Wenn ihr regelmäßiger Cocktailbart-Leser seid oder euch in den letzten Jahren etwas ausführlicher mit dem Thema Gin beschäftigt habt, dann ist euch Rutte wahrscheinlich ein Begriff: die niederländische Brennerei unter Führung von Myriam Hendrickx stellt seit 1872 Spirituosen und Liköre her, bekannt ist man vor Ort vor allem für den Genever, der sich in Holland großer Beliebtheit erfreut. Kennt ihr Rutte von Cocktailbart, dann sind euch wohl vor allem die außergewöhnlichen Destillate wie der Celery Gin oder der sehr nussige Old Simon Genever ein Begriff.
Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Borco Marken Import, dem deutschen Vertrieb von Rutte zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Von den in Deutschland erhältlichen Produkten dieser Destille, die schon Craft war, als man dazu noch Handwerk sagte, haben wir eins bisher aber sträflich vernachlässigt (außer ihr verfolgt uns fleißig auf Instagram): den Rutte Dry Gin. Wir müssen obendrein zugeben: als wir anfingen, uns für Rutte zu interessieren, war das die Flasche, die uns am wenigsten in ihren Bann gezogen hat. Neben den doch recht außergewöhnlichen Kollegen geht sie dann nämlich doch ein wenig unter. Bis man sie aufmacht.
Wie wird Rutte Dry Gin hergestellt?
Wie bei allen Rutte-Produkten wird auch bei diesem hier großen Wert auf natürliche Zutaten und echtes Handwerk gelegt. Das mögen zwar viele Unternehmen von sich behaupten, dass Rutte seit 1872 im selben, kleinen Wohnhaus in Dordrecht brennt und Brennmeisterin Hendrickx höchstselbst zum Zutaten sammeln ausrückt, wenn mal wieder besonders regionale Botanicals im Topf landen, spricht aber eine sehr eindeutige Sprache.
Zwar wissen wir nicht, ob und welche der Drogen im Rutte Dry Gin die faszinierende Myriam selber gepflückt hat, eine volle Liste haben wir aber dennoch: Wacholder, Koriander, Angelika, Iriswurzeln, Cassia-Zimt, Bitterorangenschalen, Orangenschalen und Fenchel. Komponiert wurde dieses Rezept aus den Notizen des Firmengründers Simon Rutte, der schon Ende des 19. Jahrhunderts Gin gebrannt hat – entsprechend finden sich hier keinerlei allzu ausgefallene Zutaten, lediglich der Fenchel sticht heraus. In der aktuellen Ginflut klingt das schon fast langweilig – also reinprobiert.
Wie schmeckt Rutte Dry Gin?
Klar: der Brand ist klar. Er schwenkt sich fast schon ölig und zieht schwere, schnelle Beinchen an der Glaswand. Die Nase ist ausgesprochen rund und wie anhand der Botanicals vermutet klassisch: Wacholder und Zitrusschalen bestimmen das Bild. Dazu eine leicht florale Holundernote, der Koriander und etwas Ingwer. Orangen kommen noch dazu und mit ein paar Minuten Wartezeit, in der sich der Duft setzen kann, auch leicht würzige Noten von Zimt und Glühwein.
Nase: Wacholder, Zitrusschalen, Holunder, Koriander, Ingwer, Orangen, Zimt, Glühwein
Zunge: Kirschen, Koriander, Wacholder, Zitronen, Fenchel, Angelika, Orangen
Auf der Zunge wirkt er zunächst fast schon fruchtig, mit überraschenden Kirschnoten. Dazu kommen Koriander, Wacholder und Zitronen. Ein spannender Ersteindruck. Leichte Bitternoten, eine leichte Salzigkeit mit – tatsächlich – etwas Fenchel auf der Zunge und im Abgang dann vor allem wieder Wacholder und Angelika. Im Nachklang kommen dann die Orangenzesten schön mit durch. Auf der Zunge nicht ganz so komplex wie in der Nase, dafür herrlich rund und weich.
Mit was mixt man Rutte Dry Gin?
Dieser Dry Gin funktioniert in erster Linie vor allem pur ganz hervorragend – falls ihr zu den wenigen gehört, die kein Tonic brauchen, seid ihr hier richtig aufgehoben: ein klassischer und trotzdem individueller Brand. Das bringt uns dann auch zu unserem einzigen etwas größeren Problem mit dem Rutte Dry Gin – diese Individualität geht im Gin Tonic selbst mit sehr milden Tonics heillos unter. Nicht falsch verstehen: da kommt ein toller G&T bei rum. Nur halt einer, den man so auch mit anderen Gins so oder so ähnlich hinbekommen würde. Deshalb vermixen wir den Rutte Dry bevorzugt in Drinks, die nach einem komplexen, aber zugänglichen, klassischem, aber nicht langweiligem Gin verlangen.
Bestes Beispiel sind wohl Martinis jedweder Ausprägung von furztrocken bis schmutzig, die er herausragend gut beherrscht. Gin Basil Smashes sind top, kommen aber im Direktvergleich zumindest für uns nicht an die Variante mit dem Celery Basil Smash heran. Ein Bee’s Knees, den wir im Rahmen unserer Recherche für den Drink mit Rutte Dry Gin mixen, gefällt – und inspiriert uns zu einer Variante namens Bee Sting, für die wir noch Calvados hinzufügen (Artikel kommt!).
Highballs, bevorzugt mit Soda funktionieren ebenso top, ein klassischer Gin Fizz zum Beispiel. Genau einem solchen nehmen wir uns mit unserem eigenen Drink an – nur eben mit ein paar Zutaten mehr. Der Festland Fizz kombiniert mit dem Italicus1 und der Belsazar Summer Edition zwei sehr eigenständige Komponenten, die der Rutte Dry aber perfekt heraushebt und verbindet. Ein toller Drink – finden zumindest wir, in unserer Eigenlobwolke.
Festland Fizz
- 3 cl Rutte Dry Gin
- 3 cl Belsazar Summer Edition
- 1,5 cl Italicus1
- 0,5 cl Zitronensaft
- Soda
Alle Zutaten außer der Soda direkt ins Glas auf Eis geben, mit Soda aufgießen und mit Zitronenzeste garnieren. Trinken.
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Fazit: Handwerklich hervorragender, klassischer Dry Gin mit eigener, aber zurückhaltender Note, die sich vor allem in Shortdrinks und Highballs von ihrer besten Seite zeigt.
Daten: 43 Prozent, um 32 Euro für 0,7 Liter, Niederlande
Borco Marken Import, der deutsche Vertrieb von Rutte hat uns eine Flasche des Produkts zur Verfügung gestellt, aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die ausnehmend freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
1 Bei den markierten Produkten handelt es sich um Spirituosen, an deren Vertrieb Johann in seinem Dayjob beteiligt ist. Er bekommt keine Provision für ihre Erwähnung und sein Arbeitgeber hat keinen Einfluss darauf, wann und in welcher Weise er auf Cocktailbart Produkte des Unternehmens erwähnt.
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