Dirty Martini: der Martini-Cocktail, in den wirklich immer eine Olive gehört

Ein Dirty Martini mit Gin, Wermut und Olivenlake.
Ein Dirty Martini mit Gin, Wermut und Olivenlake.
Rezept für den Dirty Martini

Das Rezept für den Dirty Martini

  • 6 cl London Dry Gin
  • 2 cl trockener Wermut
  • 1 cl Olivenlake
  • Eventuell zwei, drei Tropfen Salzwasser oder eine kleine Prise Meersalz (mehr dazu unten)

Alle Zutaten zusammen auf Eis rühren und in ein gefrostetes Martiniglas abseihen. Mit 1, 3 oder 5 Oliven garnieren. Trinken.

Die Einkaufsliste

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“Biste jetzt komplett dicht?” Als ich mir das erste Mal öffentlich auf einer privaten Party die Suppe aus dem im WG-Kühlschrank gefundenen Olivenglas in das notdürftig improvisierte Papp-Rührglas kippe, sind die Reaktionen eindeutig. Zugegeben, auf besagter Veranstaltung sorgte es schon für leichte Verwirrung, dass da jemand sein Getränk auf Eis rührt, das Eis dann wegkippt und den Drink in ein Glas gibt, das er einige Zeit davor unauffällig im Froster geparkt hatte. Krasser Psycho, das – und dann kippt der sich auch noch die Oliven-Siffe da rein wie so ein kulinarischer Messi.

Betritt man eine Welt außerhalb unseres immer noch kleinen Kreises von Cocktail-Enthusiasten, dann sind Dirty Martinis etwas total abstruses, groteskes. Wobei man sich eigentlich gar nicht weit wegbewegen muss: auch innerhalb besagten Kreises hat der schmutzige Shortdrink nicht den besten Stand. Für die einen ist er einfach nur eklig, die anderen können mit herzhaften Komponenten ohnehin nix anfangen und so mancher glühender Martinifan sieht ja schon einen Affront darin, das Montgomery-Verhältnis von 15:1 (Gin zu Wermut) zu erhöhen. Der Dirty Martini ist ein Drink für Menschen, die keine Bestätigung brauchen, um ihren Cocktail zu genießen. Die sich nicht profilieren müssen. Und die grade Bock auf Schnaps mit umami haben.

Die Story hinter dem Dirty Martini

Dieser Drink ist ein klassisches Guilty Pleasure für Menschen, die nicht ganz so selbstbewusst mit ihren schrillen Vorlieben umgehen wie wir. Den bestellt man, wenn keiner guckt. Entsprechend will ihn irgendwie auch keiner erfunden haben. In den Barbüchern des frühen 20. Jahrhunderts taucht er nicht auf, stattdessen erzählt man sich seit bald 100 Jahren, dass Franklin D. Roosevelt den Dirty Martini gemixt hat, um das Ende der Prohibition zu begießen.

Für diesen Artikel haben wir uns in einem wundervollen lokalen Feinkostladen mit Oliven und Olivenlake eingedeckt.
Für diesen Artikel haben wir uns in einem wundervollen lokalen Feinkostladen mit Oliven und Olivenlake eingedeckt.

Generell soll der amerikanische Präsident ein großer Liebhaber hochprozentiger Getränke gewesen sein, aber leider kein allzu begnadeter Hobbybartender. Die Kombi aus Zitronenzesten und Oliven als Martini-Deko soll seinen Gästen ebenso zuwider gewesen sein wie die wohl recht großen Mengen an Wermut, die er mit ins Glas geschüttet hat. So oder so: Kein Mensch weiß heute mehr genau, ob es wirklich FDR war, der als erster Olivenlake in seinen Martini geschüttet hat, trotzdem nennt man den Drink zuweilen auch einen F.D.R. Martini, wenn auch fast ausschließlich in den USA. Aber unabhängig von der Story dahinter: es ist Zeit, dass wir euch sagen, wie man ihn mixt.

Ein Dirty Martini mit Gin, Wermut und Olivenlake.

