Perfect Martini | Oder doch Medium Martini?

Ein Perfect Martini Cocktail mit zwei Sorten Wermut.
Ein Perfect Martini Cocktail mit zwei Sorten Wermut.

“Martini” als Cocktail-Name ist verbraucht, zersprungen, jedweder Sinnhaftigkeit beraubt. Isso. Sobald irgendjemand irgendetwas in einem konischen Glas serviert, lässt sich das Label Martini draufklatschen, zur Not mit Edding und ein bisschen Parmesan. Man mag meinen, dass das eine relativ neue Entwicklung ist, aber weit gefehlt: wer sich auf bar-vademecum.de das Opus über die Entstehung und Entwicklung des Martini anschaut, wird feststellen, dass mit dem Namen bereits Schindluder getrieben wurde, da war der Drink dazu noch nicht einmal selbst im trinkfähigen Alter.

Beleg gefällig? Der sogenannte Perfect Martini, ein Mix aus einem Teil süßem Wermut, einem Teil trockenen Wermut und zwei Teilen Gin. Oder besser gesagt: ihr ersetzt in einem sehr klassischen, reichlich feuchtem Martini die Hälfte trockenen Wermuts durch die italienische, süße Variante. Harry Craddock nennt das in seinem Savoy Cocktail Book von 1930 noch einen Medium Martini und beschreibt damit weit treffender das Ergebnis. Es liegt irgendwo zwischen einem mittelmäßig gemixten Martinez und einem trockenen Martini, serviert in einem Glas mit den Portweinresten vom Vortag. Also: finden wir. Denn der Perfect Martini hat durchaus seine Liebhaber. Und – so ganz objektiv – verstehen wir, wieso: Mild und weich, anschmiegsam aber mit einer gewissen Härte, süß aber nur aus der Nähe. Aber zumindest wir hätten am Ende doch lieber die Nummer mit dem Parmesan. Wem es anders geht, der greift zum Rührlöffel:

Ein Perfect Martini mit Gin, trockenem Wermut, süßem Wermut und nach Lust und Laune Orange Bitters.

Perfect Martini

Bisher ohne Wertung
Vorbereitungszeit: 1 minute
Zubereitungszeit: 1 minute
Gesamtzeit: 2 Minuten
Cocktail-Kategorie: Shortdrink
Epoche: 30s
Geschmack: Kräftig, Süß
Spirituosen: Gin, Roter Wermut, Trockener Wermut

Zutaten

Zubereitung

  • Alle Zutaten zusammen auf Eis ins Rührglas geben.
  • Kräftig rühren.
  • In ein gefrostetes Martiniglas abseihen.
  • Nach Lust und Laune mit einer Orangenzeste garnieren.
  • Trinken.
Anders als beim klassischen Martini wird hier der Wermut zur Hälfte mit trockenem und zur Hälfte mit süßem Wermut gemixt.

Nicht dein Drink? Probier einen anderen:

Warum dieses Rezept und kein anderes?

Meist sind wir keine großen Fans von Orange Bitters – hier erfüllen sie für uns eine fundamentale Funktion: sie verbinden auf geradezu magische Weise den roten Wermut mit der grundsätzlichen Idee eines “normalen” Martins. Sie schaffen den Übergang, die Symbiose. Ohne sie herrscht Unverständnis, mit Ihnen wird aus dem Ding ein durchaus ordentlicher Drink (auch, wenn der für uns das Label “Perfect” trotzdem nicht verdient hat). Komplizierter wird es bei der Garnitur; die Orangenzeste passt aus denselben Gründen besser, aus denen wir die Bitters einsetzen, sie runden den Drink hervorragend ab. Für mich ganz persönlich ist aber der gleichzeitige Einsatz von Orangen- und Zitronenzesten aromatisch über jeden Zweifel erhaben. Doof nur: finde im Test mit den vielzitierten grauen Cocktailbart-Eminenzen wirklich nur ich. Die Mischung aus Wärme und Frische macht den Perfect Martini für mich im Rahmen seiner Möglichkeiten erst wirklich perfekt, scheinbar wird er dadurch aber noch streitbarer als ohnehin schon.

Die richtigen Zutaten für den Perfect Martini

Wo immer ein Tropfen Wermut einen Tropfen Gin berührt, bilden sich 37 Meinungen darüber, ob das so gewollt sein kann. Wieso sollte das bei einem Perfect Martini anders sein? Um euch die “Arbeit” etwas zu vereinfachen, staffeln wir die Empfehlungen an dieser Stelle einfach mal:

  • Die “elementare Empfehlung”: scheißt auf den Gin. Wenn ihr den Perfect Martini erleben und verstehen wollt, nehmt guten Basis-Stoff, der nicht nervt und auch einen guten trockenen Martini machen würde. Arbeitet euch lieber am Wermut ab. Da gibt’s genug zu tun. Jeder klassische London Dry Gin, der euch schmeckt, wird seinen Dienst tun.
  • Die generelle Empfehlung: fangt mit den Benchmarks an. Noilly Prat für den trockenen Wermut und Antica Formula für den süßen. In beiden keine falsche Note, gemeinsamen tanzen sie wunderbar im Takt. Wenn ihr einen Perfect Martini mit diesen beidem und einem beliebigen Wacholdergeist genossen habt, wisst ihr, wie der Drink grundsätzlich funktioniert.
  • Die persönliche Empfehlung: Mancini Rosso und Mancini Secco stammen beide aus Italien und zumindest der trockene Wermut geht damit seinen Ursprüngen ein wenig fremd. Trotzdem sind die beiden zusammen mindestens mal spannender als Noilly und Carpano. Harmonischer? Ne. Kantiger, variantenreicher und ja, mit Macken. Wir finden’s gut.

Orange Bitters gab’s ja auch noch. Wir testen mit Gaz Regans No. 5 und Angostura und bemerken kaum Unterschiede – außer, wenn wir sie weglassen. Wozu wir keinesfalls raten können.

Die Einkaufsliste für den Perfect Martini

Die Bilder für diesen Artikel wurden mit Hilfe von KI erstellt.

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"

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