Belsazar Vermouth – wie gut kann deutscher Wermut Cocktails?

Belsazar Rose in einem Fairytale Negroni mit Zuckerwatte, Minze, Pampelle und Gin.
Belsazar Rose in einem Fairytale Negroni mit Zuckerwatte, Minze, Pampelle und Gin.

Belsazar hat den Wermut ganz sicher nicht erfunden – dafür war man grob 230 Jahre zu spät dran. Trotzdem darf man die Marke als Vorreiter sehen: 2014 wurde Gin in der breiten Masse gerade erst sexy, da traute sich das Gründer-Trio Sebastian Brack, Maximilian Wagner und Philipp Schladerer schon an eine Spirituose, die eigentlich noch viel weniger Sex-Appeal hatte als die Wacholder-Suppe aus England: Wermut galt damals vielen als etwas, das man neben das Rührglas stellt, während man sich einen Martini mixt.

Die Flaschen für dieses Tasting wurden uns von Belsazar zur Verfügung gestellt, Bedingungen gab es nicht. Mehr Informationen dazu am Ende des Artikels.  

Das ist heute freilich anders – Wermut ist attraktiv, frisch und Low-ABV, sprich: hat wenig Alkohol. Er wird mit Botanicals angerührt und ist leicht bitter, das kennen die ganzen Gin Tonic-Fans schon. Wermut ist aktuell noch nichts, das wir guten Gewissens als Hype titulieren würden – dazu fehlt’s einfach noch an der breiten Akzeptanz außerhalb der Bartender- und Connaisseurs-Filterbubble. Aber er steht schon auf dem Hypetrain-Gleis. Und daran ist der Berliner Hipster-Wein nicht ganz unschuldig.

Belsazar Dry Vermouth mit Tonic und Aronia-Sirup - starke Kombi!
Belsazar Dry Vermouth mit Tonic und Aronia-Sirup, garniert mit Hibiscus – starke Kombi!

Die Story hinter den Belsazar Vermouths

An der Stelle die Entschuldigung zur Schreibweise: Auf cocktailbart.de schreiben wir die Spirituosen-Kategorie, um die es hier geht “Wermut”. Weil die Keywords “Vermouth” und “Wermut” im deutschsprachigen Raum ungefähr gleich verbreitet sind, haben wir uns für die deutsche Schreibweise entschieden. Eigentlich doof, wegen des Streuverlusts beim namensgebenden Kraut, aber ist halt jetzt so und wir sind viel zu faule Schweine, um das jetzt zu ändern. Der Grund, dass ihr hier beide Varianten lest, ist einfach der, dass Belsazar Vermouth nun mal die internationale Schreibweise im Namen trägt. Ergo, für alle, die sich von zwei verschiedenen Schreibweisen gestört fühlen: sorry.

Zurück zum Thema: Bereits in unserem Artikel über die Belsazar Summer Edition haben wir über die Gründung des Unternehmens geschrieben, bei der jede Menge Know How aus der Spirituosen- und Filler-Industrie zusammengekommen ist, um das nächste große Ding zusammenzurühren. Lange bevor die Herren Brack, Wagner und Schladerer aber dann mit Ananas-Riesling-Experimenten unsere Herzen erobert haben, deckten sie schon die weitaus klassischeren Wermut-Varianten ab. Das Start-Sortiment besteht aus einem italienischen süß-roten, einem Dry Vermouth, einer weißen Variante (auch trockener Wermut ist weiß, “Weißer Wermut” aber weiß UND süß) und einer eher ausgefallenen Rosé-Variante.

Hipster-Schick, Berlin-Flair und der Fuß, den das Team eh schon in den deutschen Bars hat, machen das Produkt schnell erfolgreich, 2018 wird das Unternehmen an Diageo verkauft. Wermut ist inzwischen ein Ding, deutscher Wermut wird anders als 2014 nicht mehr nur in Kleinstmengen bei der Weinherstellung mitproduziert. Das Belsazar die Kategorie hierzulande maßgeblich mit großgemacht hat – geschenkt. Aber an dieser Stelle interessiert uns natürlich: war das alles Marketing? Oder schmeckt das Zeug auch?

So schmeckt Belsazar Vermouth Dry

Schwer, ölig und mit der Farbe hellen Weißweins liegt dieser trockene Wermut im Glas und duftet zart-floral nach weißen Blüten, Wein, Trauben und frischen Kräutern. Etwas Thymian und ein sanft-warmer Hauch von Kamille lassen sich ausmachen. Auf der Zunge wirkt er dann in der Tat deutlich trockener, als der Duft vermuten lässt. Kamille ist präsent, aber auch Zitrusnoten, Pfirsich und Birne, wieder etwas Thymian und im Abgang dann auch Wermut und ein paar Bitternoten.