Dirty Martini Cocktail-Rezept

4.7 aus 10 Bewertungen
Vorbereitungszeit: 1 minute
Zubereitungszeit: 2 Minuten
Gesamtzeit: 3 Minuten
Cocktail-Kategorie: Shortdrink
Epoche: 19. / 20. Jahrhundert, Prohibition
Geschmack: Kräftig, Würzig
Spirituosen: Gin, Trockener Wermut

Zutaten

Zubereitung

  • Alle Zutaten zusammen auf Eis rühren.
  • In ein gefrostetes Martini-Glas abseihen.
  • Mit ein bis drei Oliven garnieren.
  • Trinken.
Kalorien: 160kcal
Der olivigste Martini wo gibt.

Nicht dein Drink? Probier einen anderen:

Warum dieses Rezept und kein anderes?

Bei der Zubereitungs-Art sind sich die meisten von uns konsultierten Quellen recht einig – kaum ein Mensch außerhalb eines Bond-Films kommt auf die Idee, einen Martini zu schütteln, und das gilt auch für diesen schmutzigen Gesellen. Schaut man sich dagegen das Mischverhältnis und die Zutaten an, klaffen da Gräben. Das exakte Gegenteil von dem, was wir hier machen, wäre eine trockene Variante mit einem Glas, das nur kurz mit Wermut ausgespült wurde, Wodka als Spirituose und zwei zerstoßenen Oliven im Rührglas statt Olivenlake. Und ja, die Variante ist nicht einmal schlecht, vor allem weil so ein Vodka Martini mit Olivenlake der mediterranen Power wirklich alle Freiheiten lässt. Aber wir wollen heute einen Dirty Martini, der immer noch Martini ist.

Ein Dirty Martini mit Gin, Wermut und Olivenlake.
Ein Dirty Martini mit Gin, Wermut und Olivenlake – und 3 Oliven. Weil: immer nur ungerade Zahlen an Oliven, sagt das abergläubische Cocktailgarnitur-Gesetz.

Und ein Vodka Martini ist halt einfach mal ein ziemlich großer, im schlimmsten Fall geschmacksarmer, im besten Fall fein ausbalancierter, fein nuancierter, kaltgerührter Shot, der mit Olivenlake eben im Wesentlichen genau danach schmeckt. Generell sind Dirty Martinis aber eine extreme Vorlieben-Sache. So mixe ich selbst mir das Ding eigentlich mit 2 cl Olivenlake – was in der Testgruppe aber so ganz und gar nicht ankommt. Genauso stellt sich die Frage, ob ihr diesen Drink eher salzig mögt oder einfach nur den Olivengeschmack rausziehen wollt. In ersterem Fall hängt’s dann wiederum von euren Oliven und ihrer Lake ab, ob ihr mit ein wenig Salzlösung arbeiten solltet, um dem Drink einen sanften Salz-Schubs zu geben. Falls ihr das versuchen wollt: 10 Teile Wasser, 1 Teil Salz, 3 Tropfen reichen dicke. Wer mutig ist, kann auch einfach eine Prise Salz ins Rührglas streuen. Das verlangt aber massives Fingerspitzengefühl und geht gerne mal schief.

Die richtige Spirituose

Falls ihr euch als erstes gleich mal die Frage stellt, ob ihr nun lieber einen Gin- oder einen Wodka-Martini mal dirty angehen wollt: Mixt beides, startet mit der Wodka-Variante – und nehmt als Gin danach etwas mildes, klassisches mit Wacholder- und Zitrus-Noten oder besser noch einen sehr mediterranen Wacholderbrand. Generell fahren wir mit Gin Mare, Rutte Celery oder diversen klassischen London Dry Gins besonders hervorragend.

