Ron Botucal Reserva Exclusiva: der Rum aus Venezuela im Pur-Tasting und Cocktail-Test

Ron Botucal Reserva Exclusiva in einem Dark 'n Stormy mit Fentimans Ginger Beer.
Ron Botucal Reserva Exclusiva in einem Dark 'n Stormy mit Fentimans Ginger Beer.

Wer Ron Botucal googelt, der hat ein Problem: man findet zu diesem Rum aus Venezuela nur deutsche Ergebnisse. Jetzt sind deutsche Spirituosen-Shops und -Blogger zwar irre gut aufgestellt, trotzdem ist es irgendwo seltsam, wenn man alleine schon keine Hersteller-Seite findet. Nun, warum ist das so? Ron Botucal heißt überall sonst auf der Welt Ron Diplomatico. Hierzulande darf er so nicht heißen, weil Aldi einen Weinbrand mit dem Namen Diplomat vertreibt und Verwechslungen vermeiden möchte. Klar. Wenn ich 5-Euro-Fusel vom Discounter wäre, hätte ich auch Angst dass mich jemand mit einer 35-Euro-Flasche von Weltruhm verwechselt.

Also benannte man den Rum hierzulande in Botucal um, nach einer Farm auf dem Gelände der Brennerei. Die produziert eine ganze Reihe von Spirituosen und natürlich vor allem Rums, darunter einen Blanco, einen 8-jährigen und einige Premium-Varianten. Das Aushängeschild ist jedoch der 12jährige Ron Botucal Reserva Exclusiva, über den wir hier und heute reden möchten. Seine charismatische Flasche habt ihr wahrscheinlich selbst dann schon gesehen, wenn ihr euch erst seit 8 Minuten mit Rum beschäftigt – und weil er in vielen guten Bars auch auf der Karte steht, habt ihr ihn vielleicht sogar schon probiert. Ein paar Hintergrund-Infos schaden ja trotzdem nicht:

Ron Botucal Reserva Exclusiva: 12 Jahre in Bourbon-Fässern – oder weniger

Hergestellt wird Ron Botucal von der Destilería Unidas S.A in Venezuela. Gegründet hatte die Brennerei jedoch das kanadische Unternehmen Seagram. Damals hieß es noch United liquor SA. 2001 ging der Laden an Diaegeo (Smirnoff, Baileys, Tanqueray u.a. ), wurde aber nur ein Jahr später wieder verkauft – diesmal auch wirklich an Venezuelaner. Die begannen dann auch direkt, mit ihren Produkten kistenweise Preise einzuheimsen. 22 davon gingen an den Ron Botucal Exclusiva Reserva – damit gilt er als einer der besten Rums der Welt. Was für knapp 35 Euro ja erstmal nach einer ziemlichen guten Nummer klingt.

12 Jahre Lagerung in Bourbon-Fässern in der Hitze Venezuelas, das ist auch mal nach einer Hausnummer. Durch das Klima ihrer Heimtländer reifen die meisten Rums nämlich deutlich schneller als die Whiskys in den kalten, regnerischen, schottischen Highlands. Haken Nummer 1: Ein Rum-Verschnitt darf – im Gegensatz zum Whisky – das Alter desjenigen Rums angeben, der in einem Rumblend am ältesten ist. Heißt: In Ron Botucal Reserva Exclusiva ist garantiert 12jähriger Rum drin – aber niemand weiß genau, wie viel.

Zu viel Zucker im Rum?

“Aber der ist voll weich und vollmundig, also wird da schon der Löwenanteil etwas älter sein.” denkt ihr jetzt vielleicht. Aber Pustekuchen: Diese Milde, die der Ron Botucal Reserve Exclusiva mitbringt, stammt nicht mal unbedingt von der langen Lagerung – dem Rum wird Zucker beigemischt. Jetzt klingt das bei einem Brand aus Melasse und “Sugar Cane Honey” (besonders zuckerhaltiger Melassesirup) nicht gerade nach der geheimen Zutat.

