Ihr habt unseren Artikel über Edmund’s Liköre Kolanitida noch im Kopf? Diesen Kolanuss-Bitterlikör aus Apothekerhand, benannt nach dem Großvater des Firmengründers, mit dem wir einige ziemlich lustige Erwachsene-Cocktails-mit-Cola-Experimente durchgeführt haben. Von den vier Likören aus der Hand von Martin Kullmer haben wir den Kolanitida als ersten besprochen, weil er greifbar ist: nicht ganz so bitter, viel Zimt und Piment, schmeckt nach Cola. Beim Bitterfürst ist das anders. Der geht mit dem Kopf durch die Wand und er heißt nicht zum Spaß so. Wenn euch Campari zu bitter ist, klickt an dieser Stelle weg. Geht einfach. Das hier ist nichts für euch. Denn dieses Zeug ist richtig, richtig bitter. Und richtig, richtig gut.
Die Flasche für dieses Tasting wurde uns von Edmunds Liköre zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Die Story hinter Edmund’s Liköre Bitterfürst
In unserem letzten Artikel betrachteten wir Edmund’s noch aus der Sicht eines ganz normalen Kunden, jemandem, der sich einfach die spärlichen Infos von der Webseite zusammengekratzt hat. Und aus dieser Perspektive sieht die ganze Story halt nach einer sehr kongruenten Marketingstory aus: Apotheker findet alte Likörchen-Rezepte von Apothekeropa und macht selber Likörchen. Aber zwischen den zwei Artikeln hat uns Gründer Martin Kullmer das eine oder andere Detail verraten, das die Sache in ein anderes Licht rückt – hinter Edmund’s steht nämlich kein Marketing-Genie, sondern tatsächlich ein sehr bescheidener Schnaps-affiner Apotheker, der einfach nicht so gerne auf den Putz haut.
Sonst würde er euch auf der Webseite nämlich verraten, dass er die Liköre selbst bei sich in der Apotheke herstellt, aus Pflanzen, Alkohol, Wasser und Zuckersirup. Er füllt seine Produkte alleine auf Flaschen, etikettiert freihändig, beliefert die wenigen Händler, die Edmund’s führen selbst. Das Foto im Header der Edmund’s-Webseite? Ist der Vater des Herstellers und damit Schwiegersohn des namensgebenden Edmund. Sogar das Rezept aus der Eben-Nicht-Marketing-Story gibt es wirklich:
Aus ebendiesem Rezept hat Apotheker Kullmer seine vier Bitterlikör-Varianten abgeleitet: den Kolanitida, den Krambambuli, den Maranera und eben den Bitterfürst. Ohhhh, der Bitterfürst. Das ist eine dieser Spirituosen, die … erinnerst du dich an deinen ersten Negroni? Deinen ersten rauchigen Single Malt? An deine erste Zigarette, falls du rauchst? In all diesen Fällen macht das erste Mal so gar keinen Spaß. Es tut ein bisschen weh und du fragst dich, was der ganze Zinnober soll. Das zweite Mal ist es irgendwie okay. Nach dem dritten Mal stehst du in der Umkleidekabine und erzählst deinen Kumpels, dass sie nur cool sind, wenn sie Bitterfürst trinken. Der besteht aus Ivakraut, Tausendgüldenkraut, Quassiaholz, Enzian, Rhabarbar, Pomeranzen und Zimtblüten. Und er schmeckt ungefähr so:
So schmeckt Edmund’s Liköre Bitterfürst
Die Nasen, die der hellgelbe Likör an der Glaswand zieht sind ausnehmend wuchtig, schwer und groß. Der Duft ist … schwierig. Wenn es wirklich Enzian ist, der dir in einem Likör am vertrautesten erscheint, weißt du, wohin du gerade unterwegs bis. Hinter ihm erschienen Zimt und Bitterorangen in der Nase. Dahinter etwas Zitrone und Piment, ein wenig Anis, Pfeffer. Dazu eine würzige Fruchtigkeit, die sich nur schwer einordnen lässt, aber spannend wirkt.