Nase: Weiße Blüten, Wein, Trauben, Thymian, Kamille

Mund: Kamille, Zitrus, Pfirsich, Birne, Thymian, Wermut

Heinrich von Have Hamborger Köm im Kömunicator, in einem Tumbler von The Elan Collective.
Belsazar White mit Heinrich von Have Hamborger Köm im Kömunicator.

So schmeckt Belsazar Vermouth Red

Ebenfalls sehr schwer im Glas liegend zeigt sich der rote Wermut dunkel und fast schon bräunlich. Der Duft wirkt zunächst ein wenig flach, Noten von Zimt, Piment und  etwas Pflaume dringen an die Nase, zeigen aber zunächst keine besondere Tiefe. Ein Hauch von Enzian und Kirsche zieht nach. Am Gaumen dann blüht er auf: schöne, warme Frucht, wieder Pflaume und Kirsche, dazu Bitterorange, wieder Zimt und im Abgang dann Wermut und ein warmer Anklang von Glühwein.

Nase: Zimt, Piment, Pflaume, Enzian, Kirsche

Mund: Pflaume, Kirsche, Bitterorange, Zimt, Wermut, Glühwein.

So schmeckt Belsazar Vermouth White

Etwas heller und einen Hauch flüssiger als der trockene Belsazar schwenkt sich die weiße Variante. Olfaktorisch intensiver und eigentlich sogar näher am klassischen Bild eines trockenen Wermuts duftet er. Enzian, Wermut, Holunder und ein Hauch Rosmarin steigen kräutrig in die Nase, dazu etwas Kirschblüte und Apfel. Auf der Zunge eindeutig süß, wenn auch trockener als der Rote Wermut mit Noten von Honigmet, Apfel, Kamille, Wermut, aber mit nur einem Hauch Bitterkeit, Bratapfel und mit Anklängen von weißem Glühwein und Vanille.

Nase: Enzian, Wermut, Holunder, Rosmarin, Kirschblüte, Apfel

Mund: Honigmet, Apfel, Kamille, Wermut, Bratapfel, weißer Glühwein, Vanille

So schmeckt Belsazar Vermouth Rosé

Die Farbe passt zum Namen, die Viskosität ist gewohnt ölig. Der Duft erinnert zunächst eher an einen trockenen Sherry, ganz anders als erwartet. Schwarze Johannisbeeren, Orangenschalen und ein Hauch Himbeerpudding treffen auf einen seltsamen aber angenehmen Einschlag von etwas, das sich am ehesten als Sojasoße bezeichnen lässt, ein Hauch von Umami. Auf der Zunge wird er dann deutlich breiter und von allen Varianten am intensivsten; Blutorange, Rote Äpfel wieder die Johannisbeeren und im Abgang dann sanft die Himbeeren, zusammen mit Wermut und ein wenig Apfelessig – all das zeichnet ein wunderbares Bild, das von einer schönen Säure umspielt wird.

Nase: Schwarze Johannisbeeren, Orangenschalen, Himbeerpudding, Sojasoße

Mund: Blutorange, Rote Äpfel, Johannisbeeren, Himbeeren, Wermut, Apfelessig

Belsazar Rosè im Germano Mexicano mit Mezcal.
Belsazar Rosè im Germano Mexicano mit Mezcal.

Die Wermut-Varianten in Cocktails

Was man schon vor dem ersten richtigen Wermut-Drink sagen kann: alle vier Varianten sind eigenständig und anders und ganz generell sind die Wermut-typischen, kräftigen Bitternoten sehr zurückgefahren – sicher mit ein Teil des frühen Erfolgs, weil massenkompatibler als die oft sehr bitteren Italiener und Franzosen. Der White Vermouth erinnert stark an einen klassischen Wermut und ist weniger blumig als andere weiße Varianten, der rote geht fast in Richtung Würzwein. Der Dry Vermouth ist rund und gut, aber von allen Varianten am unauffälligsten. Aus den Socken gehauen hat uns der Rosè – speziell, anders, schön, fruchtig, spannend – entsprechend haben wir uns damit wohl am meisten vergnügt. Aber natürlich haben wir alle vier Belsazar auf Herz und Nieren vermixt.

