Von Have Amber Falernum und der Bamboozled Cocktail

Von Have Amber Falernum in einem Sherry Herbst Cocktail.
Von Have Amber Falernum in einem Sherry Herbst Cocktail.

Bis vor wenigen Jahren war Falernum nichts weiter als ein absonderlicher Likör aus den Geschichten der Alten, den man für ein, zwei eher unbeliebte Rum-Drinks brauchte. Gekauft höchstens von hochspezialisierten Bartendern, die für die ein oder maximal zwei zur Verfügung stehenden Varianten ebenfalls hochspezialisierte Fachhändler ansteuern mussten. Doch die Zeiten haben sich geändert; mit etwa 10 in Deutschland erhältlichen Produkten ist die Kategorie zwar immer noch kein Überflieger, aber doch immerhin ohne großen Aufwand aufzutreiben.

Die Flasche für dieses Tasting wurden uns von Heinrich von Have zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.  

Mitverantwortlich dafür sind wohl auch die beiden Herren Torben Bonhöft und Philipp Jäckel, die vor zehn Jahren mit ihren “Forgotten Flavours” dem Falernum in Deutschland zumindest innerhalb der Szene neues Leben einhauchten. Damals waren die beiden Bartender – heute nicht mehr. Forgotten Flavours existiert nicht mehr. das Rezept für ihren Falernum aber, das haben die beiden weitergegeben und zwar an die Damen und Herren der Spirituosen-Manufaktur Heinrich von Have. Das Ergebnis ist der Amber Falernum.

Die Story hinter Amber Falernum

Heinrich von Have ist die älteste Spirituosenmanufaktur und Weinkellerei in Hamburg und produziert heute in fünfter Generation feine Geister und spannende Liköre in Handarbeit. Mal klassisch, mal komplett abgedreht (Glitzerpfeffi!). Wer mehr über das sympathische Familienunternehmen wissen will, wirft einen Blick auf unseren Artikel zu Mr. Sam Bucca’s White Coffee, einem sehr spannendem Anis-Kaffee-Likör. Aber an dieser Stelle geht es um den Amber Falernum.

Amber Falernum in einem Corn 'n' Oil mit Barbados Rum.
Amber Falernum in einem Corn ‘n’ Oil mit Barbados Rum.

Wie alle Falern…i? Falerna? Falernums? Wurscht. Wie die meisten seiner Art ist er ein Rum-Likör mit Gewürzen, in diesem Fall mit einer Basis aus karibischen Rums, angereichert mit Nelken, Piment, Zimt, Ingwer und Limette. Zusammen mit Torben Bornhöft tüftelte man bei von Have noch ein wenig an der Feinjustierung der Rezeptur, behielt aber den ursprünglichen und vor allem bei Bartendern so beliebten Charakter des Forgotten Flavours Falernum bei. Der kam vor allem bei Rum-Cocktails wie dem Royal Bermuda Yacht Club zum Einsatz – aber bevor wir uns da ransetzen, kommt wie immer zunächst die Pur-Verkostung.

So schmeck Heinrich von Have Amber Falernum

Der Falernum schwenkt sich schwer und ölig, wie man es von einem Likör erwartet, liegt trüb und mit der Farbe von hellem Stroh im Glas. Die Nase ist vergleichsweise frisch und kräftig – weihnachtlich, ja, aber die Limette nimmt dem ganzen die Schwere. Sie erschnuppern wir aus dem Gewürzpotpourri als erstes heraus. Zimt und Nelken schieben sich hinterher und etwas, das tatsächlich ein wenig an Weihrauch erinnert und sich dann in Ingwer verwandelt. Lässt man das Glas eine Weile stehen, kommt noch Kolanuss hinzu.