Außerdem spannend: Experimente mit anderen Spirituosen-Gattungen. So mixen wir uns eine Variante mit Clairin, einem haitianischen Rum aus frischem Zuckerrohrsaft, der von Haus aus starke Aromen von vergorenen Bananen und Oliven-Lake besitzt. Ähnlich der Burke’s White Rum, eine echte Ester-Bombe. Dazu der kräutrige Cap Mattei Blanc Quinquina statt Wermut und man bekommt einen Drink, der im Gedächtnis bleibt. Freilich: auch der klassische Noilly Prat ist hier jedes cl wert, in dem Fall würden wir aber auf 3 bis 3,5 cl hochgehen. Spannend auch: ungefilterte Wodkas und Kornbrände mit intensiven Aromen wie etwa einem Kernstein Rye. Hier werden die Umami-Noten durch den Getreide-Einschlag noch spannender und intensiver.

Olivenlake matters – Oliven übrigens auch

Die Zutat, über die wir vorab am wenigsten nachdenken, sind die Oliven. Klar, wir hatten schon mal irgendwo gehört, “dass die schwarzen immer nur gefärbt sind oder so.” – aber so richtig drüber gegrübelt haben wir nicht, sondern halt einfach mal die etwas besseren Oliven (1,99 statt 89 Cent das Glas) gekauft. Das kann man problemlos machen, vor allem wenn man einfach nur einen Hauch von Olive im Getränk möchte. Wir sind aber eher die Fraktion, die eigentlich einen Antipasti-Teller trinken will. Also besuchen wir einen Feinkostladen, lassen uns beraten und kommen mit diversen Oliven-Varianten und einem ganzen Beutel Lake wieder.

Das ist auch genau das, was wir euch raten. Zum einen, weil ihr so an Extra-Lake kommt (die wird immer schneller leer als die Oliven), zum anderen, weil ihr so durchaus an spannende Varianten kommt, die sich so selbst in gut sortierten Supermärkten nicht finden. Unsere wundervolle Feinkosteria etwa empfiehlt uns im Ex-Anchovy-Fass gelagerte grüne Manzanilla-Oliven aus Spanien und überlässt uns auch die Flüssigkeit ebendieser – die ist kräftig, intensiv, genau richtig salzig und schlicht geil. Das nicht fischige, aber ziemlich deftige Aroma mag nicht jeder (wir haben’s diversen Leuten angeboten) – aber wenn ihr Sardellen, Oliven und schmutzige Drinks mögt, dann werdet ihr euch in diese trübe Suppe verlieben. Ich gestehe freimütig: ich könnte das Zeug auch pur saufen.

Ansonsten solltet ihr über Oliven folgendes wissen:

  • Ja, die schwarzen Oliven sind meistens gefärbt. Es gibt aber auch echte, schwarze Oliven – die sind im Gegensatz zu den grünen ausgereift, aber oft sehr bitter und haben zuweilen einen leichten Mandel-Einschlag. Spannend, aber nix für den Drink.
  • Oliven mit Stein haben mehr Eigengeschmack und meistens auch mehr Power. Für maximalen Gästeservice entsteint ihr die Dinger à la minute. Für “Wir haben Oliven mit Stein!”-Posing lasst ihr den Kern drin.
  • Oliven in Würzlake im Martini können geschmacklich durchaus spannend sein – wirken aber ein bisschen billig, egal wie gut gemacht. Und ihr solltet nach dem Rühren doppelt abseihen, damit nichts im Drink schwimmt.
  • Sind eure Oliven stark salzig eingelegt, empfehlen wir, eher mit zwei, drei zerstoßenen Oliven alsder Lake zu arbeiten.

Welche Rolle spielt der Wermut?

Kräutrige, nicht allzu bittere Varianten oder auch weißer Wermut, der deutlich süßer ist als klassisch-trockener funktionieren im Schnitt etwas besser als die richtig furztrockenen Sachen. Insgesamt aber ist weniger die Süße des Produkts entscheidend, als vielmehr, dass es mit den Oliven harmoniert. Erste Wahl sind für uns etwa der L.N. Mattei Quinquina Blanc1 sowie der Hoos Vermut Weiß. Aber auch die extrem gegensätzlichen Varianten Mancino Secco und Belsazar White funktionieren toll – ersterer vor allem mit sanftverspielten Gins, letzterer mit Gesichtsschmelzer-London-Drys wie einem Juniper Jack.

Garnish: Oliven am Stock oder einzelne Olive?