Nase: Enzian, Zimt, Bitterorangen, Zitrone, Piment, Anis, Pfeffer, Früchte
Zunge: Honig, Gras, Zimt, Zitrone, Met, Rhabarber, Zwetschgen, Heu
Im Mund ist der Bitterfürst eine schwer zu bändigende Wildsau von einem Bitterlikör. Die intensiven Bitternoten spülen sich mit einer leicht abmildernden Honigsüße auf die Zunge, dazu kommt ein wenig frisch gemähtes Gras und Zimt. Und während man das so schmeckt, sitzt man so da und fragt sich, ob man das überhaupt überlebt. Auf dem Weg zum Gaumen zeigen sich Noten von Zitrone und Met, der Rhabarber kommt sogar heraus. Der Nachgeschmack ist bestimmt von einer Kombi aus Zwetschgen und Heu.
Der Bitterfürst pur und in Cocktails
Wenn man das Ding zum ersten Mal pur trinkt und bittere Geschmäcker nicht gewohnt ist, dann könnte man die eine oder andere schwere emotionale Störung davontragen – und selbst, wenn man Bitterliköre kennt und mag, dann kann man sich der offiziellen Ansage, der Likör wäre “fordernd” immer noch bedenkenlos anschließen. Klingt jetzt unglaublich negativ, ist aber gar nicht so gemeint – man sollte nur wissen, worauf man sich einlässt. Denn abgesehen von seiner ungezügelten Kraft bietet der Bitterfürst auch eine faszinierende und – nach einer gewissen Zeit des Eintrinkens – schöne Komplexität. Aber zugegeben: In Cocktails macht er erstmal mehr Spaß als pur.
Weil wir noch nie zuvor mit einem derart bitteren und speziellen Likör gearbeitet haben, müssen wir uns auf unsere eigenen Experimente verlassen, für die wir uns an einigen gängigen Klassikern orierentieren. Das sieht dann so aus:
Bittersour Symphony (der ausgefallene)
- 2 cl Bitterfürst
- 6 cl Niemand Gin
- 2 cl Doktorenhof Trinkessig Frambuesa Die Himbeere
- 1 cl Zuckersirup
Alles zusammen auf Eis shaken, in ein vorgekühltes Martiniglas oder eine Coupette abseihen, mit Himbeeren garnieren. Trinken.
Sidecar 79268 (der absurd geile)
- 5 Cognac
- 2 Bitterfürst
- 2,5 cl Zitronensaft
- 1 cl Zuckersirup
Alles zusammen auf Eis rühren, in ein vorgekühltes Glas abseihen, mit Zitronenzeste garnieren. Trinken.
Bitter Willy (der für Erwachsene)
- 1 Teil Williams Birne (wir nehmen Eugen Schmidt & Söhne)
- 1 Teil Bitterfürst
Alles zusammen auf Eis rühren und in eine vorgekühlte Coupette abseihen. Ein Limettenviertel ins Glas ausdrücken. Trinken.
The Bitterer Bastard
- 3 cl Bitterfürst
- 3 cl Smokey Goat
- 3 cl Cynar
- 1 cl Cherry Heering
- 0, 25 cl Zitronensaft
Alles zusammen auf Eis rühren und in eine vorgekühlte Coupette abseihen. Trinken.
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Fazit: Extrem bitterer Likör, der seinem Namen alle Ehre macht, aber mit seiner irren Komplexität extrem spannende Cocktails garantiert. Massentauglich? Nä. Probierpflicht? Definitiv.
Daten: 38 Prozent, um 33 Euro für 0,5 Liter, Deutschland
Edmunds Liköre hat uns eine Flasche des Produkts zur Verfügung gestellt, aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die ausnehmend freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
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