Tatsächlich aber sorgt Zucker im Rum dafür, dass er “älter”, sprich “teurer” schmeckt – und dann steht der Spaß nicht mal auf dem Etikett. Der Ron Botucal Reserve Exclusiva ist da allerdings kein Einzelfall. Wer mehr über das Thema lesen will, wird bei Helmut von schlimmerdurst.net fündig. Wir sind da zugegeben etwas unbekümmerter als er und viele andere Verfechter unverfälschter Rums – trotzdem hat er mit vielen Aussagen zu Kennzeichnungspflichten und überteuerten Rums recht. Die wichtigste Frage aber jetzt: hat die ganze Panscherei denn wenigstens was gebracht?

Ron Botucal Reserva Exclusiva im Tasting

Im Glas leuchtet der Ron Botucal rotbraun wie ein sehr schwerer Cognac, zieht dicke Schlieren und schwere, zahlreiche Beinchen. In der Nase kommt er wuchtig und vielschichtig an. Honig riechen wir und Zuckerrohr, dazu Vanille und etwas sahniges. Dahinter kommen fruchtige Noten, von Orangen und roten Beeren. Trauben und Champagner-Duft meinen wir noch zu erkennen. Insgesamt bleibt er sehr mild und weich, auch jetzt schon. Alkoholnoten nehmen wir kaum wahr.

Nase: Honig, Zuckerrohr, Vanille, Orangen, Rote Beeren, Trauben

Zunge: Karamell, Frucht, Honig, Trauben, Rosinen, Schokolade

Im Mund hat er zunächst eine Pfefferschärfe, mit der wir so nicht gerechnet haben (in anderen Tastings ist höchstens von leichtem Brennen die Rede). Wohlgemerkt geht es um eine Schärfe, die nach und nach verfliegt, alkoholisches Brennen spüren wir nicht. Die Konsistenz ist sahnig-weich, vollmundig. Wenn die Schärfe nachlässt, schmeckt er dann wie ein fruchtiger Cognac mit viel Karamell – nach dem ersten Schluck bleiben im Mund vor allem Frucht-Noten zurück. Im zweiten Schluck schlägt der Karamell in Honig um und wir schmecken Trauben und Rosinen, Schokolade.

Ron Botucal Reserva Exclusiva in Cocktails

Wer süßen Rum mag, wird diesen hier mit viel Freude pur trinken – bitte nicht auf Eis, das nimmt den Großteil der wirklich spannenden Geschmacksnoten einfach raus. Gefühlt ordnet er sich von der Zucker-Power her irgendwo zwischen Ron Zacapa 23 und dem Don Papa ein. Der vollmundige, weiche, schwere Rum eignet sich wirklich nicht für jeden Drink. Ihn spaßeshalber in einen Mojito zu schütten, resultiert in etwas absonderlich unspaßigem. Die Säure eine Daquiri dagegen schmeichelt ihm. Spannend ist auch die Kombination mit Ginger Beer im Dark ‘n Stormy. Die würzige Süße in Kombination mit dem Ingwer-Feuer, das gibt einen Drink mit Charakter.

Ron Botucal Reserva Exclusiva im Red Dragon-Cocktail.
Ron Botucal Reserva Exclusiva im Red Dragon-Cocktail.

Tikis mit Ron Botucal Reserva Exclusiva? Mäh. Der Eigengeschmack geht flöten, dafür macht er Zombies und Fog Cutters noch süßer. Auf der Ron Diplomatico-Seite empfiehlt man den Rum vor allem in klassisch-würzigen Drink wie einem Manhattan mit Rum oder einer Savoy Daisy (mit Portwein, Muscovado und Grenadine). Während uns die Savoy Daisy echt zu süß gerät, ist der Rum Manhattan durchaus eine spannende Angelegenheit, die Kombi aus Alkoholwucht und Zucker in diesem Drink ist jedoch gewöhnungsbedürftig (gewöhnen lohnt sich!). Eine etwas sanftere, trotzdem irre würzige Variante ist der Red Dragon, den ihr im Bild oben seht:

Red Dragon

  • 4, 5 cl Diplomatico Reserva Exclusiva
  • 1,5 cl Roter Wermut
  • 0,5 cl Triple Sec
  • 2 Spritzer Chocolate bitters
  • 2 Spritzer Orange bitters

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Fazit: Toller, vergleichsweise süßer Rum, der in Cocktails gut funktioniert aber keinesfalls in jeden Drink passt. Daher lohnt sich die Anschaffung insgesamt wahrscheinlich eher für Pur-Genießer.

Daten: 40 Prozent, um 35 Euro, Venezuela

 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"