Wermut aus Deutschland ist noch längst kein so großes Thema wie “Gin aus Deutschland”, aber dass die Begeisterung für den aromatisierten Wein aus heimischer Herkunft steigt, das sollte euch als fleißige Cocktailbart-Leser nicht weiter überraschen. Dass der Wein voll und ganz in den Vordergrund gestellt wird, das passiert in der Form aber auch gar nicht mal so oft unter den Wermuts, die von Weingütern selbst ins Rennen geworfen wurden.
Die Flaschen für dieses Tasting wurden uns vom Hersteller für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.
Bei Werner Wermut allerdings ist das so: Die Kooperation des Weinguts Ellermann-Spiegel mit dem Wein-Importeur M.A.X.X.-Weine möchte Wermuts herstellen, die mehr sind als bloße Mixzutat und die den Charakter ihres Grundweins nicht nur durchschimmern lassen, sondern feiern. Wie gesagt, ist das zwar eher selten, aber keinesfalls einzigartig – die Kombi aus seltsamem Namen und undurchsichtiger weißer Flasche dagegen schon.
Die Story hinter Werner Wermut
Man könnte angesichts der Aufmachung ein sehr modernes Startup vermuten, mit der Kombi aus Importeur und Weingut ist der Ursprung des Werner allerdings in der Tat eher klassisch. Wer Ellermann-Spiegel im Netz sucht, findet dann auch tatsächlich eher Hinweise auf klassische Offline-Vermarktung via “Probieren Sie mal!” denn ausgefeilte Marketingstrategie. Anders beim Werner selbst. Dessen Sorten haben mit Namen wie Werner RG White, Werner PN Red und Werner PN Rosé dann auch eher hipstereske Bezeichnungen.
Gar nicht hipsteresk: die Grundweine. Das RG in der weißen Variante steht für Riesling, das PN in den anderen beiden jeweils für Pinot Noir. Im Fall des Rosé ist der dann allerdings weiß gekeltert, was dann auch die halbrote Farbe des Weines erklärt. Die verwendeten Botanicals? Kräuter und Früchte, mehr verrät man bei Werner nicht, außer noch, dass die benutzten Drogen alle “fein aufeinander abgestimmt werden” und die Noten der Weine noch besser herausheben. Da wäre ein wenig mehr Transparenz schön, aber das soll uns nicht eine Sekunde vom Probieren abhalten.
So schmeckt Werner Wermut RG White
Der kalte Wermut schwenkt sich ölig, strahlt mit leichtem Grünschimmer in einem ansonsten satten Honiggelb. Die Nase liegt ziemlich exakt zwischen einem klassischen Wermut französischer Art – kräutrig, mit Noten von Wermut, Thymian, Rosmarin und Salbei – und einem fruchtig-säuerlichen Weißwein. Trauben sind da, Honig und ein wenig Hefe. Eine insgesamt sehr spannende Kombi, die man blind auch für einen sehr kräftigen, reinen Weißwein halten könnte.
Nase: Wermut, Thymian, Rosmarin, Salbei, Trauben, Honig, Hefe
Mund: Trauben, Hefe, Thymian, Wermutkraut, Oregano, Salbei, grüner Apfel
Auf der Zunge wiederholt sich der klassische, weinlastige Eindruck, allerdings mit zwei gewaltigen Unterschieden: der Werner Wermut White zeigt hier deutlich, dass er eben nicht Dry ist. Süß und voluminös rinnt er die Zunge entlang, gerät dabei dank merklicher Säure und feinen Bitternoten aber keine Sekunde pappig. Trauben, Hefe, Thymian, Wermutkraut, Oregano, Salbei und ein sehr feiner, aber Richtung Gaumen immer stärker ausgeprägter Anklang von grünem Apfel ergeben eine spannende Gesamtkomposition.
So schmeckt Werner Wermut PN Red
Auch der rote Werner schwenkt sich schwer, liegt dunkel, fast schwarz im Glas. Der Duft überrascht: frische, fruchtige Kirsche trifft auf Schabzigerklee und Oregano, trifft auf erdige Rote Beete. Eine spannende Aromenkombi, die nur nach und nach von Anklängen von Tabak, Beerenfrüchten und Thymian ergänzt wird. War der weiße noch recht klassisch, ist dieser Wermut hier olfaktorisch ein echtes Unikat.