Wer einen Dirty Martini mixt oder sich einen bestellt, der hat gerade Lust auf etwas Herzhaftes, der verspürt gerade so ein wenig sanften Hunger. Da machen drei Oliven einfach mehr Spaß als eine. Mal abgesehen davon, dass jemand, den wir kennen und der diesen Text garantiert nicht selbst geschrieben hat, so ein Typ halt, es bei der einzelnen Olive im Martiniglas nie abwarten kann, bis sein verdammtes Glas leer ist, sondern das Teil immer mit den Fingern rausfischt wie so ein Höhlenmensch. Und das will keiner sehen.

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

11 Kommentare

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  • Richtig toller Artikel. Was hältst du in diesem Zusammenhang vom Olive Bitter von The Bitter Truth? Für einen Dirty Martini brauchbar? Gruß, Chris

    • Wenn du den Dirty Martini klassisch mit den üblichen zwei, drei Barlöffeln Lake machst: ja. Die Olive Bitters sind schon ziemlich geil und werten auch einen normalen Martini auf. Wenn du – wie ich – auf die volle Ladung Olivensiffe stehst, machen die Bitters das Kraut aber imho nicht noch fetter 🙂

        • Es sieht nicht lecker aus, aber der Saft von den Anchovy-Fass-Oliven ist so irre gut, dass man eigentlich Reverse Dirty Martinis machen sollte.

  • Puhhhh. ..ganz ehrlich, so lakig/salzig haben wir uns das nicht vorgestellt…?
    Wir bleiben vorerst beim Anti-Pasti-Teller mit Messer und Gabel, den Gin pur und den Martini im Regal..
    Laßt’s Euch schmecken, wir probieren derweil weiter!
    Cheers… Christoph & Uli

    • Alternativ vielleicht mal eine Variante ohne Lake, dafür mit The Bitter Truth Olive Bitters probieren. Oliven-Geschmack ohne Lakigkeit, schönes Produkt.

      Aber generell: Ja, der Dirty Martini spaltet die Gemüter 🙂

  • Toller Artikel mit schöner persönlicher Note. Für alle Dirty Martini Fans hätte ich eine Variante – den Dirty Gibson – Auf Eis gerührt in Wet Martini Proportionen von 3 Teilen Gin (Sipsmith oder T10), jeweils einem Teil Dry und White Vermouth (mein Favorit ist für beide der La Quintinye Vermouth Royal aus Frankreich), einem bis zwei Teelöffeln von der Einlegeflüssigkeit (und meine Lieblingsperlzwiebeln für dieses Rezept sind die aus den Mixed Pickles von der REWE Hausmarke) jeweils einen Dash Orange- und Selleriebitter und nach dem Rühren in ein geeistes Coupe Glas mit drei aufgespießten Perlzwiebeln abseihen.
    Macht Appetit und schmeckt, sofern man diese Art Drink mag.

    • Klingt spannend! Wir wollten eh in naher Zukunft auch noch einen Gibson Artikel angehen – da versuchen wir bei der Recherche mal, diese Variante nachzubauen – danke dafür 🙂

    • Endlich mal zum nachmixen gekommen – und tatsächlich sehr verliebt. Ich hab’ mich erst noch gefragt, ob die Orange Bitters da drin nicht stören könnten, aber die bringen mit der Süße des weißen Wermuts genau die richtige Aufhellung rein, damit das Ding zwar deftig bleibt, aber trotzdem richtig spannend wird. Schönes Ding. Klauen wir (natürlich mit Quellenangabe 😉 ).

  • Sehr nice. Beim Wermut scheiden sich dann aber eben doch die Geister. Ich bin definitiv Fraktion “extra trocken” und empfehle gern den von Lisa Bauer für FreimeisterKollektiv. Dafür dürfen die Oliven dann gern mild sein: Nocellara zum Beispiel.

  • Genau mein Geschmack…bin nach vielem rumexperimentieren auf dieser Variante hängengeblieben
    1:1 ( je 4cl) tanqueray no 10 und noilly prat
    Dazu 1cl Olivenlake und 2 Oliven
    Ein Traum!!!!