit meist über 70 Euro durchaus teuer. Die Frage ist jetzt nur: ist er das wert?

So schmeckt Sazerac Rye Whiskey

Im Glas liegt er mit der Farbe hellen Honigs, schwenkt sich leicht ölig und zieht einen Vorhang aus Schlieren am Glasrand. Sein Duft hat etwas warmes, man riecht den Roggen, süßen Honig-Met, ein wenig Orange. Dazu aber auch frische, helle Noten, ein leichter Champagner-Einschlag, gepaart mit ein paar roten Früchten und einer Vanille, die umso deutlicher rauskommt, je länger er steht. Etwas Karamell rundet das Aroma ab.

Nase: Roggen, Honig-Met, Orange, Champagnerrote Früchte, Vanille, Karamell

Mund: Roggen, Aprikosen, Vanille, Honig, Gras, Muskat, Piment, Crème brûlée

Im Mund belegt er mit ansehnlicher Kraft die Zunge, auf die er einen prickelnden Pfeffer mitbringt, auf dem Weg zum Gaumen zeigt er sich aber schon wieder samtig-weich. Im Mund ist es wieder der Roggen, den wir bemerken, er wird aber schnell übermannt von Aprikosen, Vanille, Honig und ein paar unerwartet grünen Gras-Noten. Ein wenig Muskat und Piment blitzen im Finish auf und überlassen die Bühne dann dem Nachklang, der an Crème brûlée erinnert.

Der Sazerac Rye pur und im Sazerac Cocktail

Der Autor dieses Textes neigt zuletzt verstärkt dazu, Sachen gut zu finden, weil sie Ecken und Kanten haben und/oder mit der aromatischen Wucht einer vergammelten Banane Gesichtshälften lähmen. Hier ist das anders – der Sazerac Rye ist wundervoll ausbalanciert und rund und schafft es trotzdem, nicht die Spur langweilig zu sein. Mit jedem Schluck und jedem Schnupperer entdeckt man eine neue Facette. Weil er zwar höflich, aber nicht schüchtern ist, muss man sich nicht stundenlang konzentrieren, um diese dann auch zu entdecken. Der Sazerac Rye ist ein wundervolles Schnäppschen und eines, das pur ein außergewöhnlicher Genuss ist, von dem viele sagen, er wäre “zu schade zum vermixen”. Wir gehören zum Glück eher zur Fraktion: “Wenn der Sprit schon so geil ist, wie krass wird dann erst der Drink?”

Der Sazrac Rye im Sazerac Cocktail.
Der Sazrac Rye im Sazerac Cocktail.

Natürlich testen wir den Rye Whiskey zunächst in genau dem Cocktail, nachdem er benannt ist, gemixt nach dem Original-Rezept auf der Webseite der Sazerac Company. Ein Zuckerwürfel, Peychaud’s Bitters, Rye Whiskey, ein paar Tropfen Wasser, etwas Absinth, mit dem das Glas benetzt wird. Wohlgemerkt wird auf der Webseite Herbsaint propagiert, ein in den USA verbreiteter Absinth-Ersatz, der aufkam, während die grüne Fee verboten war. Gemixt wird in einem zweiten Old Fashioned-Glas, ohne Eis, die paar Tropfen Wasser sind die einzige Verdünnung und gekühlt wird nur das Gästeglas, mit einem Eiswürfel, der ein paar Minuten darin gelegen hat.

Das klingt ziemlich heftig und es ist auch irre kraftvoll – aber wahnsinnig lecker. Ein Drink zum genießen und einer der sogar mehr noch als  der Old Fashioned die Spirituose in den Vordergrund stellt und nur ein bisschen untermalt. Es ist jetzt nicht so, dass wir schreien “Nie wieder einen Sazerac ohne Sazerac!”, es gibt schließlich noch diverse andere, hervorragende Whiskeys dieser Kategorie. Aber er zieht unsere Messlatte dann doch einige Meter nach oben.

Der American Whiskey in weiteren Cocktails

Dieser Whiskey ist zu filigran, um ihn unter einem Dutzend weiterer Zutaten im Cocktail zu ersaufen, aber er ist trotzdem kräftig genug, um jedem Shortdrink seinen Stempel aufzudrücken. Wir testen ihn deshalb vorrangig in genau solchen Drinks: Viel Spirituose, zwei, maximal drei Unterstützer, fertig ist die Laube. Natürlich steht hier der Manhattan mit ganz vorne auf der Liste, bei dem der Whiskey einfach nur mit rotem Vermouth auf Eis gerührt wird – das Ergebnis ist ein mittelschweres Gedicht. Vor allem, weil wir sonst eher Bourbon-Manhattans bevorzugen.

Auf der Suche nach weiteren spannenden Drinks für unsere Experimente stoßen wir zum einen auf den Fancy Free; Rye trifft auf einen Hauch Maraschino und ein paar Bitters, alles gerührt auf Eis. Ein spannender, ehrlicher Cocktail und eine schöne Alternative zum Old Fashioned, wenn man das Potential einer Spirituosen testen will. Was uns aber dann endgültig aus den Socken haut ist ein Drink namens Purgatory, entwickelt 2007 von Ted Kilgore im Monarch Restaurant in den USA. Angesichts seines Volumens ist er für einen Shortdrink eine ziemlich brutale Drecksau und sollte dringendst von jeder “Nach einem Drink kann ich noch fahren.”-Liste gestrichen werden, die es gibt. Aber wer auf kräftige, gerührte Drinks steht, der könnte sich hier – wie wir – verlieben:

Purgatory (nach Ted Kilgore, 2007)

  • 7,5 cl Rye Whiskey (im Original Rittenhouse Rye)
  • 2,25 cl Chartreuse Verte
  • 2,25 cl Dom Benedictine

Alle Zutaten auf Eis rühren und mit einer Zitronenschale garnieren. Trinken.

Der Sazerac Rye Whiskey im Purgatory.
Der Sazerac Rye Whiskey im Purgatory.

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Fazit: Ein Rye Whiskey, der zu Recht Maßstäbe setzt und seinen stattlichen Preis durchaus Wert ist: Pur ein Hochgenuss, in klassischen und klassisch angehauchten Shortdrinks eine kleine Offenbarung. Geiles Zeug.

Daten: 45 Prozent, USA, 0,7 Liter, um 70Euro

Der Deutsche Vertrieb des Sazerac Rye, die Diversa Spezialitäten GmbH, hat uns eine Flasche des Sazerac Rye für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"