Nase: Kirsche, Schabzigerklee, Oregano, Rote Beete, Tabak, Beerenfrüchte, Thymian
Mund: Zimt, Kirschen, Nelken, Dunkle Beeren, Sahne, Oregano
Auf der Zunge verhält er sich komplett anders, vielmehr wie ein sehr schwerer Rotwein: Zimt, Kirschen, Nelken, dunkle Beeren, Laktosenoten, die an Sahne erinnern – der PN Red könnte auch ein herbstliches Weinchen sein, in der Purverkostung hätten wir kaum auf Wermut getippt, alleine schon die Bitternoten fehlen ihm, auch die Kräuter lassen sich auf der Zunge schwer entdecken, vom Oregano abgesehen. Süß ist er dafür zwar, allerdings nicht überbordend pappig. Obendrein bleibt der Nachhall vergleichsweise lang.
So schmeckt Werner Wermut PN Rosé
Der Rosé schwenkt sich von allen drei Varianten am leichtesten und schimmert in einem hellen rosarot. Sein Duft gerät deutlich weniger frisch als erwartet und im Vergleich zu den beiden anderen Varianten auch weniger intensiv. Kräuternoten fehlen ihm fast ganz, dafür duftet er nach Kirschblüten, Grapefruit, Orangen und Weißwein. Lässt man ihn eine Weile atmen, gesellen sich noch Himbeeren zum Aromenspiel.
Nase: Kirschblüten, Grapefruit, Orangen, Weißwein, Himbeeren
Mund: Kirschen, Rosen, Früchtetee, Hefe, Grapefruit, Pflaumen, Trauben
Auf der Zunge dann zeigt er, dass er neben der Eleganz auch die Dramatik beherrscht: Kirschen, Rosen, Früchtetee und sanfte Bitternoten schieben sich an der Zunge entlang zum Gaumen, wo sich Hefe, Grapefruit, Pflaumen und dunkle Trauben breit machen. Im Abgang zeigt sich eine spannende Säure.
Werner Wermut in Cocktails
Wermut trinkt man in den seltensten Fällen pur, hier wäre das gar nicht so abseitig: den Werner-Herstellern gelingt es tatsächlich, den Wein-Charakter dieser Spirituosen-Kategorie zum unangefochtenen Hauptdarsteller zu machen. Entsprechend funktionieren alle drei Varianten extrem gut aufgespritzt mit Sodawasser oder Tonic Water – alle geraten ziemlich erfrischend und erstaunlich komplex für einen solchen eher simplen Drink. Problematisch ist für Fans klassischer Wermuts allerdings die ausgeprägte Balance: Intensive Bitternoten oder exorbitante Süße (im Fall des roten Werner): Fehlanzeige.
Dafür funktioniert der White erstaunlich gut in Martinis, obwohl er eben nicht Dry ist – das gilt jedoch in doppelten Maße für den Raspberry Martini, in dem wir ihn in Kombination mit Kernstein Himbeer verarbeiten. Der Red macht sich ganz gut im Negroni, auch wenn wir hier den Campari deutlich reduzieren müssen, damit er glänzen kann und noch deutlich besser im Old Pal – einer Boulevardier-Variante mit Rye Whiskey, sprich ein Negroni mit Rye statt Gin. Eine popcornige Variante des Kennedy Manhattan (ein Rum-Manhattan mit weißem Wermut und Ahornsirup) findet ihr bald in einem zukünftigen Artikel. Und um die Wartezeit rumzukriegen, mixt ihr euch einfach unser Test-Highlight, ein etwas leichterer Twist des Gin Basil Smash:
Vermouth Basil Smash
- 6 cl Werner Wermut RG White
- 2 cl Zitronensaft
- 1,5 cl Zuckersirup
- 3 Dashes Celery Bitters
- Eine Handvoll Basilikum (Blätter und Stengel)
Basilikum mit Zuckersirup und Zitronensaft im Shaker muddeln (aber so richtig brachial), dann alle Zutaten zusammen auf Eis shaken und auf frisches Eis in einen Tumbler abseihen. Mit Basilikum garnieren.
Fazit: Spannende Wermuts, die vor allem Wein-Fans begeistern werden und jeden glücklich machen, der ständig irgendwas trinkbares zwischen Weißwein-Schorle und Spritz sucht, das nicht stinklangweilig ist. Daneben funktioniert Werner auch in diversen großen Klassikern.
Daten: 18 Prozent, 17,90 bis 18,90 Euro für 0,75 Liter, Deutschland
Die Flaschen, die hier zum Einsatz kam, wurde uns für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, dabei wurde aber weder auf eventuelle Artikel noch auf das Tasting Einfluss genommen. Wir danken für die ausnehmend freundliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
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