Nase: Limette, Zimt, Nelken, Weihrauch, Ingwer, Kolanuss

Mund: Limetten, Nelken, Zimt, Piment, Kolanuss, Rum

Im Mund ist er ebenso zunächst sehr frisch, aber auch unerwartet leicht, Limetten und Nelken erschmecken wir als erstes, direkt danach kommt der Ingwer, der hier deutlich präsenter erscheint als noch in der Nase. Auf dem Weg nach hinten brechen sich Zimt und Piment Bahn und der Nachgeschmack wird dann von der Kolanuss und ein wenig Rum beherrscht. Insgesamt ist er damit nicht besonders breit oder in irgendeine Richtung extrem – stattdessen wirkt er ausnehmend rund.

Amber Falernum in Cocktails

Der Amber ist wahrscheinlich der ausgewogenste Falernum, den wir je probiert haben. Die Gewürze sind präsent, trotzdem ist er nicht zu weihnachtlich, die Limette und der Ingwer machen ihn frisch, ohne in Schärfe abzudriften. Der Rum ist geschmacklich da, aber in einer Blindverkostung hätten wohl nur die wenigsten von uns “Rum-Likör” durch den Raum gebrüllt. Mit diesem Profil ist der Amber Falernum für uns ein Top-Kandidat für die eher klassische Fraktion unter den Falernum-Drinks – er macht zum Beispiel einen irre geschmackvollen Royal Bermuda Yacht Club.

Im Corn ‘n’ Oil mit Bermuda-Rum und einem Spritzer Limette lässt er den Rum den eindeutigen Star spielen, ist aber präsent. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Chartreuse Swizzle (mit Ananassaft und viel Chartreuse), wo er den Kräuterlikör ausnehmend schön unterstützt, aber fast schon ein wenig untergeht (was den meisten Menschen gefallen sollte; extremer Kräuterlikör + extremer Rum-Likör = “Hilfe, mein Gaumen eskaliert!”). Ein Creole Gimlet nach Gonçalo de Sousa Monteiro mit Gin und Peychaud’s Bitters dagegen lässt ihn nur noch als sanfte Zimtnote auftauchen. Begeistert hat uns Amber Falernum aber im Sherry Herbst

Rezept für den Sherry Herbst

  • 2 cl Rye Whiskey
  • 2 cl Bourbon Whiskey
  • 1 cl Sherry
  • 1,5 cl Falernum
  • 1,5 cl Süßer Wermut

Alle Zutaten auf Eis rühren, in ein Old Fashioned-Glas abseihen und mit einer Orangenzeste garnieren. Trinken. 

Die Kombi mit Sherry begeistert uns so sehr, dass wir den Amber Falernum in einen Drink schütten möchten, von dem wir denken, er hieße Bamboo – weswegen wir unseren Twist dann Bamboozled nennen. Doof nur: wir verwechseln den Bamboo (Sherry + trockener Wermut) mit dem Adonis (Sherry + süßer Wermut). Als wir das rausfinden, gefällt uns der Name für unseren Drink aber schon – und schmecken tut er auch, der Strolch. Also stehen wir zu unserem Schnitzer:

Bamboozled Cocktail

  • 4 cl Sherry
  • 3 cl Falernum
  • 2 cl Süßer Wermut

Alle Zutaten zusammen auf Eis rühren und mit einer Zitronenzeste abspritzen. Zeste ans Glas stecken. Trinken. (Wir verwenden Cream Sherry, um den bitteren, aber geilen Hoos Vermut Rot auszukontern – nehmt ihr einen süßeren süßen Wermut, greift zu Fino Sherry!)

Der Bamboozled Cocktail als Twist auf den Adonis.
Der Bamboozled Cocktail als Twist auf den Adonis.

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Fazit: Der Amber Falernum ist ausgesprochen rund und nicht überbordend weihnachtlich – dadurch eignet er sich vor allem für die eher gepflegteren Rum-Shortdrinks, beherrscht die aber in Perfektion. Für ausgefallene Tikis mit X Zutaten fehlt ihm allerdings ein wenig der Funk.

Daten: 17 Prozent, Deutschland, 0,5 Liter, um 25 Euro

Heinrich von Have, hat uns eine Flasche vom The Amber Falernum für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.

 

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"