Der Belsazar Dry durfte natürlich in einen Martini – wobei wir hier im Test tatsächlich den White Vermouth besser fanden. Zwar mussten wir unsere üblichen 6:2-Mischung auf 6:1 reduzieren, um die Süße herauszunehmen, dann funktionierte der Drink in dieser Version aber hervorragend. Zusammen mit seinem roten Bruder schütten wir den Dry dann auch in Pall Mall, einen klassischen Drink mit zwei Sorten Vermouth, Gin und Créme de Menthe. Großartiger Cocktail – aber leider erst, als wir den roten gegen einen anderen Wermut auswechseln, in Kombi mit der Dry-Variante bekommt das Getränk eine sehr seltsame Zimt-Note.

Belsazar Rosè im Caruso Blanco zu gleichen Teilen mit Créme de Menthe und Gin - irre frisch.
Belsazar Rosè im Caruso Blanco zu gleichen Teilen mit Créme de Menthe und Gin – irre frisch.

Der rote Kamerad überzeugt dafür voll und ganz in jedweder Manhattan-Variante, egal ob klassisch mit Rye, mit mexikanischem Raicilla oder Cognac. Auch im Blackthorn mit Sloe Gin macht er eine Top-Figur. Was nicht so ganz hinhaut: Belsazar Red & Tonic – dafür funktioniert er hervorragend mit Ginger Ale.

Die außergewöhnlichen: White und Rosé

Den weißen Belsazar verbraten wir in diversen gerührten Drinks – für die eignet er sich dank der großartigen Kombination aus klassischen Wermut-Aromen und Süße hervorragend. Er verleiht Shortdrinks durch diese Süßnoten eine sehr spannende Tiefe. Das gilt sowohl für unseren vor Kurzem gemixten Kömunicator als auch für einen überraschend spannenden White Manhattan mit Bourbon und Orange Bitters. Der Cocktail erinnert durchaus an das Original, bringt aber trotzdem viel eigenständiges mit.

Die große Überraschung ist allerdings dann wie erwähnt der Rosé – vielseitig, spannend, fruchtig. Von der Aromatik her zwar fast kein Wermut mehr, auch weil die Bitternoten fehlen, aber auf jeden Fall irre spannend. So mixen wir zum einen den Germano Mexicano von Belsazar selbst nach, der in mit Mezcal und Agavensirup kombiniert (das Rezept gibt’s bei uns auf Instagram), zum einen einen Rosè und Tonic, der sich gewaschen hat. Natürlich experimentieren wir aber auch selbst – und nutzen die fehlende Bitterkeit des Belsazar für einen einsteigerfreundlichen Negroni:

Belsazar Rose in einem Fairytale Negroni.
Belsazar Rose in einem Fairytale Negroni.

Fairytale Negroni

  • 3 cl Pampelle (Grapefruit-Bitterlikör)
  • 3 cl Rubus Gin
  • 3 cl Belsazar Vermouth Rosé

Alle Zutaten zusammen auf Eis rühren und in einen Tumbler mit frischem Eis abseihen. Mit rosa Zuckerwatte und Minze garnieren. Trinken.

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(Mit einem * markierte Links sind Affiliate-Links aus dem Amazon-Partnerprogramm. Benutzt ihr diese für euren Einkauf, erhalten wir dafür eine kleine Provision.)

Fazit: Eine nicht gerade klassische Wermut-Reihe die wenig mit Bitternoten, dafür mit klaren Geschmacksprofilen und Einsteiger-Freundlichkeit punktet. Unsere Highlights: White Vermouth und vor allem der Rosé Vermouth! Ersterer bringt Süße und Würze wunderbar zusammen, zweiterer macht selbstbewusst seine eigene, fruchtige Kategorie auf und erlaubt spannende Twists und Craftcocktail-Experimente.

Daten: Deutschland, 15 bis 20 Euro, 0,7 Liter, 17,5 bis 19,5 Prozent

Belsazar hat uns die hier gezeigten Flaschen für redaktionelle Zwecke zur Verfügung gestellt, danach aber weder auf Art noch Umfang eventueller Artikel, noch das Tasting Einfluss zu nehmen versucht. Wir sagen Danke für die tolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.

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Johann

Cocktailbarts Archmage of Content bei Nacht, Familienvater & Texter bei Tag. Lieblings-Drink Martini, Lieblings-Spirituose trotzdem Rum. Wohnt in Franken, kommt aus der Oberpfalz (ist beides in Bayern, tschuldigung). Typischer Satz: "Meinste das wär geiler, wenn man Olivenlake reintut?"